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Schiffsfonds schwimmen: Nachschuss statt Abwrackprämie

Quelle: Fotolia
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Flaute vor Singapur: Mehr als 150 Schiffe liegen vor dem asiatischen Stadtstaat vor Anker und warten auf Fracht. Auch vor und in anderen Häfen Asiens und Europas liegen Frachter, die derzeit keiner braucht – insgesamt über 1.000. Ein Problem für immer mehr Schiffsfonds: „Wir haben jede Woche zwei bis vier Gespräche, in denen Fonds um eine Stundung ihrer Kreditraten nachsuchen“, sagt Torsten Temp, Leiter Global Shipping der Hypovereinsbank. Weil sie nichts oder nicht genug verdienen, um die Betriebskosten zu zahlen und die Schulden zu bedienen, müssen die Fonds mit den Banken oder mit den Anlegern nachverhandeln. (zum Artikel: Schiffsfonds: “Ehrlich kalkulieren“)  Doch selbst das muss nicht reichen: „Es ist bereits mein viertes Schiff in diesem Jahr“, sagt der Hamburger Insolvenzverwalter Jörn Weitzmann zum Pleiteschiff Mar Catania, einem Containerfrachter in der Flotte des HCI-Fonds Shipping Select 15. Banken wollten das beschäftigungslose Schiff nicht weiter finanzieren; die Anleger auch nicht. Dieser Artikel stammt aus der aktuellen Ausgabe von DAS INVESTMENT (Oktober 2009).  
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>> zum Abo-Service & Einzelheftbestellung Rund 70 Fonds-Schiffe sind pleite oder brauchen dringend neues Geld Rund 70 Fonds-Schiffe sind einer Umfrage der „Fondszeitung“ zufolge entweder schon vollends pleite, wurden aus der Not heraus verkauft oder brauchen dringend neues Geld. Tatsächlich könnte die Zahl noch größer sein. Denn nur etwa die Hälfte der vom Blatt befragten Emissionshäuser hat überhaupt geantwortet. Derzeit bereitet das Analysehaus Scope eine ähnliche Umfrage vor, die umfassende Ergebnisse liefern soll. Dirk Reißhauer, Geschäftsführer des Zweitmarktfonds-Anbieters Maritim Invest, weiß ebenfalls von 70 Schiffen in Schieflage unter den 1.500 Schiffsfonds: „Bei 25 der 750 Schiffe in unseren Fonds haben wir bereits Sanierungen begleitet. Weitere 20 werden in Kürze frisches Kapital brauchen. Und noch einmal 25, die wir nicht im Portfolio haben, sind unserer Datenbank zufolge betroffen.“ Immer häufiger bekommen Anleger daher Post oder werden zu außerordentlichen Gesellschafterversammlungen eingeladen: In der Regel sollen sie Kapital nachschießen, damit das Schiff die Flaute im Seeverkehr übersteht. Bessert sich die Lage der Weltwirtschaft, so das Kalkül, werden die Schiffe auch wieder Waren transportieren und dafür bezahlt. Zudem dürften sich dann die aktuell historisch tiefen Preise für Gebrauchtschiffe erholen. Dann ließen sich auch die Fonds-Schiffe verkaufen. Prinzipiell haben Anleger im Fall einer anstehenden Sanierung drei Möglichkeiten: Sie können Kapital nachschießen und den Fonds so stützen; sie können einem Nachschuss zustimmen, ohne selbst zusätzliches Geld zur Verfügung zu stellen; oder sie lehnen einen Nachschuss grundsätzlich ab, wie zuletzt im Fall der Mar Catania. „Für welche Option sich Anleger entscheiden sollten, hängt vom Einzelfall ab“, sagt Thomas Rogalla vom Vertrieb Solanos. „Bei etwa 40 Schiffen, die aktuell Probleme haben, lief es auch vor der Krise schon schlecht.“ Bei einem Schiff wie der MS Agaman von König & Cie. etwa, das das Emissionshaus um die Jahrtausendwende gekauft habe und das in der Vergangenheit starke technische Probleme gehabt habe, „ist fraglich, ob ein Nachschuss von über 25 Prozent zu einer akzeptablen Rendite führt“. In jedem Fall müssen Anleger den Schiffen bereits gezahlte Ausschüttungen zurückzahlen, wenn die Schiffe noch als Steuersparmodell konzipiert waren. Ausschüttungen gelten in jenen Fällen nicht als Gewinne, sondern als Liquiditätsüberschüsse, die zurückgefordert werden können. Dennoch kann sich gerade im Fall von derart konstruierten Fonds, den sogenannten Kombimodellen, die Insolvenz lohnen. Denn auch wenn Anleger erhaltene Auszahlungen zurückzahlen müssen: Den Steuervorteil kann ihnen niemand mehr nehmen.  Ein Schiff in die Insolvenz zu schicken ist dennoch keine schöne Variante. „Ein Zwangsverkauf ist fast immer die schlechteste Lösung. Aktuell bekommen sie vielleicht 5 bis 10 Prozent des Nominalwerts der Beteiligung“, sagt Reißhauer. Denn niemand will die Schiffe haben. „Ich prüfe jede Option, um eine bestmögliche Verwertung zu erreichen“, sagt Insolvenzverwalter Weitzmann. Bislang hat er von vier Schiffen erst eins versteigert. Während in guten Zeiten, so Rogalla, die Liquidation der Schiffsgesellschaft dem erfolgreichen Verkauf des Schiffes folgt, ist bei der Insolvenz in der Regel das eingesetzte Kommanditkapital futsch. Insbesondere, wenn die Bank das Schiff zu einem Kurs verkauft, der nicht einmal die Hypothek bedienen kann. Sollten dann noch Ausschüttungen nicht zurückgezahlt worden sein, bedient sich der Insolvenzverwalter auch daran. Viele Schiffe in Schieflage sind weitgehend entschuldet Einige Schiffe in Schieflage sind indes weitgehend entschuldet. Sowohl Reißhauer als auch Rogalla beobachten, dass das Interesse der Banken, diese Schiffe durch die Krise zu steuern, besonders gering ist. Ärgerlich, aber sie haben bei ihnen am wenigsten zu verlieren. Anleger dagegen haben bei ihnen noch am ehesten etwas zu gewinnen. Bei fast entschuldeten Schiffen rät Rogalla Anlegern daher: „Nachzahlen, egal wie viel.“ Damit Reißhauer von Maritim Invest nachschießt, müssen gleichwohl einige weitere Bedingungen erfüllt sein. Das Emissionshaus sollte die Anleger rechtzeitig über eine Schieflage informiert haben und ihnen Zeit lassen, eine Entscheidung zu treffen. Für unabdingbar hält er, dass das Sanierungskonzept den Anlegern im persönlichen Gespräch erklärt wird. „Wenn der Initiator wie etwa im Fall der Mar Catania nur per Schreiben zum Nachschuss auffordert, bleiben Fragen der Anleger zum Konzept offen.“ Zudem sollte das Konzept konservativ kalkuliert sein. „Bei einem Schiff, das heute ohne Beschäftigung ist, sollte man davon ausgehen, dass es auch 2010 noch nicht wieder voll in Fahrt ist.“ Und schließlich sollten die, die nachschie-ßen, dafür angemessen entschädigt werden. „Schließlich stellen sie“, sagt Reißhauer, „letztlich Risikokapital zur Verfügung.“

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