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Roundtable: Computer als Fondsmanager - das Für und Wider von Quant-Fonds

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DAS INVESTMENT.com: Aber wir müssen weiter konsequent auf eine Black Box vertrauen. Johannes Hirsch: In weiten Teilen ist das für Berater und Anleger wohl richtig. Die Technik ist zu komplex, und die Entwickler wollen aus Wettbewerbsgründen nicht publik machen, worauf genau die eingesetzte
Systematik beruht. Stürner: Natürlich decken wir nicht alles auf, damit es nicht gleich nachgebaut werden kann. Dennoch geben wir den Anlegern einen Einblick, wie die Maschine in bestimmten Marktsituationen handelt – etwa, was passiert, wenn der Zins in den USA stärker steigt oder der Dollar fällt. Übrigens: Das Gehirn – etwa das eines Fondsmanagers – ist auch eine Black Box. Auch hier können Außenstehende nicht einfach nachvollziehen, wie welche Entscheidungen genau ablaufen. Klaus-Dieter Erdmann: Aber das Problem bleibt bestehen, dass der Anleger die Leistung eines Long-only-Managers objektivbesser einschätzen kann. Bei der Leistung eines Quant-Managers kann er nur schauen, wie irgendwann das Ergebnis aussieht. Auf der Strecke kann er das oftmals nicht einschätzen, und die Frage ist, ob er immer die Disziplin hat, dabeizubleiben. DAS INVESTMENT.com: Um zu überzeugen, müsste man wohl am besten mit Beispielen arbeiten. Gibt es Situationen, in denen Mensch und Maschine komplett anders entscheiden? Gökhan Kula: Durchaus. Am Jahresende 2008, in der Finanzkrise, schaltete unser dynamisches prognosefreies Allokationsmodell im Zuge des Rebalancings auf antizyklisch um und fuhr die Aktienquote von null auf 50 Prozent hoch. Da hatten nicht nur unsere Investoren Bedenken, sondern auch ich selbst. Ich hätte so nicht reagiert, einige Anleger gaben ihre Anteile zurück. Aber wir erinnern uns: Im ersten Quartal 2009 kam dann eine sehr dynamische Erholung der Märkte, und der Fonds hatte sehr günstig eingekauft. DAS INVESTMENT.com: Bleiben aber die eingangs beschriebenen schwarzen Schwäne. Sind die bei der Programmierung teils schon berücksichtigt? Stürner: Ohne Zweifel. Und ich frage mal etwas provokativ: Haben sich die schwarzen Schwäne wirklich so vermehrt? Was wir erleben, sind höhere Ausschläge an den Märkten, weil Liquidität und Risiko- Budgets mal größer und mal wieder gar nicht da sind. Auf einer quantitativ-fundamentalen Analysegrundlage können wir nicht feststellen, dass häufiger als früher schwarze Schwäne auftreten. von Wallwitz: Nun ja – da gab es Anfang Mai 2010 den Flash-Crash, bei dem innerhalb von Minuten die US-Aktienmärkte einbrachen und sich wieder erholten. Vor einigen Wochen war da ein Crash am Gasmarkt, und die Umwelt- und Atomkatastrophe von Fukushima hatte wohl auch keiner so richtig auf der Rechnung. Anfang des Jahres sagten noch alle Analysten: Japan übergewichten. Kaiser: Fukushima ist ein gutes Beispiel für die Effizienz quantitativer Systeme. Logischerweise macht eine Umwelt- und Atomkatastrophe dieses Ausmaßes persönlich betroffen. Wenn man die Berichterstattung in den Medien sah, hätte die erste emotionale Reaktion sein können: alles verkaufen! Doch wir vertrauen auf unser computergestütztes System – und das generierte kaum Verkaufssignale. Zwar kamen die Märkte kurz in Turbulenzen, das System reduzierte die Aktienquote auf 75 Prozent – doch die internationalen Aktienmärkte ließen sich nicht lange beeindrucken und nahmen schnell wieder Schwung auf zu neuen Jahreshöchstständen. Fukushima war also eine ideale Nagelprobe für die disziplinierte Umsetzung unserer Investmentstrategien.
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