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„Die Deutschen werden die Inflation lieben lernen“

Christoph Leichtweiß
Christoph Leichtweiß
Die Deutschen werden die Inflation lieben lernen – müssen. Denn während wir uns als das wirtschaftlich stärkste Land der Eurozone das Sparen leisten können, rutschen unsere Partner dadurch immer tiefer in die Krise. Entschuldung funktioniert ohne soziale Unruhen nur über eine höhere Inflation.

Den Weg dafür bereitete die Bundesbank, die erstmals erkennen ließ, dass sie sich eine Preissteigerungsrate für Deutschland vorstellen kann, die über dem Durchschnitt der Eurozone liegt. Damit sind die Notenbanker weiter als die Politiker, die das Sparen als ehernes Ziel ausgegeben haben.

Für das wirtschaftlich stärkste Land der Eurozone wäre es nur natürlich, dass die niedrige Arbeitslosigkeit und die guten ökonomischen Gegebenheiten sich in einer leicht höheren Preissteigerung im Vergleich zu der restlichen Eurozone auswirken. Schließlich sorgt niedrige Arbeitslosigkeit bereits derzeit für höhere Lohnabschlüsse, was die Preise treiben wird.

Normalerweise würde die EZB dann eingreifen und die Zinsen erhöhen. Die gemeinsame Währungspolitik wird sich aber nach den schwächsten Ländern ausrichten müssen, da gibt es keine andere Alternative. Die konjunkturelle Lage im Großteil der Eurostaaten spitzt sich immer mehr zu und die strengen Sparmaßnahmen haben die Peripheriestaaten in eine besonders missliche Situation versetzt. Um eine Stabilisierung herbeizuführen benötigen diese Staaten jede verfügbare Hilfe, auch die Hilfe der Europäischen Zentralbank (EZB). EZB wird den Leitzins senken müssen

Die EZB wird aller Wahrscheinlichkeit nach nicht darum herum kommen, den Leitzins nochmals zu senken, auch erneute Staatsanleihekäufe am Sekundärmarkt plus die Auflage eines dritten 3-jährigen Tenders (LTRO) für den Bankensektor sind nicht auszuschließen. All diese Maßnahmen von Seiten der Notenbank sind alternativlos, wenn es in der finalen Phase um die Zukunft und den Erhalt der Gemeinschaftswährung geht. Und genau an diesem Punkt befinden wir uns zurzeit. Auch wenn die genannten Maßnahmen langfristig für eine erhöhte Inflation sorgen könnten.
 
Aktuell sind es vielmehr deflationäre Tendenzen welche den Eurostaaten drohen. Betrachtet man die Kerninflation, welche die hoch volatilen Energiepreise, Nahrungsmittelpreise und Steigerungen der Mehrwertsteuer nicht berücksichtigt, so stellt man schnell fest, dass das Preisniveau sinkt. Wettbewerbsfähigkeit durch Inflation

Diese Entwicklung kommt nicht von ungefähr, sie ist ein Weg, wie man die Wettbewerbsfähigkeit der Krisenländer wiederherstellen kann. Nehmen wir das Beispiel Spanien: Um wettbewerbsfähiger zu werden, müssen entweder die Preise im Land selbst fallen (Deflation) oder die Preise in den Ländern mit welchen Spanien im Wettbewerb steht müssen stärker steigen als in Spanien (Inflation). Die Methode, das Preisniveau in den Krisenländern zu drücken, haben wir nun in den letzten Jahren mit desaströsen Ergebnissen versucht. Das Ziel muss also sein, Inflation zu erzeugen. Das ist auch im Sinne des Abbaus der hohen Staatsverschuldung (Geldentwertung durch negative Realzinsen). Die Vernichtung von Arbeit und Vermögen durch Deflation (Schuldenschnitte und Lohnkürzungen) gipfelt, wie zu sehen ist, in sozialen Unruhen, welche letztendlich sogar zu einem Systemumsturz führen können, wie dies gerade in Griechenland zu beobachten ist. Für einen solch langen und für die Bevölkerung schmerzhaften Weg haben wir in unserem politischen System nicht mehr die Zeit.

Es führt kein Weg daran vorbei, mittels der Inflation den Abbau der Schulden und die Angleichung der innereuropäischen Wettbewerbsfähigkeit anzugehen.  

Als stärkstes und wirtschaftlich stabilstes Land wird die Inflation, die hoffentlich kommen wird, in Deutschland höher sein als in den meisten anderen Ländern der Eurozone. Und die Deutschen werden sie lieben lernen.

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