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Roundtable unabhängige Vermögensverwalter „Marktneutrale Strategien könnten die Multi-Asset-Linie ablösen“

Teilnehmer am Roundtable (von links): Thomas Lange, Geschäftsführer von Lange Assets & Consulting; Andreas Bichler, Portfoliomanager bei MARS Asset Management; Holger Gachot, Vorstand bei der Fondsboutique StarCapital; Andreas Grünewald, Vorstand der FIVV AG; Marc Siebel, Fondsmanager bei Peacock Capital und Daniel Kröger, Portfoliomanager bei ACATIS
Teilnehmer am Roundtable (von links): Thomas Lange, Geschäftsführer von Lange Assets & Consulting; Andreas Bichler, Portfoliomanager bei MARS Asset Management; Holger Gachot, Vorstand bei der Fondsboutique StarCapital; Andreas Grünewald, Vorstand der FIVV AG; Marc Siebel, Fondsmanager bei Peacock Capital und Daniel Kröger, Portfoliomanager bei ACATIS | Foto: Piotr Banczerowski

DAS INVESTMENT: Hat die Populismuswelle, wie sie sich etwa in dem Brexit-Referendum und dem Ausgang der US-Präsidentenwahl manifestiert, konkreten Einfluss auf Ihr Asset-Management?

Daniel Kröger: Durchaus. Denn Donald Trump hat wohl oft die Unwahrheit gesagt, aber in einem Punkt nicht: nämlich, dass Social Media mittlerweile wichtiger als jede Wahlkampagne ist. Ein 15-mal auf seine Richtigkeit geprüfter New-York-Times-Artikel kommt in der gleichen Aufmachung daher wie ausgedachte Fake-News und hat somit die gleiche Resonanz. Das verändert die politische Meinungsbildung und das persönliche digitale Umfeld – man gerät in eine sich selbst verstärkende Meinungsspirale. Das führt zu einer Art Filterblase und zu Radikalisierungserscheinungen, die Einfluss auf die gesamtwirtschaftliche Situation haben können. Für den deutschen Export sind die Trump-Wahl und der Brexit potenziell doppelt gefährlich: nämlich wenn die Amerikaner und Briten mehr im Inland und weniger bei uns kaufen.

Holger Gachot: Lange galt, dass politische Börsen kurze Beine haben. Doch wir befinden uns seit der Lehman-Pleite 2008 in einer Finanzkrise, worauf die Zentralbanken mit einer expansiven Geldpolitik geantwortet haben. Und jetzt laufen wir nach 30, 40 Jahren Zinsabwärtstrend aus dem Zinstal heraus, und das in einem Umfeld, wo Populismus die Wahlen bestimmt. Das kann zumindest kurzfristig zu größeren Marktverwerfungen führen. Dennoch werden die Märkte immer wieder zu ihren fundamentalen Bewertungen zurückkehren, und wir versuchen, dies ich hieraus bietenden Chancen auf der Renten- wie auf der Aktienseite zu nutzen.

Andreas Grünewald: Aber wir sollten die Kirche im Dorf lassen. Punkt eins: Trump als Präsident wird ein anderer sein als während seiner Kandidatur. Punkt zwei: Der Brexit ist sicherlich ein gravierendes politisches Ereignis. Weltwirtschaftlich betrachtet ist er kaum bedeutsam. Wir sehen sogar positive Effekte: Die Geldpolitik wird entspannter sein, und ein schwächerer Euro wird die deutsche und europäische Exportwirtschaft stützen.

Thomas Lange: In der Öffentlichkeitwird schnell ein pessimistisches Bild gezeichnet, doch kein Mensch kann heute wissen, welche konkreten Auswirkungender Brexit und die Trump-Wahl auf die Weltwirtschaft haben. Es könnte sein, dass der Fokus zukünftig stärker auf der Binnenwirtschaft liegt. Vielleicht sind die Gewinner der vergangenen 20 Jahre, also die globalisierten Unternehmen, nicht die Gewinner der kommenden 20 Jahre. Das könnten die kleineren Unternehmen sein, die schnell und flexibel sind – genau wie wir unabhängigen Vermögensverwalter.

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Marc Siebel: Die Unabhängigkeit von Makrofaktoren ist der Kern unserer Investmentstrategie. Es gibt immer wieder politische oder makroökonomische Themen, die Investoren dazu bewegen, ihre Anlagestrategie umzuwerfen. Die Erfahrung zeigt aber, dass dies für Investoren sehr teuer wird. Ein antizyklischer, wertorientierter Ansatz nimmt solche Situationen eher als Chance wahr. Nehmen wir etwa die große Unsicherheit bei der Ölpreisentwicklung: Diversen Öl- und Gasunternehmen wurden nachhaltige Probleme attestiert. Heute sind wir schlauer, viele dieser Unternehmen notieren derzeit noch deutlich unter ihrem inneren Wert.

Vermögensverwaltend gemanagte Fondsstellen Anlegern in Aussicht, bei Marktabschwüngen zu reagieren und gegenzusteuern. Gerade aber einige Flaggschiffe dieser Sparte haben 2016 nicht gut ausgesehen und ganz schön Federn lassen müssen. Ist die Multi-Asset-Idee damit bis auf Weiteres ramponiert?

Andreas Bichler: Nein, das glaube ich nicht. Natürlich sind zahlreiche Multi-Asset-Fonds auf der Staatsleihen-Welle geritten und haben sich ihre gute Performance über eine lange Duration eingekauft. Wenn wir früher dachten, der Bund-Future könne nicht über 160 Punktesteigen, so wissen wir heute, dass das anders ist. Vieles, was wir zu wissen glaubten, müssen wir heute korrigieren. Umso mehr gilt es, die Portfolios der aktuellen Marktentwicklung anpassen zu können. Und die Themen Populismus und Börse gehören zusammen wie Wahlumfragen und Wahlergebnis: Es kommt nicht darauf an, wer in den Wahlumfragen führt, sondern darauf, wie sich die Wähler entscheiden. Auf die Börse bezogen heißt dies: Es kommt darauf an, welche Transaktionen die Anleger durchführen. Deswegen setzen wir auf die gehandelten Preise und nicht auf Meinungsäußerungen.

Kröger: Mich als Stockpicker irritiert es allerdings, wenn Sie das Handeln der Anlegerund den Markt ins Zentrum stellen. Meines Erachtens ist es besser zu analysieren, wie ein Unternehmen aufgestellt ist und ob ich dessen Ertragskraft gut prognostizieren kann. Denn langfristig passt sich der Kurs einer Aktie der Entwicklung des inneren Werts an.

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