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Schwellenländer Hurra, endlich Verluste

Das Ford-Werk in Mexiko (Foto: Bloomberg)
Das Ford-Werk in Mexiko (Foto: Bloomberg)
Die Luft ist endlich abgelassen. Nach einer kräftigen Übertreibung wird es wieder normal. Direkt nach der Finanzkrise und während der Eurokrise flohen Anleger in globale Schwellenländer, die höhere Wachstumsraten und niedrigere Schuldenstände versprachen – und auch tatsächlich hatten.

Es folgte das, was immer passiert, wenn viele Menschen die gleiche Idee haben: Kurse blähten sich auf, Währungen auch. Eine typische Blase bildete sich. Und aus der ist inzwischen einige Luft entwichen, vielleicht sogar alle.

Damit ist es Zeit, sich die Lage einmal genau anzuschauen. Zwar sind Kurse auf breiter Front gefallen, verschlechtert hat sich die Lage aber bei Weitem nicht in allen Ländern. Nur Barbados, Kroatien, Libyen, Venezuela und Äquatorialguinea melden schrumpfende Wirtschaftsleistungen.

Auch die Unternehmensgewinne ziehen eher weiter an, als dass sie fallen. Rechtfertigt das weiter sinkende Aktienkurse? Nicht, nachdem die Spekulationsblase fort ist. Und dafür spricht einiges. So haben die Aktienmärkte der Industrienationen jene aus den Schwellenländern inzwischen deutlich überholt, was die Bewertungskennzahlen betrifft.

In Schwellenländern kosten Aktien das 1,5-Fache des Buchwerts der Unternehmen. In den USA ist es das 2,7-Fache, in Europa das 1,9-Fache (siehe Grafik). Dabei liegt das Wirtschaftswachstum in diesem Jahr wohl bei 4,9 Prozent in den Schwellenländern verglichen mit 2,8 Prozent in den USA und 1,6 Prozent in Europa.

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Es gibt solche Scheren immer wieder und auch schon viel größer (siehe Kasten). Doch sie klappen immer zusammen: Return to the mean – Rückkehr zum Durchschnitt nennt das der Börsianer. Demnach müssten Aktien aus Schwellenländern demnächst wieder besser laufen als solche aus den USA und Europa.

In einer Zeit, in der die Lobgesänge auf europäische Aktien nicht abreißen, ist es zugleich eine charmante antizyklische Idee. Vieles der Diskrepanz lässt sich nur mit der labilen Psyche von Anlegern erklären. Schwellenländeraktien sind einfach out. Die Wirtschaftserholung in den USA und Europa ist offensichtlicher und für Anleger klarer zu greifen.

Dazu gesellen sich zahlreiche politische Probleme in einzelnen Schwellenländern, die Anleger im Kapitalmarkt-Boom unterschätzt haben: Krawalle in Ägypten und der Türkei, der Konflikt auf der Krim und der Aufstand vieler Brasilianer gegen die teure Fußball-WM.

Doch indem sie auf breiter Front Geld abzogen, begingen viele Investoren einen Fehler. Sie schauten nicht sonderlich genau hin, wie es den einzelnen Staaten tatsächlich geht. Stehen sie vor einer Finanzkrise, wie Argentinien? Oder haben sie eine gesunde Wirtschaft, eine reformfreudige Regierung und eine souveräne Situation auf den internationalen Märkten, wie Mexiko?

In Indien trieb schon die Hoffnung auf eine neue, starke Regierung die Aktienkurse. Der Leitindex Sensex legte seit Jahresbeginn um fast 16 Prozent zu. Jetzt gibt es eine neue Regierung und damit die Chance, den enormen Reformstau Indiens abzubauen. Diese Hoffnung ist nicht nur dort berechtigt: Insgesamt wird in rund 40 Ländern in diesem Jahr gewählt. Das stellt auch die Weichen für die Aktienmärkte.

Börsengeschichte: Zurück zum Durchschnitt


Die Kurs-Buchwert-Verhältnisse (KBV) liegen weit auseinander? Vielleicht. Nur war die Schere Ende des Jahrtausends noch viel größer. Für US-Aktien zahlte man Ende 1999 und im März 2000 an der Börse mehr als das Fünffache ihres tatsächlichen Werts. Europa erreichte das beinahe Vierfache. Damals tobte die Hightech-Spekulation. Schwellenländeraktien erreichten dagegen zu Zeiten der Asienkrise im August 1998 ein KBV von 0,28 und Anfang 2000 von 1,2. In den folgenden Jahren bis 2007 fanden sie alle wieder zueinander.

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