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Scope-Analystin im Gespräch „Interessante Kaufgelegenheiten für offene Immobilienfonds“

Sonja Knorr ist Scope-Analystin in Berlin.
Sonja Knorr ist Scope-Analystin in Berlin.
DAS INVESTMENT.com: In Großbritannien haben eine Reihe von Immobilienfonds die Rücknahme von Anteilen ausgesetzt, weil die Rückgaben nach dem Brexit-Referendum stark angestiegen waren. Sehen Sie ein realistisches Szenario, dass diese Entwicklung auf deutsche Immobilienfonds überschwappen könnte?

Sonja Knorr: Aus aktueller Sicht sehen wir keine Unruhe am Markt. Das haben uns mehrere Anbieter auf Anfrage unisono bestätigt. Und da einige offene Immobilienfonds aufgrund zu hoher Kassenbestände derzeit gar keine Anteile mehr annehmen, könnten sie einen Mittelabfluss in bestimmten Grenzen sogar gut vertragen. Eine Dynamik hin zu ungewöhnlich hohen Abflüssen ist aber auch aufgrund der einjährigen Kündigungsfrist für neue Anteile nicht zu erkennen.

In welchem Umfang werden deutsche Immobilienfonds ihre UK-Immobilien Ihrer Meinung nach abwerten müssen?

Das hängt von vielen Faktoren ab – wie zum Beispiel der Restlaufzeit der einzelnen Mietverträge in den jeweiligen Objekten oder dem Bewertungsniveau. Im aktuellen Marktumfeld finden allerdings kaum Transaktionen statt, denn keiner will jetzt der Erste sein. Damit fehlt ein Richtwert für die zu erwartenden Abschläge. Allgemein wird zwar keine Abwertung um bis zu 40 Prozent wie nach der Finanzkrise erwartet. Die Auswirkungen dürften aber nicht positiv sein.

Inwiefern könnte eine Abwertung des britischen Pfunds zu sinkenden Anteilswerten bei deutschen Immobilienfonds führen?

Aufgrund ihres überwiegend recht konservativen Bewertungsniveaus bei britischen Immobilien könnten einige Fonds eine leichte Abwertung gut vertragen. Unter einem schwachen Pfund dürften die Fonds nur insofern leiden, dass sie ihre Mieteinnahmen in der Regel nicht abgesichert haben und somit die Erträge sinken. Für bestehende Immobilien-Investments dürfte die Pfund-Schwäche dagegen aber keine gravierenden Folgen haben, denn sie sind über Termingeschäfte gegen Devisenkursschwankungen abgesichert.

In welchen Umfängen haben sich deutsche Immobilienfonds gegen Währungsschwankungen abgesichert?

In der Vergangenheit haben die Fondsmanager sehr konservativ agiert. Deshalb gab es immer relativ hohe Absicherungsquoten von nahezu 100 Prozent. Spätestens vor dem Brexit-Referendum wurden die Absicherungsquoten weiter hochgefahren. Kredite zur Finanzierung der Käufe wurden in Pfund aufgenommen und müssen auch in Pfund zurückgezahlt werden. Der gesunkene Außenwert der britischen Währung spielt bei einem Verkauf somit keine Rolle.

Inwieweit könnten Abwertungen in den Portfolios britischer Immobilienfonds willkommene Kaufgelegenheiten für deutsche Fondsmanager bieten?

Das dürfte für sie durchaus interessante Kaufgelegenheiten bieten. Die Fondsmanager screenen bereits die Portfolios der britischen Immobilienfonds, die die Rücknahme von Anteilen ausgesetzt haben. Wenn die Fondsgesellschaften zu Notverkäufen gezwungen wären, dürfte das höhere Angebot für Preisdruck sorgen. Doch bislang ist einerseits noch nicht einmal sicher, ob und wie es zum Brexit kommt. Andererseits ist derzeit sehr viel Liquidität in den Märkten vorhanden.

Wie gut sind deutsche Offene Immobilienfonds mittlerweile tatsächlich gegen eine vermehrte Anteilsrückgabe seitens der Anleger gewappnet?

Das Kapitalanlagegesetzbuch schützt die Verbraucher zwar nicht endgültig davor, dass ihre Immobilienfonds aufgrund eines Liquiditätsmangels eingefroren werden, wie es derzeit in Großbritannien mehrere Anbieter tun mussten. Aber die neuen gesetzlichen Regeln hierzulande ermöglichen den Anbietern, langfristiger zu planen. Sie hätten ein Jahr, um Liquidität für gekündigte Anteile zu schaffen. Darüber hinaus können sie die Anteilsrücknahme bis zu drei Jahre aussetzen, um in der Zwischenzeit Objekte zu verkaufen oder neue Kredite aufzunehmen.

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