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Blick auf die Anleihenmärkte „Wir stehen am Beginn einer Periode hoher Konfusion“

Salman Ahmed, Global Strategist und Portfolio Manager bei Lombard Odier Investment Managers
Salman Ahmed, Global Strategist und Portfolio Manager bei Lombard Odier Investment Managers
Der 30. Juni, wenn Zahlungen an den IWF fällig werden, rückt näher. Die Differenzen zwischen Griechenland und seinen Gläubigern bekommen derzeit reichlich Aufmerksamkeit. Den Märkten ist inzwischen klar, dass Griechenland bei der Bedienung seiner Schulden tatsächlich das Geld ausgegangen ist. Und ihnen ist auch klar, dass das Misslingen einer Einigung unweigerlich in den Konkurs führen wird.

In den vergangenen Wochen hat die griechische Regierung unseres Erachtens eine recht stumpfsinnige Haltung in dem andauernden Dialog eingenommen. Trotzdem hat der lächerlich erscheinende Ansatz dazu geführt, dass Bewegung in die Vorschläge der EU (so wie sie von einem Sprecher der EU vergangene Woche kommuniziert worden waren) kam.

Das deutet darauf hin, dass hinter dem chaotisch erscheinenden Verhalten der griechischen Verhandlungsführer eine gewisse Methode steckt. Was diese Sichtweise übrigens stützt, sind die Nachrichten vom Wochenende, die insgesamt positiv waren. Es gab einen nochmaligen Vorschlag der griechischen Regierung, der für einen gewissen Optimismus sorgt, dass es doch noch eine Einigung geben könnte, bevor die entscheidende Deadline am 30. Juni erreicht ist.

Die EZB hat noch ein Ass im Ärmel

Wenn man mal den ganzen Lärm beiseitelässt, dann ist der griechische Bankensektor die Achillesferse sowohl der griechischen Regierung wie auch, so würden wir meinen, der Verhandlungsführer der EU. Angesichts des anhaltenden Abzugs von Spareinlagen, der sich vergangene Woche noch beschleunigt hat, und der Tatsache, dass eine Fremdfinanzierung nicht möglich ist, war die Notkreditlinie der EZB, die Emerging Liquidity Assistance (ELA), entscheidend, um den Bankensektor liquide zu halten.

Tatsächlich kann man der EZB bescheinigen, dass sie mit dem Einsatz dieses Instruments sehr umsichtig umgegangen ist. Sie hat das Limit kontinuierlich erhöht, um der Politik die notwendige Zeit zu geben, damit diese einen entsprechenden Rahmen finden kann. Kommt es allerdings zu keiner Einigung, dann wird die Form der Unterstützung durch die Notkreditlinie die Zukunft des griechischen Bankensektors bestimmen. Letztlich wird also die ELA entscheidend dafür sein, ob Griechenland in der Eurozone bleibt oder nicht.

In Bezug auf das direkte finanzielle Engagement werden inzwischen rund 80 Prozent der Ansprüche gegenüber der griechischen Wirtschaft von offiziellen Institutionen gehalten. Aus diesem Grund wären die Auswirkungen eines Extremszenarios wohl beherrschbar. Allerdings könnten die politischen Auswirkungen sowie die Auswirkungen auf die allgemeine Stimmung sehr viel komplizierter und schädlicher sein. Das würde vor allem dann gelten, wenn die Irreversibilität der Währungsunion dadurch grundsätzlich in Frage gestellt würde. Wie schon 2012 wäre die EZB dann die entscheidende Auffang-Institution.

Extremszenario vor allem für die Corporate-Bond-Märkte schädlich

Kommt es zu keiner Einigung (ein Szenario, das unserer Ansicht nach eine Wahrscheinlichkeit von 20 Prozent hat), dann werden wir wohl recht schnell die Einführung von Kapitalverkehrskontrollen in Griechenland sehen. Nehmen die Not und die politischen Spannung zu, dann kann dies leicht in einen Grexit münden, auch wenn dies Monate dauern kann, bis es passiert. Berücksichtigt man die vorausschauende Natur der Märkte, dann könnte es, wenn Kapitalverkehrskontrollen schon in den kommenden Tagen gelten, zu einer starken Fluchtbewegung kommen.

Wir denken, dass der Euro in dieser Situation anfällig ist. Allerdings dürften die Auswirkungen für Anleihen, insbesondere für Corporate Bonds, sehr viel größer sein. Die reflexartige Reaktion darauf würde wohl die Renditedifferenz von Unternehmensanleihen nach oben treiben (während sie positiv für sichere Häfen außerhalb der Peripherie wäre).

Jedoch könnte die EZB mit ihrem inzwischen voll verfügbaren OMT-Programm (Outright Monetary Transaction) gut ein Anti-Seuchen-Kaufprogramm aufsetzen und damit einen erneuten Liquiditätsschub für das System liefern. Der letztendliche Effekt auf Anleihen wäre dann davon abhängig, in welchem Verhältnis der Schaden für die politische Glaubwürdigkeit der EU zu dem betäubenden Effekt eines weiteren QE-Programms steht. Letzteres würde dabei einer weiteren Runde der verzweifelten Suche nach Rendite Vorschub leisten.

Fundamentaldaten gewinnen an Bedeutung

Soweit es die globalen Anleihemärkte betrifft, beginnt nun eine Phase tiefer Konfusion. Die inkonsistente Kommunikation der Zentralbank, die gestörte Mikro-Liquidität und jetzt das griechische Drama senden eine Menge an multidimensionalen Impulsen in das System.

Vor diesem Hintergrund denken wir, dass ein Fokus auf die Fundamentaldaten bei der Konstruktion von Anleiheportfolios wichtig ist. Und das gilt umso mehr, da wir derzeit ein, durch die Fixierung auf die Marktkapitalisierung, hervorgerufenes Herdenverhalten bei den Investoren feststellen. Wir glauben auch, dass Griechenland ein regelmäßiger Weckruf ist, der uns daran erinnert, dass die Fundamentaldaten letztlich das Schicksal jeder Risikoprämie langfristig bestimmen. Die griechische Saga verdeutlicht die strukturelle Bedeutung, Portfolios auf fundamentalen Daten zu bauen.

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