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Rohstoffmarkt Was bedeutet teures Öl für Aktien und Anleihen?

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Indirekte Wirkungen auf Aktien

Deutlich größer aber könnten die indirekten Auswirkungen auf die Aktienmärkte — und die Wirtschaft insgesamt — sein. Diese dürften zudem unterschiedlicher Natur sein. Zum einen könnte sich die US-amerikanische Notenbank (Fed) infolge eines höheren Ölpreises gezwungen sehen, die Zinsen schneller zu straffen.

Bei ihren Entscheidungen über das Tempo ihrer geldpolitischen Straffung orientiert sich die Fed bekanntermaßen an der Kerninflation — die keine Lebensmittel- und Energiepreise berücksichtigt — und nicht an der Gesamtinflationsrate. Daher nehmen viele an, dass ein höherer Ölpreis keine Auswirkungen auf die für die Fed maßgebliche Inflationskennzahl hätte.

Tatsächlich aber kann und wird sich ein höherer Ölpreis auch in der Kerninflation niederschlagen. Das hat die US-amerikanische Notenbank selbst bestätigt: „Schwankungen des Ölpreises haben begrenzte, aber langanhaltende Auswirkungen auf die Kerninflation“, hieß es 2017 in einer Fed-Erklärung (Quelle: FEDS Notes, Cristina Conflitti und Matteo Luciani, Oktober 2017).

Ölpreis treibt Kerninflation

Daher könnte der höhere Ölpreis über eine höhere Kerninflation — die durch andere inflationäre Kräfte wie das Lohnwachstum und Zölle auf Güter wie Aluminium und Stahl zusätzlich befeuert wird — die Fed dazu veranlassen, auf aggressivere Zinserhöhungen zu setzen.

Das würde die Wirtschaft belasten und damit die Aktienkurse unter Druck setzen. Zugegebenermaßen dürfte eine solche Entwicklung erst mit erheblicher Verzögerung eintreten. Da ihre Auswirkungen zudem gewöhnlich begrenzt sind, halte ich dies nicht für einen bedeutenden kurzfristigen Sorgenfaktor. Komplett außer Acht lassen sollten wir dieses Szenario aber auch nicht.

Folgen für US-Staatsanleihen

Dann sind da noch die potenziellen Auswirkungen eines höheren Ölpreises auf die Rendite der zehnjährigen US-amerikanischen Staatsanleihe (Treasury). Im zurückliegenden Jahr war der Ölpreis positiv mit der zehnjährigen Treasury-Rendite korreliert. Das erklärt sich dadurch, dass letztere als Barometer der globalen Wachstums- und Inflationserwartungen gilt.

Angesichts der inflationären Wirkung des höheren Ölpreises dürfte die Zehn-Jahres-Rendite in den USA weiter steigen, solange das globale Wachstumsumfeld robust bleibt. Das wiederum könnte zu einer Kurskorrektur an den Aktienmärkten führen, wenn die zehnjährige Treasury-Rendite wichtige Marken überschreitet und die Bewertungen unter Druck setzt.

Wie der Internationale Währungsfonds (IWF) im Januar gewarnt hat, „könnten das hohe Bewertungsniveau der Vermögenswerte und die sehr niedrigen Laufzeitenprämien für eine Kurskorrektur an den Finanzmärkten sprechen. Diese könnte das Wirtschaftswachstum und die Marktstimmung beeinträchtigen.“ In den letzten Monaten war eine solche Entwicklung gleich mehrfach zu beobachten, als die zehnjährige Treasury-Rendite neue Marken überschritt und die Aktienkurse in der Folge nachgaben.

Das sind die Kernaussagen

Auf kurze Sicht wäre ich daher nicht überrascht, wenn ein steigender Ölpreis die 10-jährige Treasury-Rendite weiter unter Aufwärtsdruck setzen und zu einer erneuten Kurskorrektur an den Aktienmärkten führen könnte. Allerdings glaube ich auch, dass eine höhere Ölförderung in den USA das fehlende Angebot aus dem Iran und Venezuela teilweise kompensieren wird — wenn auch mit Verzögerung.

Außerdem halte ich die fundamentale Verfassung der Aktienmärkte weiter für sehr solide. Dadurch sollten Aktien nach etwaigen, durch den Anstieg der zehnjährigen Treasury-Rendite verursachten Kurseinbrüche von einer guten fundamentalen Unterstützung profitieren. In diesem Umfeld sollten sich Investoren auf insgesamt größere Kursausschläge an den Aktienmärkten einstellen.

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