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Rechtsexperte von Hauck & Aufhäuser „Crowdinvestments benötigen klare Regeln“

Ludger Wibbeke leitet den Bereich Asset Servicing für Sachwerte bei der Frankfurter Privatbank Hauck & Aufhäuser.
Ludger Wibbeke leitet den Bereich Asset Servicing für Sachwerte bei der Frankfurter Privatbank Hauck & Aufhäuser. | Foto: Hauck & Aufhäuser

Crowdinvestments locken mit hohen Renditeversprechen, niedrigen Einstiegssummen und einfachstem Zugang per Mausklick. Entsprechend beliebt sind vor allem entsprechende Immobilienanlagen bei Anlegern. Zum ihrem Schutz sollten die Schwarminvestments allerdings auf dem gleichen Niveau reguliert werden wie andere Kapitalanlageprodukte auch. Denn nur wenn böse Überraschungen ausbleiben, wird die junge Branche nachhaltigen Erfolg haben.

Zinsen von vier bis sieben Prozent pro Jahr

Crowdinvestments im Immobiliensegment sind weiter auf Wachstumskurs. Nach einem starken Jahr 2017, als die Schwarmfinanzierung von Immobilienprojekten einen Volumenzuwachs von stattlichen 221 Prozent verzeichnete, haben Anleger in den ersten vier Monaten 2018 mit 50,7 Millionen Euro nochmals rund 33 Prozent mehr investiert als im Vorjahreszeitraum.

Angesichts des noch immer anhaltenden Niedrigzinsumfelds ist dieser Zuspruch nachvollziehbar, versprechen Crowdinvestments in Immobilien doch jährliche Zinsen von vier bis sieben Prozent bei sehr überschaubaren Laufzeiten. Zudem sind die Einstiegshürden niedrig: Geringe Mindestanlagesummen und eine einfache und komfortable Abwicklung locken insbesondere Privatanleger in ein Segment, das zuvor vielfach institutionellen Investoren vorbehalten war.

Weniger nachvollziehbar indessen erscheint gerade mit Blick auf den Erfolg der Anlageform, dass für sie weiterhin andere Regeln gelten als für viele andere Kapitalanlageprodukte. Zwar hat die EU-Kommission vor gut zwei Monaten einen Verordnungsentwurf vorgelegt, der auf eine EU-weit einheitliche Regulierung von Crowdfunding abzielt, das als Oberbegriff für unterschiedliche Formen der Schwarmfinanzierung auch das Crowdinvesting umfasst beziehungsweise umfassen soll.

Was die Verordnung der EU-Kommission regeln soll

Dabei geht es aber vorrangig um Regeln zum grenzüberschreitenden Angebot einzelner Plattformen, für das der Entwurf analog etwa zu Investmentfonds einen EU-Pass vorsieht. Nationale Vorschriften soll die Verordnung nicht ersetzen; vielmehr sollen Crowdfunding-Plattformen künftig wählen können, ob sie sich dem EU- oder einem nationalen Regime unterwerfen wollen. In Deutschland sieht dieses für einen Großteil der Angebote weiterhin eine Sonderstellung im Vergleich zu dem Großteil anderer Anlageprodukte vor.

So hat der Gesetzgeber vor Jahresfrist versäumt, eine von der damaligen Bundesregierung angeregte Verschärfung für Crowdinvestments im Immobilienbereich umzusetzen. Seinerzeit ging es darum, bestimmte Privilegien abzuschaffen, die als Starthilfe für das Segment gedacht waren – wobei der Fokus seit jeher weniger auf Immobilienfinanzierungen als auf neuen Finanzierungsformen für junge Wachstumsunternehmen lag.

Insbesondere ging es im vergangenen Jahr darum, Schwarminvestment-Angebote im Bereich der Finanzierung von Immobilienprojekten nicht länger von der Prospektflicht zu befreien. Voraussichtlich mindestens bis zur nächsten turnusmäßigen Evaluierung sieht das einschlägige Vermögensanlagegesetz in Verbindung mit dem Kleinanlegerschutzgesetz vor, dass ein Prospekt entbehrlich ist, sofern das vermittelte Investitionsvolumen 2,5 Millionen Euro nicht überschreitet und einzelne Anleger nicht mehr als 1.000 Euro investierten. Bei einer Selbstauskunft über ausreichende Vermögensverhältnisse dürfen es auch bis zu 10.000 Euro sein.

Hohe Zinsen über höheres Risiko erkauft

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Nun ist ein Prospekt allein kein Gütesiegel. Und gerade bei kleinvolumigen Investments lässt sich anführen, dass der Aufwand für die Erstellung eines Prospekts, den ohnehin kaum ein Anleger von Anfang bis Ende liest, in keinem Verhältnis zu den erzielbaren Erträgen steht. 

Zudem, heißt es häufig aus Branchenkreisen, führten die Einführung einer Prospektpflicht und weitere regulatorische Auflagen nicht nur zu höheren Kosten und verlängerten Laufzeiten, sondern vor allem für einen Verlust an just jener Flexibilität, die Immobilien-Crowdinvestments so attraktiv mache – und damit zwangsläufig zu geringeren Renditen.

Dem ist entgegenzuhalten, dass etlichen Schwarm-Anlegern nicht bewusst sein dürfte, dass sie sich die hohen Zinszahlungen über ein entsprechendes Risiko erkaufen. Bislang ist im Immobiliensegment zwar erst ein Fall bekannt, in dem Anleger ihr Kapital aller Wahrscheinlichkeit nach nicht mehr zurückerhalten werden: Durch die Insolvenz des für den Mikro-Apartment-Bau „Luvebelle“ in Berlin zuständigen Trägers gehen vermutlich gut 270 Anleger leer aus. Fraglich erscheint aber, ob es dauerhaft bei diesem Einzelfall bleiben wird.

Klar ist, dass die bloße Existenz eines Prospekts derartige Risiken nicht ausschalten kann. Dennoch wäre wünschenswert, dass sie künftig in deutlich stärker standardisierter Form benannt werden, als dies heute der Fall ist. Das bislang vorgeschriebene Vermögensinformationsblatt (VIB) erscheint hier angesichts erheblicher Gestaltungsspielräume kaum ausreichend. Sinnvoll wäre vielmehr, auch für die bislang befreiten kleinvolumigen Projekte zumindest eine Art „Prospekt light“ zu verlangen. Gleichzeitig sollten VIB und Produktinformationsblätter (PIB) beziehungsweise wesentliche Anlegerinformationen (Key Investor Information Document, KIID) harmonisiert werden, um den Anlegern zu ermöglichen, Crowdinvestments mit anderen Anlagevehikeln zu vergleichen.

Strengere Regulierung wirkt sich positiv aus

Insbesondere den Kleinanlegern, als der wichtigsten Zielgruppe, ist zudem klar und nachvollziehbar zu vermitteln, in welche Strukturen sie investieren. Schließlich können Schwarminvestments unterschiedlich strukturiert sein und damit unterschiedlichen Vorschriften und Risiken unterliegen. Je nachdem, ob es sich um Aktien, klassische oder besicherte Darlehen oder wie bei den meisten Immobilienfinanzierungen um Nachrangdarlehen handelt, ändert sich das Profil des Investments.

Naturgemäß stoßen Regeländerungen oder -verschärfungen bei den Betroffenen regelmäßig auf Widerstand. Crowdinvestment-Anbieter seien hier beispielhaft auf die Beteiligungsbranche verwiesen: Auch diese hat seinerzeit große Skepsis gegenüber der umfassenden Neuregulierung ihrer Branche gezeigt. Mittlerweile aber hat sich die Meinung durchgesetzt, dass die neuen Regeln für Beteiligungsangebote durch das Kapitalanlagegesetzbuch einen entscheidenden Qualitätsschub mit sich gebracht haben. Eine solide und einheitliche Regulierung, die sich stärker an derjenigen für andere Kapitalmarktprodukte orientiert, könnte letztlich die gleiche Konsequenz für die noch junge Branche der Crowdinvestments haben und entsprechende Investments zu einer echten Alternative für breite Anlegerschichten machen.

Der Autor

Rechtsanwalt und Regulierungsspezialist Ludger Wibbeke leitet den Bereich Sachwerte in der Asset-Servicing-Sparte der Privatbank Hauck & Aufhäuser. Wibbeke betreut Fondsgesellschaften, Asset Manager und institutionelle Investoren aus Deutschland und Luxemburg, die sich auf Alternative Investmentfonds spezialisiert haben.

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