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"Nigeria könnte einen Quantensprung vollziehen"

Patryk Jablonowski
Patryk Jablonowski
Der Aktienmarkt Nigerias hat sich zu einem der aussichtsreichsten Märkte Afrikas entwickelt. Mit einer Börsenkapitalisierung von über 40 Milliarden US-Dollar und mehr als 150 gehandelten Aktientitel weckt Lagos das Interesse institutioneller Investoren, zumal sich das Anlageuniversum stetig erweitert hat. Zu den prominentesten und liquidesten Unternehmen gehören vor allem Banken wie Guaranty Trust Bank, Zenith oder First Bank of Nigeria; Zementhersteller, wie Dangote Cement oder Lafarge WAPCO und Brauereien wie Nigerian Breweries oder Guinness Nigeria.

Das Land hat alle Voraussetzungen, um die wichtigste Wirtschaftsmacht des Kontinents zu werden: Eine junge und schnell wachsende Bevölkerung, heiß begehrte Rohstoffe – allen voran Rohöl – sowie einen Reformplan, der das Land nach vorne bringen soll.

Benzin-Subventionen gestrichen

Anfang des Jahres traf die nigerianische Regierung eine der wichtigsten Entscheidungen des Jahrzehnts: die partielle Streichung der Subventionen für Benzin. Die Preise von umgerechnet 35 Euro-Cent pro Liter werden daraufhin steigen und somit ein realistisches Preisniveau erreichen. Mit diesem Schritt beabsichtigt Nigeria mehrere Ziele zu erreichen.

Vor allem erhofft sich das Land, Investitionen im Bereich Erdölraffination zu gewinnen. Obwohl Nigeria zu den bedeutendsten Ölförderstaaten gehört, hat das Land kaum eine funktionierende Raffinerie. Die meisten Endprodukte wie Benzin werden importiert, weil künstlich niedrige Preise die lokale Produktion nicht rechtfertigen konnten. In den letzten zehn Jahren lag die durchschnittliche Kapazitätsauslastung der drei größten Raffinerien des Landes bei unter 40 Prozent – ein Niveau, das keine Wirtschaftlichkeit garantieren kann.
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Zudem war das skurrile Subventionssystem eine mächtige Quelle der Korruption. Die subventionierten Produkte wurden in betrügerischer Weise im Ausland verkauft. Der illegale Handel hat dazu geführt, dass einige gut vernetzte Geschäftsgruppen zu Lasten des Staates große Vermögen anhäufen konnten. Die Kraftstoffsubventionen belasteten das Budget mit über 8 Milliarden US-Dollar pro Jahr und entsprachen rund 3 Prozent des BIPs. Die gesparten Gelder wird man fortführend effizienter nutzen und einsetzen können.

Energiebranche wird reformiert

Die Reform des Energiesektors ist die zweite äußerst wichtige Reform, die Präsident Goodluck Jonathan ansteuert. Zurzeit verfügt das Land über rund 4100 MW an Kraftwerkskapazität, während sich die Nachfrage auf schätzungsweise das Doppelte beläuft. Sowohl industrielle Unternehmen als auch Privatverbraucher nutzen Dieselgeneratoren als die hauptsächliche Energiequelle. Diese Energie ist entsprechend teuer und nicht immer verfügbar, da es zu regelmäßigen Engpässen und Unterbrechungen bei Diesel-Lieferungen kommt. Bei kleineren Unternehmen betragen die Energiekosten nicht selten über 30 Prozent der Gesamtkosten. Laut Schätzungen der Weltbank könnte Nigeria in den nächsten Jahren zweistellig wachsen – vorausgesetzt, der Energiesektor wird reformiert.

Nach der Bankenkrise im Jahre 2008 hat Nigeria zudem das Bankensystem grundsätzlich neu gestaltet. Die Reform des Systems wird als exemplarisch betrachtet. Im Jahr 2010 gründete man eine “Bad Bank" (AMCON – Asset Management Corporation of Nigeria), die faule Kredite aufgekaufte. Dies führte dazu, dass die Bilanzen der Banken im Expresstempo saniert wurden und die Kreditvergabe wieder in Schwung kam – eine Lösung, die auch Bankensysteme in Europa gebrauchen könnten. Heute gilt der Bankensektor Nigerias als einer der sichersten des Kontinents, mit sauberen und liquiden Bilanzen sowie hervorragenden Wachstumsaussichten. Die besten Banken erwirtschaften eine Eigenkapitalrendite von über 25 Prozent, was bei nur 30 Millionen Bankkonten in einem 160 Millionen bevölkerungsreichen Land als nachhaltig gesehen wird.

Wenn die kürzlich vorgenommenen Reformen gelingen, wird das Land einen Quantensprung vollziehen. Nigeria wird zu einer neuen Wirtschaftsmacht Afrikas. Mit Investitionen an der Börse in Lagos können auch Anleger an dem Wachstum des bevölkerungsreichsten Landes des Kontinents erfolgreich partizipieren.


Zur Person: Patryk Jablonowski ist Fondsmanager des Deka-MiddleEast und Africa.

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