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„Schlechte Idee, die zu spät kommt“ Warum die Russland-China-Anleihe wohl ein Flop wird

Obwohl Russland wegen der Sanktionen im Zusammenhang mit der Ukraine seit zwei Jahren von den internationalen Anleihemärkten ausgeschlossen ist, dürfte es in China teurer sein, Geld aufzunehmen als in Europa, vermutet Dmitri Polewoj, leitender Volkswirt für Russland bei der ING Bank Eurasia JSC in Moskau.

„Jetzt, wo China als neue Quelle für einen Konjunktureinbruch gilt, auf den Yuan-Markt zu kommen, ist eine schlechte Idee, die zu spät kommt“, urteilt Lutz Röhmeyer, Leiter Fondsmanagement bei Landesbank Berlin Investment, in einer E-Mail.
Das Vorhaben ist ein Anzeichen für die vertieften Beziehungen Russlands zu seinem größten Handelspartner. Durch die Erschließung einer neuen Kapitalquelle soll das anwachsende Haushaltsdefizit gestopft werden. Allerdings beginnt China gerade eben erst damit, seine Märkte für ausländische Investments zu öffnen. Ohne Unterstützung durch die Regierung in Peking würde es wohl schwerfallen, unter den von der Yuan- Abwertung im August verstörten Einheimischen Interessenten für russische Staatspapiere zu finden.

„Zieht man die Eigenheiten des chinesischen Markts in Betracht, so wird diese Emission wohl teurer kommen als in Europa“, schrieb Polewoj. „Es handelt sich um eine politisch motivierte Entscheidung. Ich bezweifele, dass das Finanzministerium in der Lage sein wird, am Markt nennenswerte Beträge aufzunehmen und die Haushaltslöcher zu stopfen.“
Einen Tag vor der Bekanntgabe des Debüts auf dem Yuan-Markt kündigten die beiden Länder an, nach dem Vorbild von Euroclear ein Abwicklungssystem für Anleihen-, Aktien- und Devisengeschäfte zu schaffen, um russischen Emittenten direkten Zugang zu den Anleihemärkten auf dem chinesischen Festland zu verschaffen. In der Vorwoche teilte die von Sanktionen betroffene Bank Vnesheconombank mit, sie stehe in Gesprächen über die Platzierung von Yuan-Bonds auf dem chinesischen Festland.
Bislang haben russische Unternehmen nur den chinesischen Offshore-Markt angezapft. Dort waren in den vergangenen drei Jahren etwa Gazprombank, die Landwirtschaftsbank Russian Agricultural Bank und die VTB Bank aktiv.

Kursrückgänge bei den 2016 fälligen Yuan-Anleihen der Landwirtschaftsbank haben die Rendite zwischen Anfang August und dem vergangenen Freitag auf 19,74 Prozent mehr als verdoppelt. Die im selben Jahr fällige Dollaranleihe desselben Instituts rentiert mit 5,68 Prozent. Auch die auf Yuan lautenden Gazprom- Anleihen mit Laufzeit bis 2017 sind abgestürzt - ihre Rendite ist im genannten Zeitraum um 6,89 Prozentpunkte gestiegen.
„Kein staatlicher Schuldner hat bislang den einheimischen Yuan-Markt genutzt; vielleicht werden wir der erste sein“, sagte der stellvertretende russische Finanzminister Sergej Stortschak am Freitag vor Reportern in Ankara. Möglicherweise werde die Anleihe für den Staatshaushalt 2016 eingeplant.

Die Notwendigkeit, alternative Kreditquellen zu erschließen, hat sich für Russland noch verschärft, seitdem das Land seine erste Rezession seit 2009 durchmacht. Das Haushaltsdefizit wird sich Prognosen zufolge in diesem Jahr auf 3,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts ausweiten. Das wäre der höchste Fehlbetrag seit 2010.
Zu den Auswirkungen der Sanktionen kommen die wegbrechenden Einnahmen aus dem wichtigsten Exportgut Russlands: Öl hat sich in den vergangenen zwölf Monaten um die Hälfte verbilligt.
„Hier geht es in erster Linie um eine politische Geste“, schrieb Olga Sterina, Analystin bei UralSib Capital in Moskau, am Freitag in einer E-Mail. „Die Partnerschaft mit China hat sich in den vergangenen paar Jahren intensiviert, doch es gibt nicht viel russische Unternehmen, die eine Finanzierung in Yuan benötigen.“

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