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Rechtsanwalt über das „ewige Widerrufsrecht“ „Die Abschaffung des Widerrufsjokers ist gar nicht vorgesehen“

Thomas Tüllmann ist Rechtsanwalt bei der Kanzlei Eversheds in Hamburg
Thomas Tüllmann ist Rechtsanwalt bei der Kanzlei Eversheds in Hamburg

Die Widerrufswelle bei Verbraucherkrediten rollt weiter. Der Grund: Eine Vielzahl von Widerrufsbelehrungen der Jahre 2002 bis 2010 war fehlerhaft. Das war weniger die Schuld der Banken, als die des Gesetzgebers und des Justizministeriums. Ersterer war nicht in der Lage, ein praktikables Gesetz zu schaffen, letzteres war nicht in der Lage, per Verordnung eine gesetzmäßige Musterbelehrung zu erlassen. Erst 2010 wurden Musterbelehrungen mit Gesetzesrang ausgestattet. Wer seitdem das vorgegebene Muster verwendete, hat gesetzmäßig belehrt.

Bemühungen um Verbesserung schlugen nach hinten los

Inzwischen hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass das bis 2010 verwendete Muster zwar falsch war, aber als gesetzmäßig zu betrachten ist. Banken, die das Muster unverändert übernommen haben, sind damit auf der sicheren Seite. 

Banken, die sich aber um Verbesserungen bemüht haben, haben oftmals gerade dadurch bewirkt, dass ihre Widerrufsbelehrungen nicht anerkannt werden – und mangels korrekter Belehrung beginnt der Lauf der Widerrufsfrist nicht. Verbraucheranwälte haben das Potential dieses „ewigen Widerrufsrechts“ erkannt und nutzen den „Widerrufsjoker“ in dem aktuell günstigen Zinsumfeld exzessiv, um ihre Mandanten aus alten Darlehensverträgen zu klagen. Die Risiken für die Banken sind gewaltig. 

Viele Hoffnungen ruhten daher auf dem Gesetz zur Umsetzung der EU-Wohnimmobilienkreditrichtlinie, das derzeit im Entwurf vorliegt. In dessen Rahmen sollte eine absolute Ausschlussfrist für Widerrufe von Verbraucherkrediten geregelt werden, die die Altfälle erfasst. Dem Widerrufsrecht sollte möglichst bald die Ewigkeit abgeschnitten werden. Verbraucherschützer laufen Sturm gegen die Idee und rühren die Werbetrommel: Wer nicht schnell widerrufe, dem drohe der Verlust des Jokers.  

Widerrufsjoker für Altfälle bleibt

Noch jüngst fand man den Hinweis, die Abschaffung des Widerrufsjokers stehe unmittelbar bevor, auch in der Wirtschaftspresse. Doch wer die 178 Seiten des Gesetzesentwurfs liest, stellt fest: Die Abschaffung des Widerrufsjokers ist gar nicht vorgesehen. Zwar sieht der Entwurf tatsächlich eine absolute Ausschlussfrist für Widerrufe vor: 12 Monate und 14 Tage nach Vertragsschluss soll das Widerrufsrecht spätestens enden. Die Frist gilt jedoch nur für Immobilienkredite und auch nur für solche, die nach dem 20.03.2016 abgeschlossen wurden.