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Spieltheorie Atomstreit und Brexit als Fallstudien für Ökonomen

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Brexit als Fallstudie für Modelle

Der Nuklearstreit mit Nordkorea ist aber nicht der einzige Konflikt, der die Spieltheoretiker derzeit fasziniert. Die Verhandlungen über das Ausscheiden Großbritanniens aus der EU (Brexit) bieten den Ökonomen eine weitere Fallstudie für ihre Modelle.

Vor einem Jahr gab es noch gute Chancen für eine kooperative Lösung. Doch das hat sich grundlegend geändert: Im Augenblick scheint es vielmehr so zu sein, dass es zwischen London und Brüssel keine gemeinsame Zielmenge mehr gibt. Das Risiko, dass die Verhandlungen scheitern und beide Parteien 2019 ohne einen Vertrag auseinandergehen, ist hoch.

Trial-and-Error-Verfahren nicht hilfreich

Sollte es bei der kompromisslosen Haltung bleiben, könnte das schwere Zeiten für die Briten bedeuten. Das Land würde ohne Zugang zum europäischen Binnenmarkt auf den Status eines einfachen Mitglieds der Welthandelsorganisation (WTO) zurückgeworfen und müsste beim Warenverkehr mit der EU die üblichen Zölle zahlen.

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Die Schuld liegt vor allem bei den Briten: Sie haben noch gar nicht begriffen, worum es geht, und haben auch keine Strategie. Erschwerend kommt hinzu, dass es Verhandlungen über einen Austritt aus der EU noch nie gegeben hat, und die Briten nicht unbedingt als große Strategen bekannt sind. In der Spieltheorie geht es jedoch genau um Verhandlungsstrategien, die darauf beruhen, dass man eine gute Vorstellung von den Handlungsoptionen der Gegenseite hat. Das britische Trial-and-Error-Verfahren ist hier nicht hilfreich.

Wirtschaftliche Folgen eines harten Brexits

So sind die Briten klar im Nachteil, und die EU hat eindeutig die Verhandlungsmacht. Sie bestimmt die Agenda und nutzt den Zeitdruck für sich. Zudem hat EU-Verhandlungsführer Michel Barnier geschickt die Deutungshoheit in den Medien erobert: Das Bild zu Verhandlungsbeginn zeigte die EU-Unterhändler mit dicken Aktenordnern, während die Briten mit leeren Händen am Verhandlungstisch saßen. Damit wollte Barnier signalisieren: Wir sind gut vorbereitet, die anderen nicht. Die Briten haben es bislang nicht geschafft, diesen ersten Eindruck zu korrigieren.

Hoffnungen, dass sich die Rest-EU mit ihren 27 Mitgliedsländern von London auseinanderdividieren lässt, sind wohl zum Scheitern verurteilt. Europa hat aus Griechenland gelernt und wird seine Einheit auf jeden Fall wahren. Das ist auch genau der Grund, warum die EU wohl eher eine kompromisslose Verhandlungsstrategie verfolgen wird.

Sollte Brüssel den britischen Wünschen nach freien Zugang zum Binnenmarkt, Einschränkung der Personenfreizügigkeit und Befreiung von Beitragszahlungen zu weit entgegenkommen, könnte dieses cherry picking andere EU-Länder zur Nachahmung verleiten. Auf der anderen Seite wären die wirtschaftlichen Folgen eines harten Brexits für die EU weit weniger gravierend als für die Briten. Brüssel sitzt einfach am längeren Hebel.

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