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Pro & Contra Europäische Bankaktien: Gelddruckmaschinen oder Kapitalvernichter?

Christian Funke, Manager des S4A EU Pure Equity & Thomas Dhainaut, Manager des Sycomore European Recovery
Christian Funke, Manager des S4A EU Pure Equity & Thomas Dhainaut, Manager des Sycomore European Recovery
Urteile, Strafzahlungen, Vergleiche und kein Ende – Europas Banken kommen nicht zur Ruhe. Die Branche steckt in einer tiefen Krise, vielleicht sogar der tiefsten ihrer Geschichte. In Verruf gekommen ist sie durch unzählige Betrugsskandale, zweifelhafte Strategien und tendenziell sinkende Profitabilität.

Ihr Fehlverhalten kommt die europäische Finanzindustrie teuer zu stehen. Prominentes Beispiel ist wieder einmal die Deutsche Bank: Erst Ende April musste Deutschlands größtes Geldhaus 2,5 Milliarden Dollar Strafe zahlen, nachdem ihr im Zuge des Libor-Skandals eine jahrelange Beteiligung an der Manipulation des in London ermittelten Interbankenzinssatzes nachgewiesen werden konnte. Nun drohen wegen eines milliardenschweren Geldwäsche-Falls in Russland weitere Strafzahlungen.

Es sind nur die jüngsten in einer langen Liste von Rechtsverstößen, die die Deutsche Bank belasten. Wie schwerwiegend diese Vorfälle sind, unterstreicht der Rückzug des Vorstands-Duos Jain und Fitschen von der Bankspitze – auch wenn die andauernden Diskussionen um die zukünftige Strategie der Bank im Privatkundengeschäft ebenfalls ihren Teil dazu beitrugen.

Tief in die eigene Tasche musste auch die Commerzbank greifen: Sie zahlte in den USA im Rahmen eines Vergleichs 1,45 Milliarden Dollar an die Justiz. Grund waren Verstöße gegen US-Sanktionen durch die Abwicklung von Geschäften für iranische und sudanesische Kunden. Der Jahresgewinn der Bank fällt damit um 56 Prozent geringer aus als ursprünglich angekündigt. Auch bei vielen anderen europäischen Geldinstituten sieht es nicht rosiger aus. Wegen Tricksereien an den Devisenmärkten stehen die Schweizer UBS sowie die britischen Institute Barclays und Royal Bank of Scotland (RBS) vor hohen Bußgeldern. Großbritannien will bei der RBS nun die Reißleine ziehen und seine hohe Beteiligung an der 2008 im Zuge der Finanzkrise teilverstaatlichten Großbank abstoßen.

Die Quittung erhielten zahlreiche Geldhäuser in Europa bereits von Seiten der Ratingagenturen. Sowohl Standard & Poor’s als auch Fitch stuften die Bonitätsnoten auf breiter Front herab und drohen sogar mit weiteren Herabstufungen mit Blick auf neue Vorschriften zur Abwicklung von Banken.

Doch es gibt auch positive Ausnahmen. Zum Beispiel die Intesa Sanpaolo. Die größte Filialbank Italiens profitiert von der allmählichen wirtschaftlichen Erholung des Landes und überraschte im ersten Quartal 2015 mit einer Gewinnverdoppelung gegenüber dem Vorjahresquartal auf über eine Milliarde Euro. Das gute Ergebnis ließ die Vorsorge für faule Kredite auf den niedrigsten Stand seit Sommer 2011 fallen.



Aktionäre, die erst 2012 oder später eingestiegen sind, können relativ gelassen auf den ganzen Rummel um die europäischen Banken blicken: In den aktuellen Kursen spiegeln sich die Fehltritte der Institute vielfach nicht wider. Der den breiten europäischen Bankenmarkt abbildende Euro Stoxx Banks 600 legte in den vergangenen 3 Jahren um über 60 Prozent zu. Scheinbar drücken die meisten Investoren ein Auge zu und hoffen, dass die Institute wieder in die Spur zurückfinden. Gegenwind kommt dabei unter anderem auch von den Finanz-Start-Ups der Internetwelt. Erste Großbanken, darunter auch die Deutsche Bank, hegen Pläne, mit den kurz FinTechs genannten jungen Unternehmen zu kooperieren, die ihnen im Kredit- und Einlagengeschäft bereits Marktanteile abnehmen.

Diese Entwicklung lässt Thomas Dhainaut, Gesellschafter bei der französischen Fondsboutique Sycomore Asset Management, ein vorsichtiges Auge auf den klassischen Bankensektor werfen. Der Manager des Sycomore European Recovery sieht zudem von der fortschreitenden Regulierung und steigenden Eigenkapitalanforderungen hohen Druck auf die Banken ausgehen (Seite 3). Christian Funke, Manager des S4A EU Pure Equity, konzentriert sich derweil ganz auf die Erkenntnisse der empirischen Kapitalmarktforschung und stellt den aktuellen Bewertungen die Risiken gegenüber. Unter den europäischen Banken lässt ihn dies eine ganze Reihe attraktiver Titel identifizieren, wozu die expansive Geldpolitik der EZB seiner Meinung nach einen wichtigen Beitrag leistet (Seite 2).

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