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Robert Halver über manipulierte Währungen „Wer ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein“

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Selbst wenn sie ihre Anleihe-Neukäufe gänzlich einstellt, bleibt die Liquiditätsausstattung der Eurozone wegen der Wiederanlage fällig werdender Papiere im Besitz der EZB dennoch auf Rekordniveau. Leitzinserhöhungen sind ohnehin erst im Herbst 2019 ein Thema. Und dann werden sie so langsam passieren, dass eine Schnecke dagegen ein Überschalljet ist.

Schamlos geschönte Inflationsraten

Immer noch schwache Inflationsaussichten und diverse Euro-, Polit-, Finanz- und Schuldenkrisen sind für die EZB wie eine gut gefüllte Pralinenpackung, aus der man sich je nach Geschmack die passenden Argumente auswählen kann. Ähnlich wie ein Anti-Mücken-Spray soll ein schwaches europäisches Zinsumfeld unliebsame Euro-aufwertende Zuflüsse in den Euroraum verhindern.

Schließlich sind auch die Japaner keine währungspolitischen Heiligen. Da die Binnenkonjunktur wegen Überalterung und Überschuldung seit unzähligen Jahren erbärmlich schwach ist, will man sich den wirtschaftlichen Jungbrunnen Export nicht zuschütten lassen. De facto betreibt Japans Nullzins-Notenbank eine hemmungslose Abwertungspolitik. Und da die Inflationsdaten so schamlos nach unten geschönt sind, ist mit restriktiver und daher währungsstärkender Zinspolitik erst dann zu rechnen, wenn Japan „reisfrei“ ist.

Wer ohne währungspolitische Sünde ist, werfe den ersten Stein

Es wird kein Stein jemals den Boden verlassen. Auch wenn sie es niemals zugeben würden, entpuppen sich Geldpolitiker aller Länder als Währungsdrücker. Der globale Währungsabwertungswettlauf ist keine Verschwörungstheorie, sondern eine Tatsache. Der Export-Darwinismus ist überall zu Hause.

Die Politik übt hierbei viel Druck aus, so dass die stabilitätspolitische Unabhängigkeit von Notenbanken nicht mehr uneingeschränkt als heilige Kuh gilt. Welcher Politiker in Europa z.B. stört sich denn noch ernsthaft daran, dass der Euro entgegen aller anfänglichen Versprechungen doch nicht so stabil wie die D-Mark ist. Für Außenhandel und Wirtschaftswachstum holt man doch gerne das große Schlachtermesser heraus. 

Allerdings, wenn alle ihre Währungen schwächen, wird am Ende keine Währung wirklich schwach sein können. Wechselkurse werden ja immer X gegen Y gerechnet. Dennoch versuchen es alle unbeirrt weiter.

Resultat ist ein anhaltendes Ersaufen der Finanzmärkte in zinsgünstiger Liquidität. Zinspapiere bleiben nachhaltig - vor allem nach Inflation - so attraktiv wie Karies und Parodontose. Dagegen hält die globale Währungsmanipulation die Liquiditätshausse am Aktienmarkt lebendig. Auch das ist Realität, keine Fake News.

Autor Robert Halver ist Leiter der Kapitalmarktanalyse bei der Baader Bank in Frankfurt.

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