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Pro & Contra Euro-Peripherie-Anleihen: Zins-Protze oder Pleitekandidaten?

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Contra: Michael Merz, Co-Manager des Starcapital Argos

Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in der Eurozone haben sich jüngst zwar verbessert. Der schwache Euro, die niedrigen Refinanzierungskosten und tiefe Energiepreise haben zu einer zyklischen Erholung in Europa geführt. Zu viele strukturelle Probleme, die eine nachhaltige Entschuldung der Peripheriestaaten auf absehbare Zeit kaum zulassen, bleiben aus unserer Sicht jedoch ungelöst.

Zum Beispiel das Potentialwachstum, das schon längere Zeit rückläufig ist und unterhalb von einem Prozent liegt. Die Schuldenstand-Quoten liegen außerdem in der Nähe ihres Hochs oder haben den Hochpunkt noch gar nicht erreicht. Auch die Bruttoinlandsprodukte der Peripherieländer haben das Vorkrisenniveau noch nicht wieder ins Visier genommen. Besonders kritisch ist die Arbeitslosigkeit, vor allem unter Jugendlichen: In Spanien liegt sie beispielsweise bei knapp über 50 Prozent.

Größter Risikofaktor in der Gruppe der Peripherieländer bleibt Griechenland. Die Gefahr eines Zahlungsausfalls beziehungsweise eines Austritts aus der Eurozone nimmt stetig zu. Unabhängig davon, dass noch immer keine Einigung bezüglich der Auszahlung der letzten Tranche des Hilfsprogramms in Höhe von 7,2 Milliarden Euro erzielt wurde, glauben nur noch die kühnsten Optimisten, dass Griechenland danach kein weiteres Geld benötigt.

Geradezu absurd erscheint darüber hinaus die Tatsache, dass Italien und Spanien für griechische Schulden bürgen. Europa ist zwar deutlich besser auf einen möglichen Grexit vorbereitet als 2012, allerdings bleibt die Ansteckungsgefahr bestehen. Damit wäre ein Präzedenzfall geschaffen, dass die europäische Währungsunion keine irreversible und unteilbare Gemeinschaft ist. Dies würde zu einem erhöhten Risiko von Kapitalabflüssen und dem Verkauf von Staatsanleihen der übrigen Peripherieländer führen. Wie hoch das Ausmaß der Verwerfungen in einem solchen Fall wäre, hängt entscheidend von den Reaktionen der europäischen Institutionen ab, allen voran der EZB.

In Spanien und Portugal stehen dieses Jahr Parlamentswahlen an. Ein starkes Abschneiden europakritischer Parteien wie Podemos könnte zumindest temporär zu einem Anstieg der Volatilität führen. Die Renditen der Peripherie-Staatsanleihen sind seit 2012 kontinuierlich gesunken. Dieser massive Renditerückgang ist keinesfalls dadurch untermauert, dass sich die Fundamentaldaten verbessert hätten. Er geht fast ausschließlich auf die expansive Geldpolitik der EZB zurück. Es gibt wohl nur wenige Investoren, die portugiesische Staatsanleihen gegenüber US-Staatsanleihen bevorzugen würden, wenn es die EZB nicht gäbe. Zum Vergleich: Ende April lag die Rendite zehnjähriger portugiesischer Staatspapiere bei 2,10 Prozent, vergleichbare US-Titel lagen mit 2,03 Prozent auf gleicher Höhe.

Wie attraktiv oder unattraktiv sind nun Anleihen der Peripherie-Staaten? Es kommt ganz entscheidend auf den Blickwinkel an. Investoren, die ausschließlich in europäische Staatsanleihen investieren wollen oder müssen, mögen ein Peripherie-Investment als attraktiv und nahezu alternativlos gegenüber Anleihen der Kernländer erachten. Folgendes Beispiel veranschaulicht den Sachverhalt: Italienische Staatsanleihen mit einer Restlaufzeit von sieben Jahren warfen Ende April noch 1,1 Prozent Rendite ab. Ein Investmentfonds, der ausschließlich in europäische Staatsanleihen investiert, muss bei einer angenommenen Total Expense Ratio von einem Prozent Peripherie-Anleihen erwerben, nur um die Kosten decken zu können. Denn zehnjährige deutsche Bundesanleihen lieferten zum gleichen Zeitpunkt nur eine kümmerliche Rendite von 0,37 Prozent.

Aufgrund der wirtschaftlichen Rahmendaten erwarten wir weiter niedrige Kapitalmarktrenditen. Trotzdem ist das asymmetrische Chance-Risiko-Profil europäischer Staatsanleihen sehr ungünstig. Die beschriebenen Risikofaktoren werden durch den Preis nicht mehr korrekt reflektiert. Marginalen Renditen und potentiell geringen Kursgewinnen stehen erheblich größere potentielle Kursverluste entgegen. Durch den jüngsten Renditeanstieg wurde unsere Einschätzung bis dato bestätigt.

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EZB pämpert den Musterknaben: Portugal zahlt keine Zinsen mehr (Telebörse.de vom 21. Mai 2015)

Wie gefährlich ist die EZB-Politik? (Zeit Online vom 15. Mai 2015)

Trotz EZB: Absturz der Anleihen (FAZ Online vom 11. Mai 2015)

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