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Steigende Renditeaufschläge in der Peripherie – fünf potenzielle Beschleuniger

Stuart Thomson, Co-Manager des Ignis Absolute Return Government Bond Fund und Chefökonom von Ignis Asset Management
Stuart Thomson, Co-Manager des Ignis Absolute Return Government Bond Fund und Chefökonom von Ignis Asset Management
Trotz der Zusage Mario Draghis, die Europäische Zentralbank (EZB) werde „alles Notwendige zur Rettung des Euros tun“, waren nicht die Worte der Geldpolitiker der eigentliche Katalysator, der die Renditeaufschläge (Spreads) in Europa sinken ließ. Diese Rolle spielte vielmehr die unbefristete quantitative Lockerung („QE Infinity“) der US-Notenbank.

Angesichts des lauten Nachdenkens der Federal Reserve über ein schrittweises Auslaufen der extrem lockeren Geldpolitik glauben wir, dass der Einstieg in eine solche Politik die Spreads in Europa erneut steigen lassen würde. Eine Reihe von Faktoren in Europa selbst dürften diesen Prozess in den Peripheriestaaten beschleunigen.

Die größten Risiken sind: eine weitere Anpassung der Auflagen, die Griechenland und Zypern im Rahmen der jeweiligen Rettungspakete erfüllen müssen, der Verlust des Investment-Grade-Status spanischer Staatsanleihen sowie vorgezogene Wahlen in Italien. Hinzu kommt, dass sich die Konjunktur in den Randstaaten schlechter als erwartet entwickeln könnte – das Sparparadoxon in Europa und der schwache Welthandel bremsen das Wachstum in den europäischen Kernländern.

Griechenland – nächster Akt der Tragödie

Das allmähliche Auslaufen der extrem lockeren Geldpolitik in den USA ist der Katalysator einer rasanten Erweiterung der Spreads in den europäischen Peripheriestaaten. Wie der ehemalige Gouverneur der Bank of England, Sir Mervyn King, einmal bemerkte, ist es nicht rational, einen Run zu starten. Durchaus rational sei es jedoch, bei einem Run mitzumachen, der bereits begonnen habe. Als unmittelbare Ursache kommen mehrere Faktoren in Betracht.

Wir glauben, dass Griechenland innerhalb der nächsten zwölf Monate auf ein weiteres Rettungspaket angewiesen sein wird. Das interne Schuldeingeständnis des Internationalen Währungsfonds (IWF) für dessen Teilnahme an der Griechenland-Rettung zeigt, dass die Ökonomen des IWF von Anfang an wussten, dass die Rettungsaktion die Probleme nicht dauerhaft lösen würde. Sie wurden jedoch von anderen Mitgliedern der Troika, vornehmlich europäischen Politikern, gezwungen, Wachstumsprognosen und fiskalische Multiplikatoren zu akzeptieren, die vor dem Hintergrund der beispiellosen Sparanstrengungen unrealistisch waren.

Angesichts der massiven Anleihekäufe der US-Notenbank sind die Spreads griechischer Papiere enger geworden, so wie bei anderen risikoträchtigen Anlageformen auch. Wegen der stockenden Privatisierungsbemühungen sind in den nächsten Jahren jedoch zusätzliche Sparmaßnahmen erforderlich, und das bedeutet wiederum, dass die griechische Wirtschaft 2014 und 2015 voraussichtlich erneut schrumpfen wird.

Zypern – ähnliche Fehler wie bei Griechenland

Trotz der nachträglichen Einsicht im Fall Griechenlands wiederholt der IWF die gleichen Fehler bei seinen Prognosen für Zypern. Das Ausmaß des Rückgangs der Wirtschaftsleistung infolge der Beteiligung von Bankguthaben, die nicht unter die Einlagensicherung fallen, und der rapiden zwangsweisen Verkleinerung des Finanzsektors wurde unterschätzt. Bei der zweiten Rettungsaktion werden voraussichtlich erneut ungesicherte Bankguthaben zur Mitfinanzierung herangezogen werden.

Italien – Berlusconi bleibt die offene Flanke der Koalition

Spannungen an den Finanzmärkten könnten auch vorgezogene Wahlen in Italien auslösen. Das gute Abschneiden der Demokratischen Partei bei den Kommunalwahlen hat der fragilen Koalition in den letzten Wochen neue Kraft verliehen. Ein Problem bleiben jedoch die politischen Intrigen von Silvio Berlusconi, der alles tut, um einer Haftstrafe zu entgehen. Die Regierungskoalition hat sich vorgenommen, 18 Monate im Amt zu bleiben und in diesem Zeitraum das Wahlrecht zu reformieren. Woran sie am Ende scheitern wird, lässt sich schwer vorhersagen, doch wir glauben, dass Enttäuschung über das Tempo der Erholung eine Rolle spielen wird. Vorausgegangen war Erleichterung über die allmähliche Abschwächung der Rezession dank verbesserter Bedingungen an den Finanzmärkten und einer Restrukturierung der Haushaltsdefizite.

Spanien – Verlust des Investment-Grade-Ratings droht

Ein weiterer Unruheherd in Sachen Spread-Erweiterung in den Peripheriestaaten ist Spanien. Standard & Poor’s hat das BBB-Rating des Landes soeben bestätigt, der Ausblick bleibt jedoch negativ. Obendrein musste Madrid sich anhören, die Reformanstrengungen der Regierung seien zwar lobenswert, es drohe aber eine Herabstufung auf „Sub-Investment Grade“, sollten der Reformeifer erlahmen und die Konjunkturschwäche andauern. Moody’s beurteilt Spanien ähnlich und wird im Herbst seine neue Bewertung verkünden. Die Kommentare der beiden Rating-Agenturen decken sich mit hartnäckigen Gerüchten, wonach die Analysten für eine Herabstufung sind. Dem steht die Furcht vor den politischen Auswirkungen entgegen, die eine Aberkennung des Investment-Grade-Status und ein Ausscheiden Spaniens aus den großen internationalen Staatsanleihen-Indizes haben könnten. Vorerst ist das spanische Rating nicht in Gefahr, doch beim nächsten Schuldensturm wäre es mit der Ruhe auf jeden Fall vorbei.