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Aktualisiert am 04.02.2009 - 11:56 Uhrin FondsLesedauer: 4 Minuten

Offene Immobilienfonds nicht mehr krisensicher

Quelle: Fotolia
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Die Rücknahmeaussetzung ist eine legitime Maßnahme, die der Sicherstellung einer ordnungsgemäßen laufenden Bewirtschaftung des betroffenen Sondervermögens dient. Wie von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) mit einem Rundschreiben vom 28.11.2008 festgesetzt, dürfen in einem solchen Fall auch die Auszahlpläne von Privatanlegern nicht mehr bedient werden.

Begründet wird dieser Schritt mit dem Grundsatz der Gleichbehandlung aller Anleger, die, so BaFin, gemeinsam einen „während der Fondschließung eintretenden Werteverlust vollständig“ tragen sollen.

Oftmals unterschätzt: das Liquiditätsrisiko


Immobilienkrise 2006, Rücknahmestopp 2008: Wie steht es um die jahrzehntelang als krisensicher geltende Anlageform nun wirklich? Experten weisen auf unterschätzte Risiken bei offenen Immobilienfonds hin: „Offene Immobilienfonds erscheinen bei der Bewertung mit klassischen Risikokennzahlen risikoärmer als sie sind“, heißt es beispielsweise in einer Marktanalyse, die von der Rating-Agentur Thomson Reuters Lipper im Dezember 2008 durchgeführt wurde.

Als das Kernproblem dieser Anlageform nennt Lipper das Liquiditätsrisiko, das durch den langfristigen Charakter der gehaltenen Vermögensgegenstände bedingt ist. Schließlich können größere Immobilienbestände nicht innerhalb von wenigen Tagen veräußert werden, um so die für Rückgaben benötigte Liquidität zu beschaffen. Den Anlegern dagegen steht es frei, ihr Kapital börsentäglich abzuziehen.

Statistische Kennzahlen wie die Volatilität oder die Sharpe Ratio geben daher, laut Lipper, keine Auskunft darüber, ob und wie lange ein Anleger im Fall einer Krise seine Fondsanteile nicht zum Net Asset Value liquidieren kann. Hinzu kommt das Risiko einer nicht marktkonformen Bewertung, das bei dieser Anlageform ebenfalls mit einkalkuliert werden muss.

Der Mehrertrag, den die offenen Immobilienfonds gegenüber dem risikolosen Zinssatz erwirtschaften, sei eine angemessene Risikoprämie für die Bewertungs- und Liquiditätsrisiken, meint Lipper und rät gleichzeitig von offenen Immobilienfonds als Investmentprodukt für kurzfristige Anlagen ab.

Auch für die Auszahlpläne sollten andere Anlageprodukte, wie zum Beispiel klassische Geldmarktfonds, als Alternativen in Betracht gezogen werden. Werden dennoch Auszahlpläne mit offenen Immobilienfonds angelegt, sollten, so Lipper, auf jeden Fall zusätzlich Barreserven eingerichtet werden, die zumindest zur Überbrückung einer möglichen Aussetzung ausreichend sind.

Dunkle Wolken am Immobilienhimmel

Was die Zukunftsaussichten von offenen Immobilienfonds betrifft, fehlt es nicht an düsteren Prognosen. „Die Rezession wird die Gewerbeimmobilienmärkte in Westeuropa und den USA massiv belasten", schreibt beispielsweise Tobias Just, Analyst der Deutschen Bank in seiner jüngsten Studie. 2009 würden die Leerstände steigen und die Spitzenmieten sinken. Nicht nur diesseits und jenseits des Atlantiks, sondern auch in Osteuropa und Asien würden die Immobilienpreise unter Druck geraten.

Ähnlich pessimistisch sieht auch der bankenunabhängige Analyst Stefan Loipfinger die Situation. „Der Wertberichtigungsbedarf bei Fondsimmobilien beträgt im Schnitt rund 20 Prozent." Die meisten Produkte würden ihren Anlegern deshalb im neuen Jahr „eine negative Rendite bescheren". Auch das Finanzministerium in Berlin und die Bafin befürchten Wertberichtigungen.

Die Analysten der Immobilienforschungsgesellschaft BulwienGesa gehen davon aus, dass Fondsobjekte 2009 um durchschnittlich fünf Prozent abgewertet werden. Dies werde durch die Mieterträge zwar mehr als kompensiert, sagt BulwienGesa-Vorstand Andreas Schulten. „Unter dem Strich werden die Fonds einen leicht positiven Anlageerfolg von bis zu 1,5 Prozent erzielen." Selbst mit dieser Prognose lassen sich jedoch keine neuen Anleger gewinnen. Denn die Fondsgesellschaften erheben einen Ausgabeaufschlag von fünf Prozent. Bei einer Rendite von nur 1,5 Prozent würden neue Kunden im ersten Jahr einen Verlust von rund 3,3 Prozent erleiden.

Auf die pessimistischen Prognosen reagiert der Bundesverband Investment und Asset Management (BVI) mit dem Hinweis auf die vermeintlich sicheren Einnahmen, die sich durch die langen Restlaufzeiten der Mietverträge von Fondsimmobilien ergeben würden. So läuft,  wie eine Auswertung des Verbandes per 30. September 2008 ergab, mehr als die Hälfte der Mietverträge erst nach dem 1. Januar 2013 aus, knapp 20 Prozent sogar erst nach dem 1. Januar 2018. Andererseits enden jedoch rund 20 Prozent der Verträge schon in den nächsten zwei Jahren.

Drum prüfe, wer sich lange bindet

Bereits 2006 mussten drei Fonds nach hohen Mittelabflüssen eingefroren werden. Um dem Liquiditätsproblem entgegenzusteuern räumte die Bundesregierung daraufhin den Emittenten die Möglichkeit ein, Kündigungsfristen einzuführen. So verlangt etwa die Deutsche-Bank-Tochter RREEF von Großanlegern, ihr Kapital mindestens zwei Jahre im Fonds zu belassen und eine Kündigungsfrist von einem Jahr einzuhalten. Die meisten Anbieter haben derartige Regelungen bis jetzt noch nicht umgesetzt.

Investoren, die sich für offene Immobilienfonds entscheiden, rät Lipper, sich durch eine intensive qualitative Analyse der Fonds vor bösen Überraschungen im Portfolio zu schützen. Unter anderem sollten die  Fonds geographisch breit aufgestellt sein, keine Altlasten enthalten, die einzelnen Objekte langfristig gut vermietet haben, Objekte in verschiedenen Größen besitzen, keinen übermäßig hohen Anteil an Fremdkapital aufweisen und über regelmäßig Mittelzuflüsse nennenswerter Höhe verfügen.

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