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Noch keine "Lieschen-Müller-Hausse"

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Keine weiter steigenden Aktienkurse

Für weiter steigende Aktienkurse sprechen dagegen: Erstens die Besserung der Konjunktur. Sie ist für das nächste Jahr ziemlich sicher. Man kann lediglich über das Ausmaß streiten. Damit werden auch die Gewinne der Unternehmen steigen.

Zweitens: Das nach wie vor ordentliche Kursgewinnverhältnis (KGV) am deutschen Markt (13 Prozent). Am Ende des letzten Zyklus lag das KGV bei 17 Prozent, in der New Economy sogar bei über 30 Prozent. Das gegenwärtige Niveau entspricht einem Kapitalmarktzins von 7,7 Prozent. Die Risiken, die der Markt damit für Aktien einpreist, sind also sehr hoch. Wenn die Kurse im nächsten Jahr nicht steigen sollten, dann würde das KGV nach unten gehen.

Drittens: Das günstige monetäre Umfeld. Die Europäische Zentralbank ist entschlossen, den Leitzins in absehbarer Zeit nicht anzuheben. Sie wird die Liquidität ausweiten, wenn es die Situation erfordern sollte. Selbst wenn die amerikanische Notenbank im nächsten Jahr ihre Wertpapierkäufe auf den Kapitalmärkten auslaufen lässt (womit zu rechnen ist), werden die Effekte in Europa nicht so stark zu spüren sein. Wenn deshalb freilich die US-Aktienmärkte einbrechen sollten, hätte dies auf diesem Weg negative Auswirken auf Europa.

Viertens: Das viele Geld in den Vorhöfen des Kapitals, das für eine Investition in den Aktienmarkt zur Verfügung steht. In Deutschland liegen über EUR 2.000 Milliarden der privaten Haushalte in Bankeinlagen, davon EUR 600 Milliarden in Spareinlagen. Es ist klar, dass die Besitzer dieser Einlagen darüber nachdenken, ob sie diese nicht rentabler anlegen könnten.

Festverzinsliche Wertpapiere kommen derzeit wegen des Risikos steigender Zinsen und damit entsprechender Kursverluste nicht in Frage. Die Aktienquote der privaten Haushalte ist mit rund 5 Prozent historisch sehr niedrig. Das zeigt einerseits, wie schwer sich traditionelle Anleger mit Dividendenpapieren tun. Die Aktienquote hatte im Jahr 2000 bei 14 Prozent gelegen. Andererseits verdeutlicht es aber auch, dass noch viel Geld für Aktien vorhanden ist.

Fünftens ein eher vordergründiges Argument: In den bisherigen zwei Aktienaufschwüngen sind die Kurse wesentlich stärker gestiegen als diesmal. Im Zyklus der New Economy erhöhten sie sich um 260 Prozent, vor der Finanzkrise 2008 nahmen sie in der Spitze um 190 Prozent zu. Diesmal sind sie bisher "nur" um 107 Prozent nach oben gegangen. Siehe auch dazu die Grafik.

Sechstens ebenfalls ein schwaches Argument: Der Kursindex des DAX, der um die Dividendenzahlungen bereinigt ist, sieht optisch viel günstiger aus als der Performance-Index. Er liegt um 23 Prozent unter dem Hoch von 2000 und um 12 Prozent unter dem von 2008. Die Differenz besagt aber nicht mehr, als dass die Unternehmen ausschüttungsfreudiger geworden sind.

Für den Anleger

Rein numerisch spricht mehr für eine Fortsetzung der Aufwärtsentwicklung bei Aktien als dagegen. Das sagt aber natürlich noch nichts. Sicher sind aber drei Dinge:

– Der Markt befindet sich nach fast fünf Jahren Aufschwung in der Endphase des Zyklus. Da sollte man an Absicherungen denken.

– Der deutsche Markt wird im Augenblick primär von Auslandsgeldern getragen. Amerikanische Investoren rechnen mit einer weiteren Entspannung der Eurokrise. Das ist kein sicheres Ruhekissen.

– Die Aktienkäufe von privaten Haushalten (aus den Vorhöfen des Kapitalmarktes) nehmen noch nicht zu. Da ist also noch Potenzial. Vor allem gibt es noch keine Lieschen-Müller-Hausse, die das Ende der letzten beiden Zyklen einläutete.

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