LinkedIn DAS INVESTMENT
Suche
in MärkteLesedauer: 7 Minuten

„Geld verreckt immer“

Marc Friedrich
Marc Friedrich
DAS INVESTMENT.com: Bei Ihrem Buch „Der größte Raubzug der Geschichte“ sagen Sie die Zypern-Krise praktisch voraus. Wo haben Sie Ihre Kristallkugel her?

Marc Friedrich: Von ebay. Nein, Spaß beiseite wir besitzen weder eine Kristallkugel, noch heißen wir Nostradamus. Aber die Ereignisse in Zypern waren für jeden rational denkenden Menschen vorherzusehen. Um die Finanzbranche nach der Finanzkrise 2008 zu retten, haben sich die Staaten in den vergangenen Jahren enorm verschuldet. Da war es klar, dass bei der nächsten Schuldenkrise die Gläubiger und die Steuerzahler hinzugezogen werden, um die maroden Finanzinstitute zu retten und den Staat zu entschulden. Das kann der Staat nur durch Zwangsabgaben oder Enteignungen tun – ein Szenario, wie es in Zypern nun eingetreten ist.

DAS INVESTMENT.com: Und was lernen wir daraus?

Friedrich: Geld auf der Bank ist nicht mehr sicher. Was in Zypern passiert ist, kann auch in anderen Staaten passieren.

DAS INVESTMENT.com:
Und dann?

Friedrich: Irgendwann kommt es zu einem finanziellen Fukushima, ausgelöst durch ein katastrophales Ereignis. Das könnte ein Börsencrash oder gar ein Bürgerkrieg sein.

DAS INVESTMENT.com: Ein Bürgerkrieg in Europa?

Friedrich:
Das ist gar nicht so abwegig. Die Unruhen in England vor zwei Jahren, in Griechenland, und nun auch in Stockholm und der Türkei sind nur die ersten Vorboten. Irgendwann gehen auch die Spanier auf die Straße, und dann kracht es gewaltig. Denn Spanier sind temperamentvoll, vor allem die jungen Leute. Und jeder zweite Spanier unter 25 Jahren ist arbeitslos. Dabei trifft die Arbeitslosigkeit nicht nur Geringqualifizierte: Auch viele Akademiker haben keinen Job. Ich kenne zum Beispiel einen 31-jährigen spanischen Juristen, der drei Jahre lang in seiner Heimat vergeblich nach einem Job gesucht hat, und nun in Deutschland bei Starbucks für 8 Euro pro Stunde Kaffee kocht - und das ist kein Einzelfall. In Portugal zum Beispiel sind 135.000 unter-25-jährige Arbeitssuchende ausgewandert – hauptsächlich nach Angola und Brasilien. Wir haben die Zukunft einer ganzen Generation junger Südeuropäer geopfert, nur um ein nicht überlebensfähiges künstliches Konstrukt – den Euro – noch etwas länger am Leben zu erhalten. Schließlich ist die europäische Gemeinschaftswährung langfristig zum Scheitern verurteilt. Der Euro ist bereits gescheitert, genauso wie die EU.

DAS INVESTMENT.com:
Warum?

Friedrich:
Wir haben mit unserem Buch in die Vergangenheit geschaut, denn diese ist ein guter Ratgeber. Wir haben festgestellt, dass alle Währungsunionen in der Vergangenheit gescheitert sind. Ebenso hat auch keine ungedeckte Papiergeld-Währung, die auf Zins und Zinseszins basiert und somit exponentiell wächst, im Laufe der Geschichte lange überlebt. Meine Großmutter ist fast 90 und sagt schon immer „Geld verreckt immer“.

DAS INVESTMENT.com:
Aber kann man Ereignisse aus der Geschichte so ohne weiteres auf die Gegenwart übertragen?

Friedrich: Warum nicht? Noch nie war mehr Geld im System und noch nie hatten wir eine globale Krise wie momentan. Auch in jüngerer Zeit hat Papiergeld in nur wenigen Stunden den Großteil seines Wertes verloren. Ich habe das selbst 2001 beim Staatsbankrott in Argentinien miterlebt. Und Europa steht gerade nicht wesentlich besser da. Fünf Länder sind unter dem Rettungsschirm, Südeuropa ist faktisch bankrott, die Arbeitslosigkeit erreicht Rekordhöhen. Da drängt sich der Vergleich zur Weimarer Republik regelrecht auf. Das kann ja nur in einer Katastrophe enden.

DAS INVESTMENT.com: Was wäre denn die Alternative?

Friedrich: Wir sind überzeugte Demokraten und Europäer aber aus ökonomischer Sicht sollten die EU-Länder den Euro ad acta legen und nationale Währungen installieren. Damit könnten alle Länder das Zinskorsett der EZB aufbrechen und ihre Wirtschaft ankurbeln. Um einen Schuldenschnitt kommen wir nicht vorbei, da Südeuropa allein durch Einsparungen ihre Schulden niemals wird abbezahlen können. Der einzige Weg, einen Staat zu sanieren, besteht in einer nachhaltigen Wirtschaftspolitik, die Arbeitsplätze schafft und damit Steuern generiert. Beim derzeitigen Schuldenberg wäre es schlicht unmöglich.