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Bert Flossbach über China-Börsencrash „Als wäre der Dax zweimal ausgelöscht worden“

Bert Flossbach
Bert Flossbach

Der Bericht wurde DAS INVESTMENT.com freundlicherweise von der Vermögensverwaltung Flossbach von Storch zur Verfügung gestellt. 

In China hatte die Regierung vor etwa einem Jahr den Aktienmarkt als Vehikel zur allgemeinen Wohlstandsmehrung auserkoren. Nachdem sich das Ende des Immobilienbooms abzeichnet und die sogenannten „Wealth Management Products“ (hochverzinste, kreditgedeckte Festzinsanlagen) an Attraktivität verloren haben, sollten die Chinesen ihr Glück mit Aktien versuchen. Deshalb wurden die Restriktionen für kreditfinanzierte Aktienkäufe erleichtert, und vom gehebelten Aktienkauf machen die spekulationsfreudigen Chinesen reichlich Gebrauch. In den vergangenen zwölf Monaten hat sich das offizielle Volumen der Aktienkredite von rund 400 Milliarden CNY auf 2.300 Milliarden (370 Milliarden Dollar) erhöht.

Schattenbanken bieten sogar noch weit höhere Kreditfinanzierungen, so dass das wahre Ausmaß der Kreditspekulation noch größer sein dürfte. Im Zuge des Crashs ist das offizielle Kreditvolumen wieder auf 1.425 Milliarden CNY bzw. 230 Milliarden Dollar gesunken, was rund drei Prozent des Börsenwertes der inländischen A- und B-Aktien ausmacht.

Shanghai Shenzhen CSI 300 Index von Mitte 2014 bis Anfang Juni 2015 um rund 150 Prozent gestiegen

Der Shanghai Shenzhen CSI 300 Index, der die 300 größten Aktien der Börsen in Shanghai und Shenzhen umfasst, ist von Mitte vergangenen Jahres bis Anfang Juni 2015 um rund 150 Prozent gestiegen, hatte damit aber immer noch nicht das Rekordniveau von 2007 erreicht. Seither brachen die Kurse zwischenzeitlich um über 30 Prozent ein, was die Inhaber der rund 90 Millionen Aktiendepots empfindlich getroffen hat. Da aber ein Teil der Depots nicht aktiv ist und viele Anleger mehrere Depots unterhalten, um gleichzeitig an der Börse in Shanghai und in Shenzhen spekulieren zu können, dürfte „nur“ eine Zahl überwiegend wohlhabender Haushalte in niedriger zweistelliger Millionenhöhe betroffen sein.

8.500 Milliarden US-Dollar

Nun könnte man die Entwicklung des chinesischen Aktienmarktes, der ohnehin eher eine Spielwiese inländischer Anleger ist (der Kauf von A- und B-Aktien ist für Ausländer nur sehr eingeschränkt möglich) als unterhaltsame Randnotiz abtun. Allerdings beträgt der Börsenwert der insgesamt 2.900 an den beiden Börsen in Shanghai und Shenzhen gelisteten Unternehmen zusammengenommen stolze 8.500 Milliarden US-Dollar. Dies ist mehr als das Fünffache aller in Deutschland gelisteten Aktien und fast die Hälfte des Börsenwerts des S&P 500. Seit dem Höchststand ist der Wert aller Aktien zwischenzeitlich um rund 3.000 Milliarden Dollar gefallen, soviel als wäre der DAX zweimal ausgelöscht worden. Die im CSI 300 zusammengefassten Unternehmen werden mit dem 16-fachen der für dieses Jahr erwarteten Gewinne bewertet, was zunächst wenig spektakulär klingt. An der Börse von Shenzhen, wo vorwiegend kleine und mittelgroße Unternehmen gelistet sind, liegt das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) mit 32 x (Median 46 x) schon deutlich höher. Hierbei handelt es sich um erwartete Gewinne ohne Sondereffekte. Basierend auf den berichteten Ergebnissen (2014) liegt das KGV über 50 x.

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