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Schroder ISF Global Recovery „Manche Titel müssen Rost ansetzen, um später umso strahlender zu glänzen“

Schroders Fondsmanager Andrew Lyddon, Kevin Murphy und Nick Kirrage (von links nach rechts)
Schroders Fondsmanager Andrew Lyddon, Kevin Murphy und Nick Kirrage (von links nach rechts)
Redaktion: Lassen Sie uns zunächst einen Blick in die Vergangenheit werfen: Seit acht Jahren managen Sie als Team erfolgreich den auf Großbritannien ausgerichteten Schroder Recovery Fund. Was hat Sie bewogen, einen weltweiten Fonds aufzulegen?

Nick Kirrage: Gehen wir doch noch weiter zurück in die Vergangenheit – den Schroder Recovery Fund gibt es nämlich schon seit über 45 Jahren. Eine ziemlich lange Zeit, in der sich der Fonds als außergewöhnlich starkes Produkt bewährt hat. Eine überzeugende Philosophie und ein über die Jahre perfektionierter Anlageprozess: Das sollte sich doch auf einen Fonds mit globaler Perspektive übertragen lassen ...

Diese Idee hatten Kevin und ich ziemlich schnell, als wir den Schroder Recovery Fund im Juli 2006 übernommen haben. Zu dieser Zeit befanden sich nämlich überhaupt keine ausländischen Aktien im Portfolio. Im Januar 2007 haben wir dann zum ersten Mal grenzüberschreitend investiert, und seitdem sind wir dem Maximum von 20 Prozent internationalen Titeln immer recht nahe gekommen. Was wir außerdem gesehen haben: In den folgenden acht Jahren haben sich diese in aller Regel stärker entwickelt als britische Aktien.

Redaktion: Erklären Sie uns doch kurz, warum das so ist.

Kevin Murphy: Der Grund liegt in der Vielzahl der Chancen – schon die reinen Zahlen sprechen für sich. Für den Fonds kommen grundsätzlich nur Unternehmen in Frage, die über eine Marktkapitalisierung von mindestens 300 Millionen US-Dollar verfügen. In Großbritannien erfüllen insgesamt 536 Unternehmen diese Grundvoraussetzung, und wir halten in etwa jeden elften Titel aus dem Anlageuniversum. Weltweit sieht das völlig anders aus – hier liegen über 15.000 Unternehmen oberhalb unseres Schwellenwertes und stehen uns damit potenziell für eine Anlage zur Verfügung. Der globale Fonds hält derzeit gut 50 Titel; umgerechnet wählen wir also eine aus rund 300 Aktien für unser Portfolio aus. Unter dem Strich können wir also noch punktgenauer die unterbewerteten Titel auswählen, die zu uns passen – und damit Chancen ausschöpfen, die sich in Großbritannien schlicht gar nicht auftun.

Redaktion: Wann ist für Sie ein Titel unterbewertet und möglicherweise interessant für den Fonds?

Nick Kirrage: Wir suchen gezielt nach Unternehmen, die heftige Rückschläge einstecken mussten: Sei es, weil sie momentan nicht mehr so profitabel sind wie früher oder weil der Aktienkurs im Keller ist. Segelt ein Unternehmen in schweren Gewässern, ist das die eine Seite der Medaille – wenn gleichzeitig die langfristigen Perspektiven stimmen, liegen hier möglicherweise attraktive Ertragschancen für uns. Häufig wendet sich die Mehrheit von diesen Unternehmen ab – weil sich kurzfristig kein Gewinn machen lässt, es vielleicht allgemeine wirtschaftliche Bedenken gibt oder schlicht wegen der aktuellen Schieflage in der Bilanz.

Was man jedoch nicht vergessen darf: Anleger schenken schlechten Nachrichten wesentlich mehr Aufmerksamkeit als guten. Tatsächlich jedoch bleibt selbst in den stürmischsten Zeiten eine Insolvenz die Ausnahme. Historisch betrachtet tendieren die Märkte dazu, das Erholungspotenzial – ich will es nicht Selbstheilungskräfte nennen – eines Unternehmens zu unterschätzen. Gut für uns, denn mit unserem langfristigen Anlagehorizont lassen sich oft überdurchschnittliche Ergebnisse erzielen.

Redaktion: Wodurch unterscheidet sich Ihr Ansatz vom Engagement in Not- und Sondersituationen, dem sogenannten „Special Situations Investing“?

Andrew Lyddon: Was wir tun, ist etwas grundlegend anderes. Unsere Stärke ist der disziplinierte Ansatz, denn wir konzentrieren uns ausschließlich auf Unternehmen, um die die meisten Anleger einen weiten Bogen machen – eben genau die Titel, die für uns jedoch attraktiv bewertet sein können. Das gilt für alle Phasen eines Anlagezyklus – hier liegt der große Unterschied.

Im Gegensatz zu anderen Konzepten machen wir weder unsere Strategie noch unseren Anlagestil von irgendwelchen Marktbedingungen abhängig. Schon gar nicht versuchen wir, über Market-Timing Gewinne zu erzielen – ein Blick in die Kristallkugel zeigt, zumindest für uns, alles ... nur nicht, was morgen passieren wird. Aus unserer Sicht ist es daher nicht sinnvoll, strategische Entscheidungen anhand äußerer Rahmenbedingungen zu treffen. Wir verlassen uns lieber auf unseren unemotionalen und konsequent wertorientierten Ansatz: Das klingt zwar vielleicht nicht ganz so hip, doch wir haben damit über lange Zeiträume außergewöhnliche Erträge erzielt.

Redaktion: Sie haben recht, unemotional und konsequent wertorientiert hört sich ziemlich trocken an – was genau steckt dahinter?

Kevin Murphy: Unser Ansatz zielt auf die Natur des Menschen – die nutzen wir aus, um an der allgemeinen Entwicklung der Märkte vorbeizuziehen. Worum es dabei geht, hat jeder schon selbst erlebt: Wir Menschen tendieren dazu, schlechte Nachrichten überzubewerten und sie dann auch noch als Grundlage zu verwenden, wenn wir über die Zukunft nachdenken. An einem regnerischen Freitag neigt man ganz einfach dazu, gleich auch den Sonntagsspaziergang ins Wasser fallen zu sehen. Nicht anders ist es bei Investitionen. Wenn die Kurse stark schwanken, spiegeln gerade die Ausschläge nach unten oft gar nicht den wahren Wert eines Unternehmens wider. Geht erst einmal die Angst um, sind Panikverkäufe an der Tagesordnung – für uns hingegen liegen hier langfristig die besten Gelegenheiten. Wie lautet doch die alte Kaufmannsregel? „Im Einkauf liegt der Gewinn.“