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Salami-Timing Wohin mit dem lieben Geld?

Georg Graf von Wallwitz ist Fondsmanager der Phaidros Funds und Geschäftsführer des Eyb & Wallwitz Vermögensmanagements
Georg Graf von Wallwitz ist Fondsmanager der Phaidros Funds und Geschäftsführer des Eyb & Wallwitz Vermögensmanagements
Oh diese elende Unsicherheit! Wird Putin nun scheibchenweise seine Nachbarn vertilgen, wird er das russische Reich in den Grenzen von 1914 wiederherzustellen versuchen und Krieg nach Europa bringen?

Werden die gruseligen Schlächter vom „Islamischen Staat“ ihrer Presse gerecht und fegen uns und alle anderen Ungläubigen vom Angesicht der Erde? Wohin mit meinem lieben Geld in diesen elenden Zeiten, in denen nicht einmal mehr Gold (-33 Prozent seit dem Höhepunkt der Eurokrise) und Öl (-10 Prozent seit Jahresanfang) so reagieren, wie es der Situation allemal angemessen wäre?

Doch wohl nicht in Anleihen, wo es keine Zinsen mehr gibt? Doch wohl nicht in Aktien, die gegen jede Vernunft schon so stark gestiegen sind, dass sich in jeder Hinsicht ein Gefühl von Schwindel einstellt? Frech grinst der Dax von der 10.000-Punkte-Marke. Also ausgeben? Spenden? Vergraben? An den  Finanzmärkten ist der Blick in  die  Zukunft immer ein Blick im Zorn. Nichts wird einem geschenkt werden, so zeichnet es sich ab für jeden, der in den Markt einsteigen möchte.

Ganz im Gegenteil: vermutlich wird man sein Geld verlieren, denn, so lautet die Erfahrung, immer wenn man kauft, fällt der Markt anschließend um mindestens ein Viertel. Jeder macht diese Erfahrung. Jedesmal, so scheint es.

Kein Geld unter die Matratze

Aber das Geld unter die Matratze zu legen ist auch keine Option: Nehmen wir mal an, wir hätten seit dem letzten Quartal 1959, also vor 55 Jahren zu sparen begonnen. In den ersten 25 Jahren wären es  1.000 Euro pro Monat gewesen (beziehungsweise das Deutsche-Mark-Äquivalent) und in den folgenden 30 Jahren, auf Grund einer sprunghaften Lohnerhöhung, 2.000 Euro pro Monat. Dann hätte man heute unter der Matratze eine Million Euro liegen, eine sensationelle Summe nach einem harten und ungewöhnlich langen Arbeitsleben.

Andererseits hätte man  sich auch unglaublich schlau anstellen können: Man hätte abwarten und das Geld ansparen können, bis der Dax um mindestens ein Viertel fällt, um dann genau zum auf den Sturz folgenden Tiefpunkt (jeweils zum Ende eines Quartals betrachtet, wir wollen uns ja nicht permanent mit der Börse beschäftigen) Aktien zu kaufen (Wir führen im Folgenden das Experiment mit dem Dax durch, aber mit dem Dow Jones verhält es sich nicht anders, wie Barry Ritholz auf seiner wunderbaren Seite „The Big Picture“ gezeigt hat).

Ein solcher schlauer Investor hätte zuletzt im September 2011 gekauft, bei einem Dax-Stand von 5.502 Punkten. Und er hätte, wenn er seine monatlichen Ersparnisse nach dieser Regel seit 1959 investiert hätte, heute nicht eine Million unter der Matratze, sondern sehr viel auskömmlichere 8,3 Millionen im Depot, eine sensationelle Summe (Steuern bleiben an dieser Stelle unberücksichtigt).

Nun wissen wir alle, dass so viel Schlauheit niemandem zur Verfügung steht. Niemand wird immer den richtigen Zeitpunkt erwischen. In der Realität fühlt es sich oft so an, als wären wir das Gegenteil: Maximal doof. Und wie geht es so jemandem?

Der dümmste denkbare Investor geht genau andersherum vor: Er spart sein Geld an und kann sich immer erst zum Kauf durchringen, wenn der Markt auf einem Höhepunkt vor einem mindestens 25-prozentigen Absturz steht. Klarerweise ist der dümmste Investor am Ende deutlich schlechter dran als der schlauste. Ihm bleiben aber immerhin noch erstaunliche 5,2 Millionen Euro. Das liegt daran, dass auch der Dumme überhaupt investiert war.

Und am Aktienmarkt ist es letztlich sehr schwer, langfristig überhaupt kein Geld zu verdienen: Dazu müsste man nicht nur oben kaufen, sondern auch unten verkaufen. Unser Investor kauft aber immer nur zu – zwar zu den ungünstigsten Zeitpunkten, aber im Nachhinein sind auch die ungünstigsten Zeitpunkte noch günstig.

So kauft er erstmals am 30. September 1960 bei einem Dax-Stand von 551 und sieht dann zu, wie der Index über die nächsten zwei Jahre auf 354 Punkte fällt (auf diesem Niveau steigt dann der Schlauste ein). Aber aus der heutigen Sicht von 10.000 Punkten ist es ziemlich egal, ob man nun beim einen oder anderen Indexstand gekauft hat. Heute scheint sogar der letzte Kaufzeitpunkt – der Juni 2011 bei 7.376 Indexpunkten – nicht so katastrophal wie ein Quartal später.
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