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Schwellenländer-Anleihen „Genau der richtige Zeitpunkt für Langfrist-Anleger“

Iguaçú Wasserfälle im Dreiländereck von Brasilien, Argentinien und Paraguay: Südamerika bietet derzeit Chancen für Bond-Picker, meint Luc D'hooge.
Iguaçú Wasserfälle im Dreiländereck von Brasilien, Argentinien und Paraguay: Südamerika bietet derzeit Chancen für Bond-Picker, meint Luc D'hooge. | Foto: Bildpixel / pixelio.de
Luc D'hooge, Vontobel

Die Märkte für Anleihen aus Schwellenländern (Emerging Markets, kurz EM) standen seit Mitte April unter dem Einfluss verschiedener politischer und wirtschaftlicher Ereignisse. Nachdem zunächst die zehnjährigen US-Staatsanleihen die psychologisch wichtige Marke von 3 Prozent erreicht hatten, rückte Lateinamerika in den Fokus vieler Investoren.

Argentinien bat den Internationalen Währungsfonds (IWF) um finanziellen Beistand und in Brasilien sorgen die anstehenden Wahlen im Oktober für anhaltende Unsicherheit. Doch auch die jüngste politische Krise in Italien sowie der Ausgang der Wahlen in Mexiko Anfang Juli haben sich auf die Märkte für Schwellenländeranleihen ausgewirkt.

Haben sich damit die Perspektiven für Schwellenländeranleihen nachhaltig eingetrübt? Für eine sachgerechte Bewertung ist es wichtig, die vorangegangenen politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen genauer zu analysieren, um sie richtig einordnen zu können.

Argentinien

Aus gesamtwirtschaftlicher Perspektive spricht vieles dafür, dass sich die Kreditwürdigkeit Argentiniens grundsätzlich auf dem Weg der Besserung befindet. Im letzten Jahr stufte S&P das Rating des lateinamerikanischen Landes gleich zwei Mal herauf. Die reformorientierte Regierung unter Mauricio Macri hat trotz des Widerstands der Gewerkschaften erste Fortschritte bei der Arbeitsreform erzielt.

Gleichzeitig wurden wichtige Steuerreformen durchgeführt und auch Kapitalmarktreformen sind in Vorbereitung. Zudem werden Exporthemmnisse abgebaut, die Bedingungen für ausländische Direktinvestitionen verbessert und die Infrastrukturinvestitionen erhöht. Die argentinische Zentralbank hat ihren Willen, den Peso zu verteidigen, mit Zinserhöhungen auf 40 Prozent unter Beweis gestellt, was Leerverkäufer abschrecken dürfte.

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Die Entscheidung, den IWF um Hilfe zu bitten, war ein notwendiger und nicht zuletzt mutiger Schritt. Denn bei den Argentiniern ist der Internationale Währungsfonds nicht sonderlich beliebt. Wir sehen deshalb vor allem technische Faktoren in Argentinien als Auslöser des jüngsten Ausverkaufs.

Brasilien

Der brasilianische Real hat in den letzten Wochen eine gewisse Volatilität erlebt. Dies betraf auch Lokalwährungsanleihen, wobei die Renditen der fünfjährigen Staatsanleihen um fast 2 Prozent auf rund 11 Prozent stiegen. Viele Anleger bleiben nervös, womöglich auch vor dem Hintergrund der Ereignisse im benachbarten Argentinien. Sicherlich mag Brasilien mit diversen sozialen und auch politischen Problemen konfrontiert sein, allen voran die Unfähigkeit der Regierung, die Finanzpolitik und damit den inländischen Verschuldungsgrad in den Griff zu bekommen.

Doch wie so oft zeigt der genaue Blick auf die makroökonomischen Daten auch positive Faktoren, die sich unter den aktuellen Negativschlagzeilen verstecken. Die Inflation liegt bei unter drei Prozent und damit auf dem niedrigsten Stand seit der Einführung eines Inflationszielsystems im Jahr 1999. Tatsächlich liegt sie unter der aktuellen Zielspanne von 3 bis 6 Prozent, die von der Zentralbank festgelegt wurde.

Die jüngste Abwertung des brasilianischen Real wird sich zwar durch höhere Importpreise auf die Inflation auswirken. Aber Brasilien ist eine relativ geschlossene Volkswirtschaft mit einer sehr niedrigen Dollarisierung, sodass dieser Effekt die Inflation wohl kaum in dem Maße ankurbeln wird, wie es in Ländern wie der Türkei oder Argentinien der Fall ist. Auch der Blick auf die Zahlungsbilanz gibt aktuell kein Grund zur Besorgnis. Die Grundbilanz (Leistungsbilanz und Nettoauslandsinvestitionen) bleibt mit rund 4 Prozent des BIP auf einem komfortablen Niveau. Brasilien verfügt zudem über massive Devisenreserven, die mehr als zwei Jahre Importe abdecken können.

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