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Pro & Contra Aktien Frankreich: Crème de la Crème oder einfach nur Tristesse?

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Igor de Maack, Manager des DNCA Invest Convertible

Man muss zugeben, dass Frankreich in gewisser Hinsicht ein Paradoxon ist und sich ohne vorherige gründliche und unvoreingenommene Analyse scheinbar ganz leicht Kritik an diesem Land, seinen Politikern sowie der französischen Lebensart üben lässt. Wenn es um Frankreich geht, sollte man aber differenzieren.

Und zwar einerseits in den Staatsapparat, der hoch verschuldet, ineffizient, aufgeblasen, technokratisch, instabil und antimodernistisch ist, und andererseits in die Wirtschaftsakteure aus dem Privatsektor, also Unternehmen und Privathaushalte, die sich ausnahmslos an die Regeln der Globalisierung und das Prinzip des Liberalismus halten.

So sind zwar die größten französischen Konzerne in den 1940er Jahren zu einem großen Teil aus Staatsunternehmen hervorgegangen, zählen im Allgemeinen aber mittlerweile zu den führenden Firmen weltweit. Zum Beispiel Veolia im Bereich Umweltservice, Total in der Ölindustrie, Michelin in der Reifenbranche, Sanofi im Pharmasektor, Thalès und Airbus in den Sparten Luftfahrt und Rüstung sowie L’Oréal und LVMH im Bereich Luxusgüter. Und auch in der Branche Telekommunikation und Internet sowie in der Lebensmittelindustrie ist der Unternehmergeist sehr ausgeprägt.

Der französischen Wirtschaft geht es gar nicht so schlecht wie vielfach dargestellt. Prognosen zufolge soll die französische Wirtschaftsleistung im Jahr 2016 zwischen 1,3 und 1,6 Prozent sowie 2017 um 1,7 Prozent steigen. Natürlich sind der fiskalische Druck sowie die Arbeitslosigkeit mit rund 10 Prozent immer noch zu hoch. Aktuelle Zahlen sprechen jedoch für einen Rückgang der Erwerbslosenquote. Darüber hinaus hat die amtierende Regierung angekündigt, die Körperschaftssteuer für kleinere Unternehmen von derzeit 33 auf 28 Prozent zu senken.

Es bleibt zwar abzuwarten, wie die im Mai 2017 anstehende Präsidentschaftswahl letztlich ausgehen wird. Aber vermutlich werden alle demokratischen Parteien lautstark Steuersenkungen sowie eine Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit Frankreichs einfordern. Zweifellos lässt sich nicht abstreiten, dass im Zusammenhang mit den extremistischen Parteien in Frankreich ein gewisses politisches Risiko besteht. Aber gilt das nicht auch für andere Länder?

In jeder etablierten Demokratie gehört der Populismus inzwischen zur neuen Normalität. Sei es Donald Trump in den USA, das Brexit-Lager in Großbritannien oder die extremistischen Parteien in anderen europäischen Staaten, allen voran in Frankreich, Spanien und Italien. Normalerweise spiegeln sich politische Risiken in den Zinsdifferenzen sowie in den Renditen von Staatsanleihen wider. In Frankreich werden zehnjährige Staatsanleihen aktuell mit 0,15 Prozent verzinst, während die Renditen zehnjähriger italienischer und griechischer Papiere bei 1,1 beziehungsweise 7,9 Prozent liegen.

Ein Aspekt, vor dem einige Finanzinvestoren die Augen verschließen, ist die Qualität des Finanz- und Bankensystems in Frankreich. So zählen französische Kreditinstitute wie BNP Paribas, Société Générale und  Crédit Agricole zu den stärksten der Eurozone, ja sogar ganz Europas. Dies gilt insbesondere im Vergleich zu deutschen Banken. Die Sparraten der französischen Bürger sind sehr hoch, während sich die Kreditvergabe jüngst erholt hat.

Außerdem ist der französische Immobilienmarkt bereits seit jeher solide finanziert. Er hat nicht mit einer übermäßigen Verschuldung oder komplexen Hypothekenstrukturen zu kämpfen, so wie dies etwa in Spanien oder den USA der Fall ist. Die französischen Banken weisen solide Bilanzen auf, während die Aktienmärkte Frankreichs liquide, diversifiziert und vollständig liberalisiert sind.

Zu guter Letzt erfreut sich Frankreich auch noch einer relativ dynamischen demografischen Entwicklung. Zwar gibt es bei den Themen Rentenkassen, Wettbewerbsfähigkeit, Sozialsysteme, Gewerkschaften, Industrialisierung, Digitalisierung und Sicherheit noch einiges zu tun. Aber: Allzu große Skepsis ist nicht fair, wenn man sich die französische Wirtschaft wirklich genau anschaut. Und sie ist auch nicht angebracht.

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