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Aktualisiert am 26.09.2017 - 16:46 Uhrin MärkteLesedauer: 9 Minuten

Pro & Contra Mittelstandsanleihen: Musterschuldner oder Lümmel aus der letzten Bank?

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Dirk Viebahn, Manager des WGZ Corporate M


Anleihen gehören in jedes gut strukturierte Portfolio. Doch Rentenanlagen, die Investoren ausreichende Renditen bieten, sind unverändert Mangelware. Während die richtungsweisende zehnjährige Bundesanleihe hartnäckig unter der Marke von einem Prozent rentiert, bieten Unternehmensanleihen mehr Ertrag. Doch auch hier waren die Renditen im Investment Grade-Segment mit 1,5 Prozent zuletzt ziemlich mager. Auskömmlichere Renditen finden Anleger noch bei Anleihen der zweiten Reihe, im Crossover-Segment sowie bei Anleihen ohne Rating.

Kleine und mittelständische Unternehmen verfügen häufig über exzellente Bilanzkennzahlen und stehen großen Konzernen in Sachen Profitabilität oft in nichts nach. Lediglich ihre Bekanntheit und die Liquidität sind in der Regel geringer, wodurch Anleihen dieser Unternehmen ein höheres Renditepotenzial bieten. Mitunter lassen sich Renditeaufschläge von über 200 Basispunkten gegenüber Bundesanleihen finden. Vor allem familiengeführte Unternehmen und solche, die sich zum großen Teil im Besitz einer Familie oder Familien-Stiftung befinden, sind interessant.

Durch ihren familiären oder stiftungsnahen Hintergrund agiert das Management sehr langfristig am Markt und plant nicht nur von Quartal zu Quartal. Deutsche Familienunternehmen betreiben so oft seit Generationen erfolgreich ihr Geschäft und sind häufig sogar Weltmarktführer in ihren Bereichen. Beispiele für solche Hidden Champions sind der Montage-Spezialist Würth, der Autovermieter Sixt, die Baumarktkette Hornbach oder der Automobilzulieferer Mahle.

Die vergangenen Jahre haben allerdings gezeigt, dass es auch in diesem Segment schwarze Schafe gibt. Ausfälle von Mittelstandsanleihen, etwa die des Würz- und Instantsuppen-Herstellers Zamek, der Mifa Mitteldeutsche Fahrradwerke oder des Modeherstellers Strenesse haben für negative Schlagzeilen gesorgt. Die Marktsegmente an der Stuttgarter Börse Bond-M und Mi-Box, die in Folge der Lehmann-Pleite als Alternative zur klassischen Bankkreditfinanzierung gegründet wurden, haben darunter stark gelitten und sind als Indizes heute quasi irrelevant.

Dennoch: Mittelstandsanleihen haben als Finanzierungs- und Anlagethema in den vergangenen Jahren eine höhere Aufmerksamkeit von Emittenten und Investoren erhalten. Trittbrettfahrer, deren Emissionen im Verhältnis zum operativen Geschäft zu groß ausfielen oder nicht optimal ausgestaltet waren, gab es und wird es je nach Marktlage auch immer wieder geben. Jedoch ähnlich wie beim Neuen Markt, der später erfolgreich im Tec-DAX aufgegangen ist, werden zunehmend mehr Unternehmen den Kapitalmarkt als Finanzierungsquelle entdecken und sich den geforderten Standards unterwerfen.

Aufgrund des Ausleseprozesses sowie der geringeren Liquidität im Mittelstandssegment – die Emissionen liegen nicht selten zwischen 100 und 250 Millionen Euro – sollten Investoren nicht ausschließlich auf diese Titel setzen. Als Beimischung im Portfolio können sie sich jedoch hervorragend eignen – entsprechende Qualität vorausgesetzt. Um im Rahmen einer Crossover-Strategie Titel zu selektieren, die nur marginal unterhalb eines Investment-Grade-Ratings notieren, ist eine umfassende Einzeltitel-Analyse unabdingbar. Zins- und Tilgungszahlungen müssen aus den operativen Cashflows bedient werden können.

Darüber hinaus müssen Kennzahlen zur Verschuldung und Kapitalstruktur sowie die Zukunftsfähigkeit des Geschäftsmodells überzeugen. Wir investieren ausschließlich in auf Euro lautende Anleihen, vor allem von Emittenten aus Deutschland, da sich hier besonders viele familien- und stiftungsgeführte beziehungsweise nachhaltig wirtschaftende Unternehmen finden.

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