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Italien: „Ich kenne keinen Staat, der so dramatische Reformen durchführt“

Martin Hüfner, Chefvolkswirt von Assénagon
Martin Hüfner, Chefvolkswirt von Assénagon
In Deutschland war 2004 der Wendepunkt der wirtschaftlichen Entwicklung. Bis dahin litt die Bundesrepublik unter hohen öffentlichen Defiziten, steigender Arbeitslosigkeit und unzureichendem Wachstum. Die Unternehmen mussten sich an die veränderten Bedingungen nach der Wiedervereinigung, der Euro-Einführung und der Globalisierung anpassen.

Dann kam die Agenda 2010 mit einer Flexibilisierung des Arbeitsmarktes und einer Begrenzung der Sozialausgaben und alles wurde anders. Das Wachstum beschleunigte sich, die Arbeitslosigkeit ging zurück. Die Aktienkurse haben sich von 2004 bis Mitte 2007 fast verdoppelt.

Entscheidend dafür waren nicht nur die direkten Effekte von Hartz IV. Wichtiger war die Signalwirkung auf die gesamte Wirtschaft. Mit einem Mal war jedem klar, dass es so, wie es war, nicht weitergehen konnte. Dazu passte, dass sogar der Bundeskanzler zurücktrat und Neuwahlen nötig wurden.

Geschichte wiederholt sich

Hier nun ein ketzerischer Gedanke. Könnte es sein, dass sich Ähnliches heute in Italien vollzieht? Das Land befindet sich derzeit in einer nicht viel anderen Position als damals Deutschland. Das bisherige Wachstumsmodell funktioniert nicht mehr.

Unternehmen haben Positionen auf den internationalen Märkten verloren. Der norditalienische Maschinenbau, einst eine "Perle" und einer der Hauptkonkurrenten des Maschinenbaus in Baden-Württemberg, ist verfallen. Die öffentliche Verschuldung ist hoch. Die Arbeitslosigkeit steigt. Es gibt Rezession.

Die Grafik zeigt die Entwicklung der realen Wirtschaftsleistung in Italien und Deutschland. Bis 2006 wuchs die Wirtschaft auf dem Appenin stärker als die deutsche. Dann haben sich die Verhältnisse dramatisch umgekehrt. In Deutschland ging es schneller bergauf, Italien fiel zurück.

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