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Schwellenländer mittel- und langfristig überlegen

Guido vom Schemm
Guido vom Schemm
Die Sorgen der vergangenen Monate um einen Ausstieg aus der expansiven Geldpolitik in den USA erhöhten die Risikowahrnehmung der Anleger für die Schwellenländer und führten zu hohen Mittelabflüssen. Steigende US-Zinsen waren in der Vergangenheit Gift für die Schwellenländer und die Angst vor einer Krise ist groß. Nun sorgt die Verschiebung des Taperings vorerst für Entspannung. Die gefürchtete Liquiditätsverknappung wird viele Länder weniger belasten, als allgemein angenommen. Tatsächlich sind viele Länder in den Schwellenmärkten den Industriestaaten in punkto Wirtschaftswachstum und Staatsverschuldung überlegen und können Problemen besser begegnen als in der Vergangenheit. Daher sollten Mittelabflüsse vorübergehender Natur sein und bieten attraktive Einstiegsmöglichkeiten.

Investments in Schwellenländern gehörten in den letzten Monaten nicht zu den Ertragsbringern im Depot, sie litten unter den starken Mittelabflüssen im Segment. Insbesondere die Währungsseite wurde massiv in Mitleidenschaft gezogen, in Anbetracht möglicher Zinssteigerungen in den USA. Es gehen sogar Befürchtungen hinsichtlich einer Asienkrise 2.0 um, denn in der Vergangenheit waren die Schwellenländer anfällig für steigende US-Zinsen. Die Sorge ist nicht ganz unbegründet, weil diese Staaten in der Vergangenheit stark von ausländischem Kapital abhängig waren. Die Liquiditätsverknappung und steigende Zinsen an den Märkten würden die Finanzierungskosten für ausländische Schulden erhöhen. Zudem sinkt die relative Attraktivität von Investments in Schwellenländern mit sich verbesserndem Wirtschafts- und Zinsgefüge in den Industrieländern, was die Kapitalströme abflauen lassen könnte.

Also verwundert es nicht, dass die Ankündigung der Fed, die Anleihekäufe unverändert fortzusetzen, für eine Entspannung der Lage sorgt. Ohnehin spricht einiges gegen eine allzu schnelle Abkehr der USA von der weltweiten expansiven Geldpolitik. Die Schuldenberge in den Industrieländern wachsen unverändert an, was das Erreichen der Schuldenobergrenze in den USA eindrucksvoll verdeutlicht. Von einem Wirtschaftswachstum, das die Verschuldungslage entspannen könnte, sind sowohl Europa, als auch Japan und die USA noch weit entfernt. Auch die Ernennung der neuen Vorsitzenden der Fed, Janet Yellen, deutet eine Fortführung der aktuellen Politik an. Der Druck auf die Schwellenländer dürfte sich in den kommenden Monaten also im Rahmen halten.

Doch selbst wenn die Liquiditätsverknappung eintritt – und über kurz oder lang ist damit zu rechnen –, hat sich die Ausgangslage vieler Länder verbessert. Sie haben ihre Auslandsverschuldung ab- und hohe Devisenreserven aufgebaut und damit die Anfälligkeit für externe Schocks verringert. Mexiko beispielsweise hält mittlerweile das dreifache seiner kurzfristigen Schulden als Devisenreserven – 1994 lag dieser Faktor noch bei etwa 0,3. Sorgen bereiten in diesem Szenario jedoch insbesondere jene Länder mit hohem Leistungsbilanzdefizit, wie zum Beispiel Brasilien oder Indien. Der BRIC-Kandidat, China, dagegen weist mit seinem Leistungsbilanzüberschuss und den Devisenreserven, die mit 3,66 Billionen US-Dollar im September ein neues Rekordhoch erreichten, eine deutlich stabilere Ausgangslage auf. Diese Beispiele machen deutlich, wie heterogen die Emerging Markets sind. Zumal dazu auch mehr gehören als die populären BRIC Staaten. Insbesondere asiatische Länder wie Malaysia, Vietnam, Mexiko und Polen scheinen für die Zukunft gut gerüstet.

Nun ist auch unbestritten, dass die Wachstumsraten in den Schwellenländern in der Zukunft denen der Industriestaaten überlegen sein werden und doch bleibt eine gewisse Anfälligkeit der Investments für Kursschwankungen. Ausschlaggebend für den kurzfristigen Anlageerfolg ist in erheblichem Umfang auch die Verschiebung der Kapitalströme im Finanzsystem. Stützend sollten diesbezüglich die Bernanke-Rolle-rückwärts sowie eine weiterhin laxe Geldpolitik wirken und die abgeflossenen Mittel wieder zurücktreiben. Soweit die langfristigen Aussichten für viele Schwellenmärkte aufgrund der überlegenen Wachstumsperspektiven und besserer Verschuldungslage positiv bleiben, bieten mittelgetriebene Kursrückgänge für antizyklische Investoren günstige Einstiegsgelegenheiten.

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