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Robert Halver „Schlaraffenland ist abgebrannt“

Fordert mehr Selbstbewusstsein von Europas Politik: Robert Halver, Leiter der Kapitalmarktanalyse bei der Baader Bank in Frankfurt
Fordert mehr Selbstbewusstsein von Europas Politik: Robert Halver, Leiter der Kapitalmarktanalyse bei der Baader Bank in Frankfurt | Foto: Baader Bank

Die USA waren nicht nur unser treuer Beschützer. Als Bewahrer des Freihandels sorgte Amerika vor allem dafür, dass der Export zum erfolgreichen deutschen Geschäftsmodell wurde. Doch mit Trump ist Schmalhans Küchenmeister im Weißen Haus geworden.

Das Schlaraffenland Made in USA wird geschlossen

Einen Vorgeschmack auf die amerikanische Handels-Diät bietet Trumps Iran-Politik. Mit seiner einseitigen Kündigung des Atomabkommens hat er ganz Europa außenwirtschaftliche Magerkost verordnet: Wenn unsere Unternehmen ihre Geschäftsaktivitäten im Iran nicht beenden, drohen ihnen in den USA Sanktionen. Wie drakonisch diese ausfallen können, haben die Milliardenstrafen für europäische Banken im Nachgang der Immobilienkrise gezeigt. Jedes europäische Unternehmen, dessen Management noch ganz bei Trost ist, wird sich jetzt aus dem Iran zurückziehen. Die im Vergleich zum Iran deutlich praller gefüllten Fressnäpfe in Amerika genießen Priorität. Niemand will es sich mit Küchen-Häuptling „Tweeting Bull“ verscherzen.

Sollte Amerika Anfang Juni auch noch nachhaltige Zölle auf europäische Stahl- und Aluminiumimporte verhängen, wird die EU schon aus Gründen der Gesichtswahrung Gegenmaßnahmen ergreifen. Diese würde Trump wiederum mit weiteren Zöllen auf zum Beispiel deutsche Autos beantworten. Im schlimmsten Fall wird das nährreiche Geschäftsmodell Export zu low carb.  

Aktuell muss man zwar noch nicht unken. Der Welthandel zeigt sich noch nicht „diätös“. Doch hat sich die Exportstimmung in Deutschland bereits eingetrübt. Fast ein Viertel der vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag befragten deutschen Unternehmen sieht in der steigenden Zahl von Handelsbarrieren und der Bevorzugung der eigenen Unternehmen - übrigens nicht nur in Amerika - ein Handelsrisiko.

Grafik: Welthandelsvolumen und ifo Exporterwartungen der deutschen Industrie

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Viele Köche verderben den europäische Brei

Aufgrund der bislang von Amerika ausgelösten Fresswelle galt in Europa und Deutschland bis dato das Motto „Voller Bauch studiert nicht gern“. Doch jetzt droht uns Trump Magerquark an. In solchen hungrigen Zeiten offenbaren sich die Qualitäten von Politikern. So haben Adenauer mit seiner deutsch-französischen Annäherung, Schmidt mit der deutsch-französischen Freundschaft und Kohl gemeinsam mit Mitterand als Vollender der Europäischen Union in entscheidenden Zeiten den europäischen Herd immer warmgehalten. Und gegen Trump muss Europa jetzt vereint die nächste Küchenschlacht gewinnen. Wir dürfen uns nicht auf FdH setzten lassen. Sonst macht Trump uns mit den Hunger Games zu seiner Kaltmamsell. 

Die Vorschläge Macrons für mehr Europäische Integration muss man ja nicht zu 100 Prozent gutheißen. Aber eine klare Antwort darauf oder noch besser konkrete Gegenvorschläge sind die klare Bringschuld Deutschlands. Das passive Moderieren und das bloße Schwingen der Moralkeule in Berlin gegen Trump bringen keinen Erfolg. Hilfreich ist es auch nicht, wenn sich deutsche Parteien dem Kochkurs verweigern: „Lieber politisch nicht kochen als schlecht kochen.“ Wenn Polit-Deutschland in dieser ernsten Lage Europas nicht ordentlich den Kochlöffel schwingt, wann dann?

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