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Schwierige Rechtslage Stellt Sterbehilfe Risiko-LV leistungsfrei?

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Leistungsfreiheit der Versicherer

Dass in einer solchen Situation Obhut- oder Verwaltungsbefugnisse über den Risikolebensversicherungsvertrag haben, erscheint fernliegend. Folglich dürften auch entsprechende lebensbeendende oder -verkürzende Handlungen auch nicht über das Rechtsinstitut einer Repräsentantenhaftung dem Versicherungsnehmer zugerechnet werden und zu einer Leistungsfreiheit führen.

Hinzu kommt, dass sich in einer Vielzahl der Fälle der Versicherungsnehmer in einem Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befinden sollte, sodass der eingangs genannte Ausnahmetatbestand greifen dürfte. Eine solche Störung braucht keine echte Geisteskrankheit zu sein. Vielmehr reicht es, wenn der Versicherungsnehmer von einer Gesundheitsstörung so beherrscht wird, dass er eine freie Entscheidung aufgrund einer Abwägung von für und Wider nicht mehr treffen kann und er außerstande ist, die in Betracht kommenden Gesichtspunkte sachlich zu prüfen (OLG Stuttgart; Gz. 5 U 259/87).

Diese Voraussetzungen dürften bei Versicherungsnehmern, die beispielsweise aufgrund schwerer Krankheiten oder Verletzungen beatmet werden müssen oder sich beispielsweise im künstlichen Koma oder Endstadium einer schweren Krebserkrankung befinden, regelmäßig vorliegen.

In jedem Fall sind aber die Fälle der indirekten und passiven Sterbehilfe leider dadurch geprägt, dass sich Versicherungsnehmer entweder ohnehin an der Schwelle zum Tode befinden oder es nicht absehbar ist, dass sie wieder ins „normale“ Leben wie zuvor zurückfinden. Es widerspreche somit dem oben genannten Sinn und Zweck der Ausschlussregelung, wenn ein Risikolebensversicherer auch in einem solchen Fall leistungsfrei wäre. Denn in solchen Fällen kann praktisch immer davon ausgegangen werden, dass ein Versicherungsnehmer die Risikolebensversicherung nicht mit Selbsttötungsabsicht abgeschlossen hat, um seine nahen Angehörigen zu versorgen.

Entsprechende Rechtsprechung zu der hier beleuchteten Problematik ist nicht ersichtlich. Insoweit bleibt abzuwarten, wie sich im gegebenen Fall Gerichte zu dieser Problematik positionieren.

Über den Autor:
Tobias Strübing ist Rechtsanwalt und Partner bei der Kanzlei Wirth-Rechtsanwälte in Berlin. Er ist Fachanwalt für Versicherungsrecht.

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