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Schwellenländer werden für Firmen in Europa vom Segen zum Fluch

Bei europäischen Unternehmen droht ihr Engagement in den Schwellenländern sich vom Segen zum Fluch zu wandeln. Auf dem Höhepunkt der Finanzkrise waren Asien und Lateinamerika für viele europäische Firmen noch die Rettung. Doch mittlerweile lasten diese Regionen auf den Ergebnissen.

Unilever NV hat am 30. September den schwächeren Währungen in Indonesien, Brasilien, Südafrika und Indien die Schuld an dem gedrosselten Umsatzwachstum gegeben. Davor hatten bereits Adidas AG und Prada SpA die Stärke des Euro für ihre niedrigeren Gewinne verantwortlich gemacht. Schneider Electric, Heineken und Danone gehören zu den Konzernen, deren Ergebnisse durch die Schwellenländer am stärksten leiden könnten, schätzen Analysten und Investoren.

“Man hat an diesen Märkten Wachstumsraten gesehen, die höher als das Bruttoinlandsprodukt waren - das kann nicht ewig so weitergehen”, sagt Hugh Cuthbert, Investmentmanager von SVM Asset Management in Edinburgh. “Investoren begreifen das jetzt.”

Europäische Unternehmen waren in neue Märkte vorgestoßen, um die Schwäche an den Heimatmärkten auszugleichen. In diesem Jahr dürften sie 33 Prozent vom Umsatz in Schwellenländern erzielen, mehr als drei Mal so viel wie im Jahr 1997, zeigen von Morgan Stanley und Bloomberg zusammengestellte Daten. Während US-Unternehmen im Schnitt 70 Prozent vom Umsatz im Inland erwirtschaften, werden europäische Firmen in diesem Jahr weniger als 50 Prozent in ihren Binnenmärkten erwirtschaften.

Der Euro hat in diesem Jahr die beste Entwicklung unter den zehn Währungen aus Industrieländern aufgewiesen, die von den Bloomberg Correlation-Weighted Indexes abgebildet werden. Hintergrund war die Überwindung der rekordlangen Rezession in den 17 Euro-Staaten im letzten Quartal. Der Euro stieg in diesem Jahr etwa 15 Prozent zur indischen Rupie, zehn Prozent zum brasilianischen Real, 18 Prozent zum südafrikanischen Rand, 0,8 Prozent zum chinesischen Yuan und 2,5 Prozent zum US-Dollar.

Besonders anfällig für eine Abschwächung in den Schwellenländern seien unter den europäischen Konsumwerten die Brauereien SABMiller, Heineken und Carlsberg sowie der Nahrungsmittelkonzern Danone, sagen Barclays-Analysten um Simon Hales.

“Da der europäische Grundbedarfsgüter-Sektor 50 Prozent seines Gewinns in den Schwellenländermärkten erzielt, könnte eine Wachstumsverlangsamung in der Region ein beträchtliches Abwärtsrisiko für die Ergebnisse darstellen”, schrieb der Analyst am 1. Oktober in einer Analyse. Zu den am Vortag vorgelegten Ergebnisse von Unilever sagten die Analysten: “Der dunkle Himmel hat sich weiter verdüstert.”

Unilever, der Hersteller von Lipton-Tee und Dove-Seife, erhält 57 Prozent vom Umsatz aus Schwellenländern wie Indien oder China. In der letzten Woche erklärte der Konsumgüterhersteller, dass sich sein Wachstum dort “infolge einer beträchtlichen Währungsschwäche” verringert habe. Die Aktie sackte daraufhin in Amsterdam um bis zu vier Prozent ab.

Das deutsche Chemieunternehmen BASF, das 10 Milliarden Euro in den asiatisch-pazifischen Raum investiert, teilte im Juli mit, dass der Betriebsgewinn vor Sondereinflüssen im zweiten Quartal gesunken war - wegen der “Abwertung des japanischen Yen”.

Auch Schweizer Unternehmen sind teils stark in Schwellenländern engagiert. Der Uhrenhersteller Swatch erzielte letztes Jahr 37 Prozent vom Umsatz in China, während die Genfer Cie. Financière Richemont 41 Prozent aus asiatischen Ländern ohne Japan bekam, zeigen Daten von Bloomberg. Nestlé erwirtschaftete 15 Prozent in Brasilien, China und Mexiko - und steht damit vergleichsweise gut dar: der weltweit weitgrößte Brauereikonzern SABMiller generiert mehr als 80 Prozent vom Umsatz außerhalb Europas und Nordamerikas.

Barclays zufolge sind im Pharmasektor Sanofi und der deutsche Wettbewerber Bayer am anfälligsten für eine Abschwächung der Schwellenländer-Umsätze. Die Region mache etwa ein Drittel des Jahresumsatzes bei den beiden Unternehmen aus.

“Die Erwartungen für Sanofi sind bereits sehr niedrig”, sagt Dan Mahony, Portfoliomanager von Polar Capital Holdings LLC. “Früher haben die Unternehmen über zweistellige Wachstumsraten an den Schwellenmärkten gesprochen. Heutzutage werden diese Zahlen nicht mehr erwähnt.”

Nachdem einige europäische Unternehmen ihre Gewinn- und Umsatzerwartungen zurückschrauben mussten, sollten sie mit ihrem Engagement in Schwellenmärkten vorsichtiger sein, angesichts der Risiken im Zusammenhang mit Wechselkursschwankungen, meint Jeremy Stretch, Leiter Währungsstrategie bei Canadian Imperial Bank of Commerce in London.

“Wir haben die Vorteile der Globalisierung gesehen und dass viele Unternehmen davon profitieren konnten”, sagt Stretch im Telefoninterview mit Bloomberg News. “Wenn diese Länder hohe Leistungsbilanzdefizite aufweisen - sei es Indien, die Türkei oder Südamerika -, dann bleibt das immer ein mögliches Risiko.”

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