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Aktualisiert am 04.10.2016 - 17:27 Uhrin Recht & SteuernLesedauer: 4 Minuten

Vorzeitige Kreditablösung Anwalt kommentiert BGH-Urteile zur Vorfälligkeitsentschädigung

Frank van Alen ist Partner der Kanzlei SKW Schwarz Rechtsanwälte in Hamburg.
Frank van Alen ist Partner der Kanzlei SKW Schwarz Rechtsanwälte in Hamburg.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in zwei Entscheidungen die Rechte von Kreditnehmern gegenüber Banken und Sparkassen gestärkt. Unter bestimmten Umständen müssen sie künftig eine deutlich geringere oder gar keine Vorfälligkeitsentschädigung zahlen, wenn sie ihr Darlehen vorzeitig ablösen.

Vorfälligkeitsentschädigung bei vorzeitiger Ablösung

In dem ersten Verfahren ging es um die Frage, ob ein Kreditnehmer, der seinen Baufinanzierungskredit vorzeitig ablöst, der Bank eine Vorfälligkeitsentschädigung für den entstandenen Zinsschaden ohne Berücksichtigung einer vereinbarten Sondertilgungsmöglichkeit zahlen muss (Aktenzeichen XI ZR 388/14). Eine Verbraucherzentrale hatte eine entsprechende Klausel in den Darlehensverträgen der beklagten Sparkasse beanstandet. Der streitige Passus lautete: „Zukünftige Sondertilgungsrechte werden im Rahmen vorzeitiger Darlehensvollrückzahlung bei der Berechnung von Vorfälligkeitszinsen nicht berücksichtigt.“ Ohne diese Klausel würde die Vorfälligkeitsentschädigung niedriger ausfallen, weil sich der Zinsschaden auf die Restvaluta entsprechend reduziert. Da die angegriffene Klausel eben diese Schadensreduzierung nicht zu Gunsten des Verbrauchers berücksichtigte, hat der BGH die Klausel nun gekippt.

Gesetzlich ist vorgesehen, dass der Kreditnehmer der Bank den Schaden, der durch eine vorzeitige Kündigung des Kreditvertrags entsteht, ersetzt. Der der Bank oder Sparkasse bis zum Ablauf der Zinsbindungsfrist (längstens aber für von 10 1/2 Jahre ab Vertragsbeginn) entstehende Zinsschaden wird durch die sogenannte Vorfälligkeitsentschädigung kompensiert. Sind Sondertilgungsrechte vereinbart, begrenzt dies die Zinserwartung des Kreditinstitutes. Nach zutreffender Argumentation des BGH führte es zu einer Überkompensation des Zinsschadens, wenn die begrenzte Zinserwartung als Folge der Sondertilgungsrechte bei der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung nicht berücksichtigt wird. Die beanstandete Klausel der beklagten Sparkasse benachteilige den Kunden daher unangemessen.

Die Entscheidung ist kaum überraschend, da sie die weitgehend übliche Praxis einer Einpreisung von Sondertilgungsrechten bei der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung wiederspiegelt. Für Bank- und Sparkassenkunden folgt daraus, dass sie bei einer vorzeitigen Rückzahlung ihres Darlehens innerhalb der Zinsbindungsfrist darauf achten sollten, ob vereinbarte Sondertilgungsrechte bei Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung berücksichtigt wurden.

Darlehenskündigung bei Zahlungsverzug

Aus Sicht der Banken und Sparkassen deutlich kritischer zu betrachten ist die zweite Entscheidung. In diesem Fall hatte das Kreditinstitut zwei Darlehen wegen Zahlungsverzugs gekündigt, fällig gestellt und von den Darlehensnehmern anstelle des gesetzlichen Verzugszinses eine auf den Vertragszins abstellende Vorfälligkeitsentscheidung verlangt (Aktenzeichen XI ZR 103/15). Um die Zwangsvollstreckung anzuwenden, hatte der spätere Kläger auch den noch offenen restlichen Teil der Vorfälligkeitsentschädigung gezahlt und anschließend die betroffene Kreissparkasse auf Rückzahlung verklagt.

Dieser Klage hat der BGH stattgegeben, nachdem die Vorinstanzen sie noch abgewiesen hatten. Besonders an diesem Fall ist allerdings, dass hier eine nur bis Juni 2010 geltende gesetzliche Verzugszinsregelung maßgeblich war, nicht aber die heute gültigen gesetzlichen Vorschriften. Der BGH stellt sich auf den Standpunkt, dass ab dem Zeitpunkt der Kündigung des Darlehens nur der seinerzeit gesetzlich vorgesehene Verzugszins und keine Vorfälligkeitsentschädigung von Seiten des Kreditinstituts beansprucht werden kann.

Die Pressemitteilung des BGH lässt indes nicht erkennen, ob im Falle einer über den Zeitpunkt der Darlehensrückzahlung hinausgehenden Zinsbindungsfrist diese Vorgabe noch bis zum Ablauf der Zinsbindungsfrist weiter gelten soll. Endet eine Schadenskompensation zu Gunsten des Darlehensgebers mit dem Zeitpunkt der Darlehensrückzahlung, bliebe der kündigende Darlehensgeber auf seinem Zinsschaden sitzen. Kreditnehmer könnten, wenn sich das Zinsniveau innerhalb der vereinbarten Zinsbindungsfrist zu ihren Gunsten ändert, die Zahlung der Darlehensraten einstellen, um so die Kreditkündigung durch die Bank oder Sparkasse zu provozieren. Der Darlehensnehmer würde dann seinem Kreditinstitut ab Wirksamwerden der Kündigung nur noch den gesetzlichen Verzugszins von 5 beziehungsweise 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszins schulden. Für den Zeitpunkt nach Tilgung der offenen Darlehensschuld würde demgegenüber trotz vereinbarter Zinsbindungsfrist keine Vorfälligkeitsentschädigung für den vertragsbrüchigen Darlehensnehmer anfallen. Für die Kreditwirtschaft hätte dies in Bezug auf Altverträge fatale wirtschaftliche Folgen. Hier wird es auf die schriftliche Begründung des Urteils ankommen.

Die aktuelle Gesetzeslage schließt einen solchen möglichen Missbrauch jedoch aus. Danach kann ein Kreditinstitut bei einer durch Zahlungsverzug begründeten außerordentlichen Kündigung auch bei grundpfandrechtlich besicherten Darlehen jedenfalls bis zum Ende der ursprünglich vereinbarten Zinsbindungsfrist eine Vorfälligkeitsentschädigung als Schadenersatz vom vertragsbrüchigen Kreditnehmer verlangen.

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