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Grexit Märkte fürchten griechischen Euro-Austritt „aus Versehen“

„Die größte Angst ist im Moment ein Austritt Griechenlands aus Versehen,“ sagte Padhraic Garvey, Leiter Zinsstrategie weltweit bei ING Group in London. „Im absoluten Extremfall wäre die einzige praktikable Lösung, alle staatlichen Schulden in eine ewige Anleihe ohne Laufzeitbegrenzung zu packen, die dann niemals zurückgezahlt würde.“

Dem Land geht allmählich das Geld aus. Laut CMA zeigen Kreditausfall-Swaps eine 72-prozentige Wahrscheinlichkeit dafür an, dass Griechenland innerhalb von fünf Jahren Kreditverpflichtungen nicht bedient. Anfang März hatte dieser Wert noch bei 67 Prozent gelegen.

Die Renditen dreijähriger Anleihen liegen fast zehn Prozentpunkte höher als die der zehnjährigen Papiere. Üblicherweise erhalten Investoren mehr, wenn sie für einen längeren Zeitraum Geld verleihen, um sie für die Inflation zu entschädigen. Im Falle Griechenlands aber ist die unmittelbare Sorge die, ob man überhaupt sein Geld zurückbekommt. So ist die Notierung der fünfjährigen Anleihen auf 68 Prozent vom Nominalwert gefallen, von knapp hundert Prozent vor einem Jahr, als die Papiere begeben wurden.

Die aktuellen dreijährigen Bonds hatte Griechenland im Juli 2014 begeben, bei seinem zweiten Gang an die Kapitalmärkte innerhalb von drei Monaten. Die Emission fünfjähriger Anleihen im April zuvor hatte die deutsche Bundeskanzlerin als Schritt in Richtung Normalität gelobt.

Mit dem Verkauf dieser Papiere im Volumen von rund sechs Mrd. Euro hatte sich die Summe der ausstehenden griechischen Anleihen auf 67,5 Milliarden Euro erhöht. Davon halten die Europäische Zentralbank und die nationalen Notenbanken etwa 40 Prozent, wie von Bloomberg zusammengestellte Daten zeigen. Der Markt hatte sich verkleinert, als Griechenland 2012 die größte Schulden- Restrukturierung aller Zeiten verfügte, bei der private Anleihengläubiger rund hundert Milliarden Euro abschreiben mussten. Im März 2012 war die Rendite der Zehnjährigen auf bis zu 44,21 Prozent gestiegen.

Die Schulden gegenüber den Regierungen der Euroländer und dem Krisenfonds, den diese 2010 gründeten, beläuft sich auf fast 195 Milliarden Euro. Deutschland hat die höchsten Beiträge zu den Griechenland-Hilfen geleistet und würde bei einer Restrukturierung dementsprechend auch die höchsten Verluste erleiden. So fordert Deutschland auch am vehementesten Haushaltseinsparungen und Reformen als Gegenleistung für Hilfen.

Insgesamt lagen die Staatsschulden Ende des dritten Quartals letzten Jahren bei 315,5 Milliarden Euro. Die Summe erhöht sich auf rund eine halbe Billion Euro, wenn auch Banken- und Unternehmensschulden eingerechnet werden.

Bislang hat Tsipras versprochen, alle Verpflichtungen gegenüber dem Internationalen Währungsfonds, der EZB und privaten Anleihegläubigern zu erfüllen. Das hat Investoren wie zum Beispiel Greylock Capital Management LLC ermutigt, an den Papieren festzuhalten. Japonica Partners, ein weiterer Investor in griechischen Schuldtiteln, erklärte, längerfristiger sehe das griechische Schuldenbild freundlicher aus. Die Rückzahlungen für Schulden wie etwa die bei der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität EFSF seien erst in einigen Jahren fällig, was dem Land etwas Luft verschaffe.

Doch das dürfte angesichts der aktuellen Diskussionen nur wenig beruhigen. Um die Freigabe der Mittel zu erreichen, mit denen das Land zahlungsfähig bleiben könnte, muss die Regierung Tsipras darlegen, welche wirtschaftlichen Maßnahmen sie plant. Derweil schwindet die politische Unterstützung für Griechenland. Eine ZDF-Umfrage im März stellte fest, dass die Mehrheit der Deutschen Griechenland nicht länger im Euroraum sehen will. Und Bundesbankpräsident Jens Weidmann sprach im Interview mit dem Nachrichtenmagazin Focus von der Möglichkeit einer „ungeordneten Insolvenz“, wenn ein Mitgliedsland der Währungsunion beschließe, „dass es Verpflichtungen nicht erfüllt und die Zahlungen an Anleihegläubiger einstellt.

„Eine Schuldenrestrukturierung ist in der Diskussion, seit Syriza an der Macht ist, und jedesmal wenn das Thema auf die Agenda kam, waren sehr viele Leute dagegen,“ sagte Marius Daheim, Leitender Zinsstratege bei SEB AB in Frankfurt. „Und die Konditionen für die Verbindlichkeiten Griechenlands sind bereits extrem günstig.“

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