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Aktualisiert am 16.05.2018 - 17:07 UhrLesedauer: 4 Minuten
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Regulierung von Referenzzinsen „Wegfall des Libor ist sehr wahrscheinlich“

Die britische Finanzaufsicht Financial Conduct Authority (FCA) fordert das Aus für den Libor als Referenzsatz bis Ende 2021. Der Libor-Regulierer ist besorgt über die fehlende Liquidität im zugrunde liegenden Markt.

Das Thema mag vielleicht etwas abstrakt klingen. Für Kreditnehmer ist es aber von grundlegender Bedeutung: Sehr viele Verbraucher weltweit haben mindestens einen Kredit, der an die London Interbank Offered Rate (Libor) gebunden ist. Ändert sich der Libor, tun dies auch die Zinszahlungen für rund 300 Billionen Euro, die zum Beispiel als Studentenkredite und Hypotheken vergeben worden sind.

Jahrzehntelang setzte die Finanzwelt ihr Vertrauen in die London Interbank Offered Rate (Libor) als Referenzzinssatz für ein breites Spektrum von Finanzinstrumenten rund um den Globus. Die Marktteilnehmer waren der Meinung, dass der Libor den durchschnittlichen Zinssatz abbildet, den eine Gruppe führender Londoner Banken sich gegenseitig für einen Kredit berechnen.

Strafzahlungen in Höhe von 8,5 Milliarden Euro

Skandale haben das Vertrauen in den Libor in den vergangenen fünf Jahren jedoch untergraben. 2012 deckten die Aufsichtsbehörden in den USA und Europa eine betrügerische Absprache zwischen einigen Banken zur Manipulation des Libor auf. Bis Ende 2016 zahlten zwölf Banken Strafen in Höhe von insgesamt 8,5 Milliarden Euro.

Die FCA rechnet damit, dass der Markt in den nächsten vier Jahren zu einer alternativen Benchmark übergeht. Die Banken teilen derzeit weiterhin ihre Zinssätze mit, um den Libor auf freiwilliger – und nicht verpflichtender – Basis bis Ende 2021 aufrechtzuerhalten und damit den Übergang zu einer neuen Benchmark zu erleichtern.

Ungewisse Zukunft des Libor

Es ist noch nicht absehbar, ob der von der FCA genannte Termin 2021 endgültig ist. Wir halten den Wegfall des Libor jedoch für sehr wahrscheinlich. Die Skandale der Vergangenheit haben die Glaubwürdigkeit des Libor verringert. Der Kern des Problems: Der Referenzzins ist abhängig von den Einschätzungen von Branchen-Insidern darüber, wie hoch die Sätze für Interbankenkredite sein sollten – und nicht von den tatsächlichen Handelsniveaus.

Eine US-Alternative zum Libor?

Wir halten einen mittelfristigen Wechsel vom Libor zu einem alternativen Referenzzinssatz für wahrscheinlich. Im Juni dieses Jahres schlug die Federal Reserve Bank of New York eine Alternative zum Libor vor: den Repo-Finanzierungssatz Broad Treasury Repo Financing Rate (BTFR). Dieser Satz wird ab dem ersten Halbjahr 2018 täglich veröffentlicht werden.

Der BTFR unterscheidet sich in vielerlei Hinsicht vom Libor. Er ist ein besicherter Zinssatz. Das bedeutet für einen Anleger ein niedrigeres Risiko, und er ist daher in der Regel niedriger als der unbesicherte Libor-Satz. Der BTFR ist ein Tagesgeldsatz. Der Libor hingegen wird für fünf Währungen vorgelegt und hat sieben verschiedene Laufzeiten: Tagesgeld, eine Woche und ein, zwei, drei, sechs und zwölf Monate. Für die einzelnen Laufzeiten müsste eine Anpassung dieser Sätze erfolgen.

Es ist allerdings nicht klar, welcher Referenzsatz tatsächlich den Libor ablösen könnte. Wir halten es noch für verfrüht, um konkrete Theorien aufzustellen, welcher Satz oder welche Methode den Libor ablösen wird, wie sanft ein solcher Übergang verlaufen und wie er sich auf die Märkte, die von diesem Referenzzinssatz abhängig sind, auswirken wird.

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