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Rentenfonds-Experte Marktausblick Europa: Macron muss jetzt liefern!

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Macron muss jetzt liefern

Ob Macron das Angekündigte auch umsetzen kann, hängt davon ab, wie seine Partei bei den Parlamentswahlen im Juni abschneidet. Mit dem Schwung aus der Präsidentschaftswahl wird seine Partei nach den neuesten Prognosen zwischen 240 und 280 Sitze erringen, was auch für uns realistisch scheint.

Unser anderes Kernszenario ist eine Koalition, unter der eine wiederbelebte republikanische Partei eine beträchtliche Anzahl von Sitzen gewinnt und Macron dazu zwingt, einen Mitte-Rechts-Premierminister zu wählen. Aber selbst dann würde Macron eine gute Chance haben, Reformen durchführen, da viele Republikaner seinen unternehmensfreundlichen Ansatz teilen. Macron ist eine versöhnliche, pragmatische Figur und kann Allianzen aufbauen. Ein drittes Szenario, in dem das Parlament zwischen mehreren verschiedenen Parteien aufgeteilt wird, würde größere Hürden darstellen, aber dieses Ergebnis ist weniger wahrscheinlich.

Realistischer sind jedoch zivile Unruhen, wie sie François Hollande bei der Verabschiedung seiner Arbeitsreformen erlebt hat. In der Tat gab es schon seit Macrons Sieg Gewerkschaftsdemonstrationen in Paris. Aber als ehemaliger Wirtschaftsminister unter Hollande wird Macron aus den Fehlern seines Vorgängers gelernt haben und sicherstellen, dass die notwendige politische Unterstützung vorhanden ist, bevor er solch einen Prozess beginnt. Macrons Versprechen, mehr für Ausbildung und lebenslange Weiterbildungsprogramme für entlassene Arbeitnehmer auszugeben, könnte zudem die harten Arbeitsreformen etwas versüßen.

Die Einheit Europas stärken

Als Pro-Europäer möchte Macron die Eurozone wieder stärken. Seine Chancen dafür stehen gut: So ziemlich jedes europäische Regierungsoberhaupt hat seine Kandidatur befürwortet. Besonders große Unterstützung erhielt er aus den südeuropäischen Ländern. Der ehemalige griechische Wirtschaftsminister Yanis Varoufakis hat Macron unterstützt, da dieser die Interessen Griechenlands während der Schuldenkrise 2015 vertreten hätte.

Dieser Beistand ist sehr wichtig, weil die Beziehung zwischen Nord- und Südeuropa für die Zukunft der Eurozone entscheidend sein wird. Daher könnte Macron eine große Rolle bei der Stärkung der europäischen Einheit spielen.

Etablierte Beziehung zu Angela Merkel

Von Vorteil ist auch eine schon etablierte Beziehung zu Angela Merkel, obwohl jegliche Fortschritte und Reformbemühungen in der EU erst nach den deutschen Wahlen im September starten können. Nachdem der Populismus in Frankreich und den Niederlanden vorerst zurückgedrängt wurde, bildet Italien die größte Bedrohung für die Zukunft der Eurozone. Frankreich und Deutschland müssen zeigen, dass sie mit Italien arbeiten können, um dem Land dabei zu helfen, eine stärkere Wirtschaft aufzubauen.

Wenn die euroskeptische Stimmung in Italien vor den Parlamentswahlen im kommenden Jahr stärker wird, könnte die Fünf-Sterne-Bewegung, die ein Referendum über die Mitgliedschaft in der Eurozone befürwortet hat und derzeit in den Umfragen vorne liegt, an die Macht kommen.

Brexit bleibt Herausforderung

Eine weitere Herausforderung bleibt der Brexit. Macron ist pragmatisch und weiß, dass eine reibungslose Verhandlung über die Bedingungen des britischen Ausstiegs aus der EU im besten Interesse beider Parteien ist. Trotzdem hat er den Brexit als schwerwiegenden Fehler beschrieben. Daher erwarten wir von ihm einen klaren Standpunkt, dass Großbritannien die EU nicht verlassen und trotzdem weiter die Vorteile der Mitgliedschaft genießen kann.

Zudem kann das Vereinigte Königreich auch sogenannte Passporting-Rechte für Finanztransaktionen verlieren, wenn es diese harte Haltung beibehält. Paris kämpft bereits mit anderen europäischen Städten darum, Unternehmen aus London anzulocken, obwohl Luxemburg und Frankfurt wahrscheinlich besser positioniert sind, Finanzdienstleistungsunternehmen für sich zu gewinnen.

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