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Netfonds-Vorstand über Makler-Provisionen „Zahlreiche falsche Provisionsabrechnungen nach dem LVRG“

Oliver Kieper, Vorstand der Netfonds AG und der Netfonds Versicherungsservice AG
Oliver Kieper, Vorstand der Netfonds AG und der Netfonds Versicherungsservice AG
DAS INVESTMENT: Wie stark ist der Trend zu Honorartarifen?

Oliver Kieper: Man muss differenzieren, es gibt zwar einen Trend zu Honorar-Dienstleistungen, aber nicht zu Honorartarifen. Vermittler lassen sich zunehmend Services wie die Online-Depoteinsicht, die Online-Vertragsübersicht, die Nutzung einer Kunden-App und andere weiterführenden Service-Dienstleistungen über ein Honorar direkt vom Kunden vergüten. In der Vermittlung aber kommen nach wie vor überwiegend provisionsgestützte Tarife zum Einsatz. Häufig auch in Ermangelung echter Alternativen.

Wo fehlen denn Produktlösungen?

Ich zitiere hier gern Professor Matthias Beenken. Er hat gerade für das Institut für Vermögenswissenschaft an der Uni Köln eine Publikation herausgegeben und dort nachgewiesen, dass es lediglich ein PKV-Angebot und drei Sachversicherungsangebote als reine Honorartarife auf dem Markt gibt. Damit fällt natürlich in der Mehrzahl der Geschäftsfelder eines Versicherungsmaklers die Auswahl weg. Das Angebot für Honorartarife ist viel zu gering. Und nur weil ein Produkt „nettoisiert“ ist, ist es ja nicht automatisch ein besseres Produkt.

Was hat das Lebensversicherungsreformgesetz (LVRG) bei den Vergütungsformen bewirkt?


Es hat sich signifikant ausgewirkt. Die deutschen Lebensversicherer haben die Vorgaben des LVRG inzwischen flächendeckend umgesetzt. Ob das dem Gesetzgeber Genüge tut, mag ich nicht beurteilen, aber wir beobachten bei gleichbleibendem Vergütungsaufwand eine deutlich gestiegene Produktion. Das heißt, es ist in sehr breitem Umfang zu Provisionssenkungen und zu höheren Rückkaufswerte für die Kunden gekommen. Positiv formuliert: das LVRG hat durch die Absenkung des Höchstzillmersatzes auf 25 Promille in nahezu allen Tarifen zu deutlichen Verbesserungen des Kundennutzens geführt.

Gingen die Änderungen geräuschlos vonstatten?

Das würde ich so nicht sagen. Wir haben viele Rückfragen der Makler und viele fehlerhafte Provisionsabrechnungen bekommen. Die Systeme der Versicherer waren für einen so umfangreichen Eingriff in die Vergütungsstruktur nicht ausreichend vorbereitet. Das LVRG hat zu einer deutlich erhöhten Komplexität geführt, das muss am Ende auch der Pool ausbaden. Um die Rückkaufswerte zu verbessern, reicht es nicht die Provision der Summe nach zu deckeln, sie müssen sie auch bezogen auf die Laufzeit begrenzen und viel stärker differenzieren.

Rumpelt es noch oder läuft nun wieder alles glatt?

Wir haben seit einem Jahr damit zu tun und noch ist das Problem nicht vollständig behoben, denn einige Versicherer haben versucht, die Folgen für den abschlussprovisionsorientierten Markt abzufedern, da erfolgt quasi der Übergang von Abschlussprovision zu ratierlicher Provision gewissermaßen in Schritten und da sind einige Schritte erst in diesem Jahr in der Umsetzung. Der Gesetzgeber wird weiterhin ein wachsames Auge auf die Produktqualität haben, aber neue Eingriffe sehe ich noch nicht. Die Versicherer sind gerade sehr bemüht, dem Gesetzgeber zu gefallen.

Gab es noch andere Vorbehalte der Makler?

Viele Makler haben mit Unverständnis reagiert, dass die Vergütung für Produkte, die vom LVRG nicht direkt erfasst waren, ebenfalls angepasst wurden. Etwa bei der BU oder der fondsgebundenen Rentenversicherung. Manche Versicherer bieten nun eine weniger stark gesenkte Abschlussprovision in Verbindung mit einer auf acht Jahre verlängerten Stornohaftzeit an, das stößt aber bei vielen Vermittlern nicht auf Gegenliebe. Gerade in der betrieblichen Altersvorsorge ist die Verlängerung der Stornohaftzeit schwer kalkulierbar. Viele Versicherer haben das LVRG zur Generalabrechnung mit dem Makler genutzt.

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