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Pro & Contra Versorgeraktien: Vorweggehen oder hinterher hinken?

Oliver Brandt, Manager des Inprimo Aktien Spezial AMI (links), argumentiert gegen Markus Stillger, Manager des HAIG MB Max Value
Oliver Brandt, Manager des Inprimo Aktien Spezial AMI (links), argumentiert gegen Markus Stillger, Manager des HAIG MB Max Value
Die für viele deutsche Standardwerte typische V-Formation, also ein nach dem steilen Absturz in der Finanzkrise wieder schnell gestiegener Kurs, hat die Aktie von Deutschlands größtem Energieversorger RWE nicht hingelegt. Im Gegenteil: Seit nunmehr knapp zehn Jahren befindet sich die Notierung im Abwärtsstrudel. Für den Kurzschluss bei der RWE-Aktie sind unter anderem  die schrumpfenden Margen und die niedrige Profitabilität verantwortlich.

Hohe Produktionskosten für aus Kohle und Gas erzeugten Strom sowie aus nuklearen Quellen und gleichzeitig gesunkene Preise an den Strombörsen haben im vergangenen Jahrzehnt in der RWE-Kasse ein klaffendes Loch hinterlassen. Die Nuklearkatastrophe von Fukushima und der daraufhin beschlossene Atomausstieg in Deutschland haben der Aktie im Frühjahr 2011 dann endgültig den Stecker gezogen. Seitdem dümpelt das Papier tendenziell seitwärts und erreichte im Herbst vergangenen Jahres sogar neue Tiefstände. Aktuell beträgt das Kursminus auf Zehn-Jahres-Sicht – inklusive Dividenden – 66,2 Prozent (siehe Chart). Beim Konkurrenten Eon sieht es nicht viel besser aus.



Quelle: Bloomberg, Stichtag: 22. August 2016

Einen kleinen Freudensprung machten Versorgeraktien im Frühjahr: Damals wurde bekannt, dass die Kosten für den Atomausstieg in Deutschland für die Versorgungsunternehmen gedeckelt und eventuelle Mehrkosten vom Steuerzahler getragen werden sollen. Seitdem lässt sich sogar ein Aufwärtstrend erkennen – auf Drei-Monats-Sicht ist das RWE-Papier um mehr als ein Viertel gestiegen.

Schnell auf den Beinen waren deutsche Versorgeraktien nach dem Brexit-Schock. Zwar fielen sie wie der Gesamtmarkt am Folgetag des Referendums um etwa 10 Prozent. In der darauffolgenden Woche legte RWE dann aber um 17 Prozent zu. Bei Eon betrug das Plus 9 Prozent, während sich der Dax nur um 5 Prozent erholte. Kurspotenzial für die Zukunft könnte von den geplanten Konzernaufspaltungen ausgehen. So hat RWE angekündigt, das Ökostrom-Geschäft, die Stromnetze und den Vertrieb vom 1. September 2016 an unter dem Namen Innogy zu vermarkten.

Die RWE-Führung verspricht derweil Aktionären hohe Dividendenzahlungen seiner neuen Großtochter: Sie soll künftig 70 bis 80 Prozent ihres bereinigten Nettogewinns an die Eigentümer ausschütten. Die Strategie, verstärkt auf die Energiewende zu setzen, könnte aufgehen. Ohnehin haben Solar-, Wind- und Wasserkraft mit 30 Prozent bereits den größten Anteil am Strommarkt in Deutschland.

So sieht Oliver Brandt, Manager des Inprimo Aktien Spezial AMI, in der Konzentration auf den weiteren Ausbau der Erneuerbaren Energie auch den größten Treiber für Versorgeraktien. Gerade die etablierten Energieunternehmen könnten hier von ihrer Größe profitieren. Da institutionelle Investoren zum Teil noch erheblich unterinvestiert seien, haben Versorgeraktien seiner Meinung zufolge ein großes Aufwärtspotenzial.

Markus Stillger, Manager des HAIG Max Value, kann Versorgeraktien hingegen nichts abgewinnen. Seiner Meinung nach hätte die Branche den Weg hin zur regenerativen Energieerzeugung schon viel früher einschlagen müssen. Der von der Politik verordnete Ausstieg aus der Atomkraft führe momentan zu unkalkulierbaren Kosten und die hierfür veranlagten Rückstellungen der Versorgungsunternehmen seien viel zu niedrig.

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