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Rechtstipp „Nürnberger Lebensversicherung korrigiert alten Rechtsfehler“

Kunden von Lebensversicherungen müssen auf der Hut sein. „Wer aktuell Post von seiner Versicherung bekommt und nachträglich über sein Widerspruchsrecht belehrt wird, hat nur noch 14 Tage Zeit, um sich von seiner Sparpolice ohne Verlust zu trennen“, erklärt Rechtsanwalt Ralf Koch von der Kanzlei Göddecke Rechtsanwälte in Siegburg. Die Versicherungen haben aktuell ein ganz ähnliches Rechtsproblem wie die Kreditwirtschaft beim Widerrufsjoker. „Im Kern geht es um die gleiche Sache. Nur dass der 'Widerruf' bei Lebensversicherungen 'Widerspruch' heißt“, sagt Rechtsanwalt Koch.

Das Rechtsproblem ist hausgemacht. Viele Lebensversicherungen haben ihre Kunden jahrelang bei Vertragsabschluss falsch über das Widerspruchsrecht belehrt. Als Folge beginnt die sonst übliche Frist von 14 Tagen nicht zu laufen. Der Kunde kann dem Vertrag dann auch Jahre später noch widersprechen.

Versicherung schickt neue Widerspruchsbelehrung an Kunden mit alten Verträgen


Es sei denn, die Versicherung erkennt ihren Fehler und belehrt ihre Kunden nachträglich. Genau das macht derzeit beispielsweise die Nürnberger Versicherungsgruppe. Diese prüft nach eigener Aussage „momentan Verträge, die in der Zeit vom 29.07.1994 bis zum 31.12.2007 geschlossen wurden.“ Der Kanzlei Göddecke Rechtsanwälte liegen bereits mehrere Nachbelehrungen der Nürnberger Versicherungsgruppe vor.

Rechtsanwalt Ralf Koch rät: „Nach der erneuten Widerspruchsbelehrung sollten sich die versicherten Kunden schnell Klarheit über ihre eigenen Interessen verschaffen. Wer den Vertrag wirklich nicht mehr möchte, sollte sofort handeln und schriftlich widersprechen.“ Denn ab Zugang einer korrekten Nachbelehrung gilt nur noch die übliche Frist von 14 Tagen für den Widerspruch. Um diese Frist einzuhalten, muss der Kunde den Widerspruch nachweislich rechtzeitig absenden.

Sparpolice ohne Verlust vorzeitig beenden


Der Widerspruch lohnt sich. „Es gibt keine bessere Möglichkeit, eine unrentable Sparpolice vorzeitig zu beenden“, sagt Rechtsanwalt Koch. Das gilt für die kapitalbildende Lebensversicherung, die fondsgebundene Lebensversicherung und die private Rentenversicherung.

Die Alternativen sind alles andere als vorteilhaft: Bei einer Kündigung kassiert die Versicherung hohe Stornoabschläge. Die gleichen Abschläge werden auch bei der Beitragsfreistellung fällig. Der Kunde bekommt so regelmäßig nur den so genannten Rückkaufswert. „Das ist oft genug nicht einmal die Summe aller eingezahlten Beiträge“, kritisiert Rechtsanwalt Ralf Koch.

Offenbar wissen viele Verbraucher gar nicht, dass sie ihre kapitalbildende Lebensversicherung oder private Rentenversicherung mit einem Widerspruch ohne Verluste auflösen können. Nach wie vor sind die Stornoquoten bei Lebensversicherungen hoch. Laut GDV, dem Branchenverband der Versicherungswirtschaft, betrug die Stornoquote 2013 immerhin 3,32 Prozent. Bezogen auf die rund 85 Millionen kapitalbildenden Lebensversicherungen und Rentenversicherungen kommt da einiges an Vertragskündigungen zusammen. „Jedes Jahr nehmen Millionen Menschen die Nachteile einer Kündigung ihrer Lebensversicherung hin“, sagt Rechtsanwalt Koch. Hinzu kommen all jene, die sich auf die ebenso nachteilige Beitragsfreistellung einlassen.

Dabei könnten viele Lebensversicherte ihrer Sparpolice widersprechen und so ihre Ersparnisse retten. Denn nach einem Widerspruch wird der Vertrag komplett rückabgewickelt.

Die Versicherung darf beim Vertragswiderspruch nur in sehr begrenztem Umfang Abzüge geltend machen. Das sind im Wesentlichen Beitragsanteile, die für das abgesicherte Sterbefallrisiko kalkuliert wurden. In kleinem Umfang können das auch Steuern auf Gewinne sein. Aber die muss die Versicherung genau nachweisen. Bei einer fondsgebundenen Lebensversicherung kommt eventuell ein Verlust des Fonds hinzu. „Alle anderen Abzüge, die Versicherungen bei einem Widerspruch gerne üppig in Abzug zu bringen versuchen, können wir erfolgreich abwehren“, verspricht Rechtsanwalt Ralf Koch.

Die Versicherten können nicht nur Beiträge zurückverlangen. In vielen Fällen können sie auch eine Nutzenentschädigung geltend machen. „Das ist das Sahnehäubchen des Vertragswiderspruchs. In aller Regel holen wir für Versicherungskunden bei einem Widerspruch erheblich mehr raus als nur den Rückkaufswert. Mit Nutzenentschädigung ist das mitunter mehr als das Doppelte der eingezahlten Beiträge“, sagt Rechtsanwalt Ralf Koch von der Kanzlei Göddecke Rechtsanwälte.

Kunden sollten nach erneuter Widerspruchsbelehrung sofort handeln

Die Nürnberger Versicherungsgruppe gibt sich in den Anschreiben zur nachträglichen Widerspruchsbelehrung offen und transparent. Tatsächlich verweist sie auf entscheidende Urteile vom Bundesgerichtshof (BGH). Letzteres hat im Mai 2014 erstmals den Widerspruchsjoker bei Lebensversicherungen bestätigt, also das zeitlich unbefristete Widerspruchsrecht aufgrund einer fehlerhaften Widerspruchsbelehrung.

Trotzdem lässt die Nürnberger die nachbelehrten Kunden im Unklaren. Denn sie bezweifelt, dass sie bei der ersten Widerspruchsbelehrung überhaupt Fehler gemacht habe. Damit zweifelt sie gleichzeitig an, dass die neue Widerspruchsbelehrung überhaupt greift. Und mit dieser erneut eine reguläre Frist für den Widerspruch von 14 Tagen. Die Kunden sind irritiert.

Die Kanzlei Göddecke Rechtsanwälte bringt Klarheit in die Angelegenheit. Rechtsanwalt Ralf Koch rät: „Widersprechen Sie umgehend, sofern Sie den Vertrag loswerden wollen! Die Frage, ob die neue oder alte Widerspruchsbelehrung greift, ist zunächst nebensächlich. Diese Frage stellt sich nur, falls sich die Versicherung später einem Widerspruch verweigert.“ Koch hat für seine Mandanten die alten Belehrungen vorsorglich unter die Lupe genommen. Der Rechtsanwalt ist sicher, „dass diese Widerspruchsbelehrungen der Nürnberger mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit vor Gericht keinen Bestand haben werden.“

Rechtsanwalt rechnet beim Widerspruch mit Widerstand der Versicherungen

Mit etwas Widerstand gegen Widersprüche ist bei Versicherungen grundsätzlich zu rechnen. Gut möglich, dass Versicherungen Kunden zuerst nachträglich belehren und dann nach einem Widerspruch versuchen, die Kunden ins Leere laufen zu lassen. „Wundern würde mich so ein Verhalten nicht. So etwas kennen wir schon von Banken beim Kreditwiderruf. Manche reagieren eben erst, wenn der Kunde einen Rechtsanwalt einschaltet“, sagt Koch.

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