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Peter E. Huber: „Aktien kauft man, wenn alles düster aussieht“

Peter E. Huber
Peter E. Huber
Nicht nur alle bekannten Informationen sind bereits in den Aktienkursen enthalten, sondern auch die Erwartungen der Marktteilnehmer. Sind die Erwartungen zu positiv – zum Beispiel in der Spätphase eines Konjunkturaufschwungs, wenn die Zeitungen voll sind mit positiven Unternehmensmeldungen – kauft man deshalb zu teuer und Enttäuschungen sind vorprogrammiert. Aktien kauft man daher am besten in einer Rezession, wenn alles düster aussieht und keiner mehr Hoffnung auf eine Besserung hat. Dieses Prinzip gilt selbstverständlich auch bezüglich der Auswahl der Börsenplätze, Branchen und Einzelwerte. Auch hier kann man Dividendenpapiere nur dann „deutlich unter Wert“ kaufen, wenn die Anleger von einer weiteren negativen Entwicklung voll überzeugt sind. Hier einige Beispiele: 1. Versorger: Die hohen Einnahmeausfälle/Folgekosten bei einer Abkehr von der Atomkraft und die zunehmende staatliche Einflussnahme haben die Stromkonzerne und deren Aktienkurse weltweit unter Druck gebracht. Dabei wird übersehen, dass sowohl der Strombedarf als auch die Strompreise weiter deutlich steigen werden und andere Energieträger (Gaskraftwerke, Wasserkraft) kräftig davon profitieren. 2. Telekoms: Das angestammte Geschäft ist massiv unter Druck. Die Erträge aus dem Festnetzbereich pulverisieren sich und auch die Margen im Mobilfunkgeschäft befinden sich auf Talfahrt. Es wird übersehen, dass die Konzerne weiter hohe Free Cash Flows produzieren, Kommunikationsleistungen auch in Zukunft gefragt sind (Zusammenwachsen von Telefon, Internet, Fernsehen etc.) und der Datentransfer explodiert. 3. Pharma: Bei den Pharmakonzernen laufen wichtige Patente aus, was zu enormen Einnahmeausfällen führt. Viele Unternehmen haben jedoch aussichtsreiche neue Blockbuster-Aspiranten in ihrer Pipeline. Und die steigende Lebenserwartung führt zu einer höheren Nachfrage nach Medikamenten. 4. Öl- und Gaswerte: Es werden deutlich rückläufige Ölpreise erwartet, falls sich die Konjunktur abschwächt. Es wird übersehen, dass die weltweite Nachfrage und damit der Preis weiter steigen wird, da der Höhepunkt in der Ölförderung wahrscheinlich bereits überschritten ist. Gerade in diesem Sektor gibt es viele ausgezeichnete Unternehmen mit soliden Bilanzen und hohen Dividendenrenditen. Wir fokussieren uns dabei antizyklisch auf defensive Werte, die vom bisherigen Ölpreisanstieg kaum profitiert haben. Vielleicht können wir damit deutlich machen, warum wir in diesen Bereichen investieren, obwohl die Kursentwicklung in letzter Zeit oft mehr als unerfreulich war. Die Finger lassen wir dagegen weg von Spätzyklikern (Autos, Zulieferer, Chemie etc). Werte wie BMW und BASF glänzen derzeit mit tollen Gewinnzuwächsen, hervorragenden Zukunftsaussichten und steigenden Aktienkursen. Genau deshalb sind diese Papiere deutlich überbewertet und die Aktien kursgefährdet. Wer das nicht glaubt, sollte sich einmal den Kursverlauf der Börsenfavoriten aus dem letzten Zyklus ansehen, z.B. Solarworld (Sonnenenergie) oder Vestas (Windkraft). Eine schöne Bescherung. Ähnliches gilt für die verschiedenen Börsenplätze. So hat sich die Wallstreet seit Anfang 2010 mit am Besten entwickelt, obwohl US-Aktien deutlich überbewertet sind. Hier liegt das KGV10 bei 25,8 gegenüber einem historischen Durchschnitt von 16,7. Und das Kurs-Buchwert-Verhältnis befindet sich bei 2,2 (historisch 1,9). Wir vermuten, dass die massiven Geldspritzen der Notenbank (quantitative easing) zu einer Verzerrung von Angebot und Nachfrage geführt haben. Es ist logisch, dass wir als Antizykliker diesen Markt untergewichtet haben, obwohl er sich so positiv entwickelt hat. Ein Beispiel für eine völlig unbeliebte Börse ist aktuell Italien. Dieser Aktienmarkt steht unter Druck, nicht zuletzt wegen der Schuldenkrise. Entsprechend sehen wir hier eine langfristig interessante Investitionsgelegenheit. Zumal man die Italiener nicht unterschätzen sollte. Die Wirtschaftskraft Norditaliens liegt immerhin über dem deutschen Bundesdurchschnitt. Wir haben im bisherigen Jahresverlauf immer wieder in unseren Publikationen darauf hingewiesen, dass die internationalen Börsen derzeit zwar viele Risiken, langfristig aber massive Chancen bergen (HubersPortfolio Ausgabe Juni 2011: „Aktienmärkte: langfristig hui, kurzfristig pfui“). Deshalb bergen Schwächephasen immer eine Kaufgelegenheit für unterbewertete Substanzaktien. Und wenn es mal richtig weh tut, weil die Kurse vielleicht ihren Boden noch nicht erreicht haben, denken Sie daran: Börsengewinne sind Schmerzensgeld. Erst kommen die Schmerzen, …

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