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Aktualisiert am 09.07.2013 - 11:04 Uhrin FondsLesedauer: 10 Minuten

Roundtable: „Risiko ist nichts Böses“

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Wie kann man die Solidität eines Asset-Management-Konzepts herausstellen?
Eppler:
Zum Beispiel indem man den maximalen Verlust über einen längeren Zeitraum darstellt. So können wir etwa zeigen, dass ein Fonds seit Auflage maximal 5 Prozent verloren hat. Das ist ein Sicherheitsfaktor für die Investoren, die sich orientieren können, wie der Fonds auch schwierige Marktphasen bewältigt hat. Das ist nichts Neues, aber dennoch ein wichtiges Thema. Gerade bei den lösungsbasierten Fonds, die bei uns nach dem Multi-Asset-Ansatz gemanagt werden.
Schnapp: Ergänzend lässt sich die Underwater-Period anführen. Denn es gibt ja nichts Schöneres für einen Kunden, als seinen Einstandspreis wieder zu erreichen. Das ist auch eine psychologische Marke.
Purtschert: Aber ich warne davor, nur nach hinten zu schauen. Wir kennen alle den Fall Mortgage-Backed Securities, die über Jahre gute Renditen und geringe Volatilität lieferten. Da haben sich viele Investoren in falscher Sicherheit gewiegt. Die Rückbetrachtung sollte man durch vorwärtsgerichtete Analysen komplettieren.
Napiralla: Auf jeden Fall – zumal nicht jeder Fonds eine so lange Historie mitbringt, die man für eine Betrachtung von maximalen Verlusten und realisierten Erträgen benötigt. Bei der Einordnung von Risiken sollten Investoren immer auch vorwärtsgerichtete Risikogrößen wie etwa die zu erwartende Volatilität oder den potentiell maximalen Verlust im Blick haben.
Huber: Auch ich halte es für wichtig, bei einem noch jüngeren Konzept zeigen zu können, wie hoch in der Vergangenheit die maximalen Verluste gewesen wären. Etwa indem man das Jahr 2008 mit einem Verlust des S&P von rund 40 Prozent zugrunde legt und schaut, was beim Produkt passiert wäre. So kann ein Anleger für sich das Risiko einordnen. Als alleiniges Tool reicht dies allerdings sicherlich nicht aus.
Eppler: Wenn man an einen Long-only-Aktienfonds denkt, haben langfristig Value- Strategien die Growth-Strategien outperformt. Obwohl es jeweils lange Phasen gegeben hat, in denen entweder die eine oder die andere Strategie die Nase vorn hatte. Es ist möglich, dass Value-Strategen jetzt die Oberhand gewinnen. Das könnte ein Zeichen dafür sein, dass die Märkte sich wieder stärker auf die Fundamentaldaten besinnen. Das hieße dann auch, dass die Bewertungsseite wieder zuverlässiger würde. Das ist sicherlich auch nur unter Vorbehalt so zu sehen, denn dies alles ist unglaublich schwierig einzuschätzen.

DAS INVESTMENT: Risiken sind das eine. Bei welchen Assets sehen Sie denn gegenwärtig Chancen im Markt?
Huber:
Ich kann nicht sagen, ob man aktuell Aktien oder High Yield kaufen sollte. Ich bin kein Long-only-Anleger. Im aktuellen Umfeld eilen sowohl Aktien als auch Renten bei sehr niedriger Volatilität von einem Rekord zum nächsten. Anleger sollten aber wissen: Je mehr Schulden im System stecken, desto kleiner kann der Anlass sein, damit das Kartenhaus zusammenbricht. Ich halte daher viel von Risk-Parity, aber man sollte einen Schritt weitergehen, also nicht nur die klassische Long-only-Version mit Aktien, Renten und gegebenenfalls anderen Assetklassen umsetzen. Wir sollten uns auf Zeiten vorbereiten, in denen die Zinsen steigen und die Aktienkurse fallen können. Das ist eine Situation, auf die die klassischen Risk-Parity-Ansätze nicht adäquat reagieren können. Darum ist Zeit für Risk-Parity 2.0. Letztlich geht es dabei um eine Long-short-Strategie, die auch am Anleihenmarkt auf fallende Kurse setzen kann.
Napiralla: Das sehe ich auch so. Viele klassische risikoparitätische Ansätze halten Renten im Portfolio. Die Risikogleichgewichtung sorgt dann dafür, dass Renten – aufgrund ihrer deutlich geringeren Volatilität etwa im Vergleich zu Aktien – ein sehr hohes Gewicht im Portfolio erhalten. Je nach Ansatz sind nominale Rentenquoten von über 70 Prozent keine Seltenheit. Was natürlich bedeutet, dass ich als Anleger in einem Szenario steigender Zinsen stark erwischt werde. Wenn dann Aktien kein Gegengewicht liefern, tut das weh. Der Fokus auf ein statisches Long-only-Risk-Parity-Investment ist daher aus meiner Sicht gerade in Krisenphasen nicht optimal.
Cadix: In meinen Augen ist Risk-Parity nicht statisch. Das einzige Statische daran sind die Assetklassen, die Sie im Vorhinein festgelegt haben. Wir beispielsweise haben ein tägliches Rebalancing und können so sehr schnell auf aktuelle Marktentwicklungen reagieren.
Napiralla: Das glaube ich, doch spielt hier der Zeitraum für die Risikobetrachtung eine wichtige Rolle. Sollten beispielsweise Rentenpapiere an zehn aufeinanderfolgenden Tagen signifikant verlieren, werden Sie dort immer noch mit einem sehr hohen Gewicht investiert sein. Das liegt daran, dass in diesem Zeitraum die Volatilität nicht so schnell ansteigt, sodass eine Quotenveränderung vorgenommen wird. Das ist, was ich mit „statisch“ meine. Im Rahmen unserer Wertsicherungsansätze profitieren unsere Anleger von Aktien- oder Rentenquoten im Portfolio, die sich dynamisch zwischen 0 und bis zu 100 Prozent bewegen können.
Cadix: Wenn die Renten an zehn aufeinanderfolgenden Tagen verlieren, mach sich das bei uns auf jeden Fall in der Volatilität und folglich bei der entsprechenden Gewichtung bemerkbar. Hier würden wir das Exposure in dem entsprechenden Bereich reduzieren. Und natürlich kann es dann auch mal sein, dass wir dann für einen begrenzten Zeitraum nicht die Gewinne einfahren, die wir gern hätten. Doch seien wir realistisch: Grundsätzlich gibt es keinen Fonds am Markt, der in jeder Marktphase positive Renditen erzielt. Risk-Parity-Investments sollten ein Teil der Gesamtallokation eines Portfolios sein und können zur Risikoreduzierung gut beitragen. Schaut man sich rückblickend die vergangenen vier Dekaden an, kann man feststellen, dass Risk-Parity im Vergleich zu den Assetklassen Aktien, Renten, Rohstoffe und kurzfristige Zinsen immer die beste Sharpe-Ratio aufweisen konnte. Einzige Ausnahme war die Ölkrise in den 70er-Jahren, da war die Sharpe-Ratio bei Rohstoffen etwas höher. Aber sehen Sie sich auch schwierige Jahre an, etwa 2008. Hier konnten wir zeigen, dass Risk-Parity auch in solchen Zeiten gut funktioniert. Seit Auflage im Jahr 2004 haben wir kein einziges Jahr negativ abgeschlossen.
Lehmann: Und niemand will Kunden überzeugen, aus Emerging-Markets-Aktienfonds oder vergleichbaren Anlagen in Risk-Parity-Fonds umzuschichten. Doch wir wollen den Kunden motivieren, unter einem stark risikoorientierten Ansatz seine Festgelder teils zu mobilisieren, um nach Inflation keine Verluste mehr zu realisieren. Denn das größte Risiko für den Kunden ist doch immer noch, nicht investiert zu sein. Was Risk-Parity natürlich nicht kann, ist, gut auszusehen, wenn in einer Marktkrise alle Korrelationen drastisch zusammenlaufen. Aber wie oft und wie lange war das bislang der Fall? Nie länger als drei Monate
Kotzegger: Ich will an dieser Stelle aber auch mal eine Lanze für Buy and Hold brechen. Wenn Sie ein gut diversifiziertes Risk-Parity-long-only-Portfolio nehmen, haben Sie bei einem Zeithorizont von zehn Jahren gute Chancen, dort eine Sharpe-Ratio zwischen 0,5 und 1 zu sehen. Wenn Sie marktneutrale Strategien hinzunehmen, ist das zur Diversifikation sinnvoll. Aber wenn Sie positive Erträge von marktneutralen Strategien erwarten, dürfte das relativ schwierig werden. Diesen Fehler haben Absolute-Return-Strategien aus dem vergangenen Jahrzehnt schon einmal gemacht.
Purtschert: Wir hatten jetzt über 20 Jahre fallende Zinsen, das hat sicher dazu geführt, dass man diese schönen Sharpe-Ratios sehen konnte. Wir brauchen aber eher auf kurzfristige Effekte reagierende Strategien. Wir schauen uns deshalb unter anderem relativ kurze Volatilitäten und Korrelationen über zehn oder 30 Tage an und steuern so das Exposure der einzelnen Assetklassen. Das erlaubt uns dann zum Beispiel, rechtzeitig auf steigende Zinsen zu reagieren, weil dann typischerweise auch die kurzfristige Volatilität reagiert.
Eppler: Darüber hinaus sollten wir an die versteckten Risiken denken. Bei Hochzinsanleihen etwa haben wir nicht nur ein Kreditrisiko, sondern auch ein Laufzeit und Aktienrisiko. Wir schauen deshalb bei unseren Multi-Asset-Ansätzen ganz besonders auf die Risikoprämien. Im Extremfall könnten wir bis zu 90 Prozent in Cash halten. Da ist man abgesichert, aber natürlich nutzt man dann auch keine Wachstumsanlageklassen mehr. Wobei in einer solchen Marktphase nur noch zählt, Verluste zu vermeiden.
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