LinkedIn DAS INVESTMENT
Suche
in NewsLesedauer: 4 Minuten

Robert Halver „Die schöne Seite eines Handelskriegs“

Seite 2 / 2

Der deutsch-französische Vorschlag eines gemeinsamen Euro-Budgets  – im ursprünglichen EU-Einigungswerk und noch vor kurzem in Berlin als Teufelszeug verschrien  – ist bereits die Ouvertüre, den Corpsgeist zu stärken. Auch das Erpressungspotenzial, das Italien aufgrund seiner Euro-gefährdenden Verschuldung und angesichts seiner Flüchtlingskrise hat, eignet sich hervorragend als Schleifmittel für die spitzen deutschen Stabilitätshörner. Koste es, was es wolle, aber politische Börsen haben in Europa weiter kurze Beine.

Nie waren deutsche Aktien so Polit-emanzipiert wie heute

Makroökonomisch droht dem europäischen Wirtschaftsstandort durch harte Handelspolitik durchaus massiver Schaden. Doch weiß Europa um seine offene Handelsflanke und wird diese tatsächlich früher oder später mit bravem Entgegenkommen in Richtung Trump schließen. Mikroökonomisch picken sich die weltweit mobilen europäischen und deutschen Aktienunternehmen ohnehin die Rosinen heraus.

Sie investieren dort, wo sie die höchsten Renditen erzielen. Und solange sie in Deutschland ihren Verwaltungssitz haben, profitieren sie als Mitglieder in deutschen Aktienindices trotz Trump wegen Trumps Konjunkturmaßnahmen. Und als Jobschaffende in Amerika werden sie vom Kettenhund Trump weitgehend in Ruhe gelassen. 

Das Positive an einem Handelskrieg

Eine sich über Handelskonflikte abschwächende Weltwirtschaft sorgt immerhin für nachlassenden Inflationsruck, weil z.B. die Rohstoffpreise wegen schwächerer Nachfrage fallen. Doch wo keine Inflation, da keine restriktive Geldpolitik. Es ist absurd, aber eine fulminante Konjunkturerholung in Europa wäre für Aktien sogar fatal. Denn dann müsste selbst die EZB ihre Liquiditätssause, die die Aktienmärkte in den letzten 10 Jahren maßgeblich gestützt hat, beenden. Doch mit Trumps Handelsgemetzel hat Mario Draghi keinen Anlass, den Liquiditätsmörder zu spielen. Zinsvermögen als Alternative zu Aktien scheidet also weiter aus. Diese Zinsentspannung kommt über den Euro der börsennotierten Exportindustrie zugute.

Steherqualitäten des Aktienmarkts nicht unterschätzen

Bislang hat der Aktienmarkt nach kurzer Konsolidierung alles weggesteckt. Solange es nicht zum finalen Systemzusammenbruch kommt, ist weiter mit robusten Aktienmärkten zu rechnen.

Um die heutigen Aktienmärkte zu verstehen, muss man ohnehin politisch denken. (Geld-)Politiker haben die Erfahrung gemacht, dass ein Aktieneinbruch heute, der über Medien jedem und jeder vors Auge geführt wird, morgen über Verunsicherung zu einem Konjunktureinbruch führt. Ein gebranntes Politiker-Kind scheut das Feuer.

Der Aktienmarkt ist weit davon entfernt, zusammenzubrechen. Im Trend ist über den Sommer von einem volatilen Seitwärtstrend auszugehen. Dem kann man mit regelmäßigen Sparplänen gut begegnen.  

Insgesamt wird der Aktien-Sommer freundlich, auch wenn ab und zu ein paar Wolken zu sehen sind.

Autor Robert Halver leitet die Kapitalmarktanalyse der Baadert Bank in Frankfurt.

Wie hat Ihnen der Artikel gefallen?

Danke für Ihre Bewertung
Leser bewerteten diesen Artikel durchschnittlich mit 0 Sternen
Tipps der Redaktion