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Rothschild-Marktausblick: Ein neuer Standard für Europa?

Philippe Uzan, Chief Investment Officer bei Edmond de Rothschild Asset Management in Paris
Philippe Uzan, Chief Investment Officer bei Edmond de Rothschild Asset Management in Paris
Das Jahr 2012 neigt sich dem Ende zu. Zeit, Bilanz zu ziehen, inwieweit die Maßnahmen der europäischen Regierungen bei der Bewältigung der Krise erfolgreich waren. Das Wachstum in der Eurozone stagniert und die Aussichten für 2013 sind weiterhin düster. Doch aus künftiger Perspektive könnte sich das Jahr 2012 – im Rückblick auf die jüngsten Maßnahmen – als Wendepunkt für Europa herausstellen.

LANGSAMES WACHSTUM, DOCH KLARER POLITISCHER FORTSCHRITT

Konzentriert man sich einzig auf die volkswirtschaftlichen Zahlen, ist die Lage in der Tat düster. Die Wachstumsprognosen sind nicht gerade ermutigend, vor allem in Ländern, die ein konsequentes Sparprogramm durchziehen. Doch mit etwas Distanz hat Europa den Effekt eines impressionistischen Gemäldes: Fokussiert man sich auf die Details, so entgeht einem das Gesamtbild. Mittlerweile sind eine Reihe neuer Faktoren im Spiel, die dazu beigetragen haben, das systemische Risiko zu reduzieren und das Vertrauen zum Teil wiederherzustellen.

Der wichtigste Akteur ist zweifelsohne die Europäische Zentralbank. Ihr Vorsitzender Mario Draghi hat es geschafft, eine dreifache politische Wende hinzulegen. Damit ist die EZB der Eckpfeiler der Pläne für eine Bankenunion. Die EZB bleibt nicht nur die Bank der europäischen Banken, sondern hat jetzt auch die Befugnis, die nationalen Banken zu regulieren, zu überwachen und sogar zu maßregeln.

Ziel ist es, den Teufelskreis zwischen Länderrisiko und Bankenrisiko zu durchbrechen. Zudem unterstreicht das Anleihekaufprogramm Outright Monetary Transaction (OMT) eine zweifache Neuausrichtung der EZB Politik: Zum einen ist das Mandat der Bank jetzt nicht mehr auf Preisstabilität beschränkt, sondern umfasst auch Maßnahmen bei Krisen der Gemeinschaftswährung. Zum anderen hat die EZB ihre Rolle als sogenannter Lender of Last Resort für die Mitgliedstaaten akzeptiert, wenn auch im engen Rahmen eines von den europäischen Institutionen mitgetragenen Programms.

Weitere Erleichterung brachte die Absegnung des ständigen europäischen Stabilitätsmechanismus ESM durch das deutsche Bundesverfassungsgericht. Insofern ist es um Europa gar nicht so schlecht bestellt, wenn man sich mal die positiven Signale dieser Maßnahmen genauer anschaut. Und entgegen den Unkenrufen der EWU-Kritiker, die noch vor Kurzem das Ende der Eurozone beschworen hatten, ist bislang keiner der „Club-Med-Staaten“ pleite gegangen.

HOHE RENDITEN AUF AKTIEN


Ist Europa damit aus dem Schneider? Sicherlich nicht, jedenfalls noch nicht. Doch der Zeitpunkt ist auf jeden Fall günstig, um Chancen bei risikoreichen Werten zu nutzen. Bei der Diskussion über Europa werden häufig Mikro- und Makrodaten in einen Topf geworfen und die Schwierigkeiten einzelner Länder mit dem Zustand der Eurozone insgesamt gleichgesetzt. Doch die europäischen Unternehmen waren bisher flexibel genug, um sich den Krisenbedingungen anzupassen.

Seit 2008 haben sie immense Anstrengungen unternommen, um ihre Bilanzen zu sanieren und Liquiditätsberge anzuhäufen. In Europa gibt es zahllose herausragende Unternehmen, ob multinationale Konzerne oder innovative KMU. Made in Europe gilt an ausländischen Märkten – die immerhin 50 Prozent der Umsätze von Large Caps ausmachen – als Qualitätssiegel.

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