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Strategiegespräch „Ein gutes Produkt braucht keine Bindung“

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DAS INVESTMENT.com: Bei jungen Unternehmen mit noch recht kleinen Beständen spielt das Risikomanagement eine entscheidende Rolle. Wie gehen Sie hier vor?

Vogel: Wir haben zwei Säulen definiert. Säule Nummer 1 ist eine strenge Zeichnungspolitik. Wir schauen uns sehr genau an, welche Risiken wir übernehmen. Ein Beispiel: Ich bin ein großer Freund des Pflege-Bahr. Das war ein guter Schritt in die richtige Richtung. Aber der Pflege-Bahr ist für die Versicherer vor dem Hintergrund des Kontrahierungszwangs eine echte Herausforderung. Wir sind meines Wissens der einzige Versicherer, der gesagt hat: Wer im Geschäftsjahr 2013 nur den Pflege-Bahr verkauft, bekommt bei uns keine Provision – zusammen mit unserer DFV-DeutschlandPflege und einer Gesundheitsprüfung aber sehr wohl.

Die Überlegung war, dass es mit der Einführung des Pflege-Bahr zunächst eine aktive Nachfrage von vielen schlechten Risiken geben würde. An diesen Risiken haben wir aber wenig Interesse. Und keine Provision zu zahlen ist ein probates Mittel, um den Vertrieb zu steuern.

DAS INVESTMENT.com: Und Säule Nummer 2?

Vogel: ... ist eine äußerst konservative Rückversicherungspolitik. Bei der Pflegeversicherung arbeiten wir sehr eng mit dem Rückversicherer Scor zusammen und haben 70 Prozent des Risikos rückversichert. Das war aber gar nicht so einfach. Die großen Rückversicherer wären gerne unsere Partner geworden, wollten sich aber Ausstiegsrechte nach 10, 15 oder 20 Jahren vorbehalten. Das ist für uns aber völlig inakzeptabel.

Die Pflegeversicherung ist ein langfristiges Geschäft, und ich brauche keinen Rückversicherer für die nächsten 10, sondern eher für die nächsten 50 Jahre. Jetzt haben wir Rückversicherungsverträge bis zum natürlichen Portfolioauslauf. Ihre Police ist bei uns also rückversichert, bis Sie kündigen, zum Pflegefall werden oder sterben. Sicherer geht es nicht.

DAS INVESTMENT.com: Sie haben sich sehr stark auf das Thema Pflege fokussiert. Weshalb?

Vogel: Pflege ist schlicht und ergreifend die zentrale Herausforderung, mit der wir uns gesellschaftlich in Zukunft auseinandersetzen müssen. Und die Idee bei der Entwicklung unserer DFV-DeutschlandPflege war vergleichsweise einfach: Wir wollten weg von Serviceversprechen und eine neue Benchmark setzen, was die Leistung angeht. So verdoppeln wir auf Wunsch zum Beispiel das vereinbarte Pflegetagegeld, wenn der Versicherte pflegebedürftig und dement wird.

Unser Tarif leistet weltweit und sieht auch eine Beitragsbefreiung bereits ab Pflegestufe 0, bei Arbeitslosigkeit oder Arbeitsunfähigkeit vor. Natürlich gilt auch hier das tägliche Kündigungsrecht. Ich würde sogar sagen: Wir haben die beste Pflegeversicherung am Markt. Nicht umsonst erzielten unsere Tarife in den zurückliegenden anderthalb Jahren mehr als 20 Top-Platzierungen in maßgeblichen Ratings und Tarifanalysen.

DAS INVESTMENT.com: Sie haben vor zwei Jahren gesagt, die Politik verschaukele die Bürger in Sachen Pflege. Stehen Sie heute noch dazu?

Vogel: Wir haben das im Rahmen des Pflegekongresses 2012 gesagt. Seitdem ist einiges passiert, die Einführung des Pflege-Bahr zum Beispiel. Es ist heute manches besser als damals. Aber wenn man sich die aktuellen Entwicklungen in der Großen Koalition anschaut, läuft vieles in die falsche Richtung: Die demografische Keule wird erbarmungslos zuschlagen. Die Zahl der Pflegebedürftigen explodiert, die der Beitragspflichtigen in der gesetzlichen Pflegeversicherung schrumpft.

In dieser Situation eine Absenkung des Renteneintrittsalters oder Mütterrenten zu beschließen ist ein völlig falsches Signal. Da verschaukelt die Politik tatsächlich die Bürger, weil sie ihnen weismacht, dass der Staat es schon richten werde. Doch die Überfamilie „Staat“ ist angesichts der demografischen Entwicklung längst an ihre Leistungsgrenzen gelangt.

DAS INVESTMENT.com: Wie sieht Ihr Fünf-Jahres-Plan für die Zukunft aus?

Vogel: Ich bin davon überzeugt, dass wir weiter erfolgreich und organisch wachsen werden. Wir besitzen große Leidenschaft für das Thema Innovation und prüfen, in welchen Nischen wir neue Benchmarks setzen könnten. Dabei wird das Thema betriebliche Krankenversicherung sicher eine Rolle spielen. Und was das Thema Weiterentwicklung der Pflegeversicherung angeht – da stehen wir eigentlich erst am Anfang.



Philipp Vogel ist Gründer und Vertriebsvorstand der DFV Deutschen Familienversicherung in Frankfurt am Main. 1994 gründete er mit seinem Geschäftspartner Stefan Knoll die Diatel Direkt Assekuranz-Marketing, einen Spezialanbieter von Kommunikationsmarketing für Versicherungsgesellschaften. 2000 ging Diatel Direkt in der börsenorientierten SNT Group auf. Knoll und Vogel führten die SNT Deutschland mit zuletzt 3.500 Mitarbeitern an 16 Standorten. Nach dem Verkauf der Geschäftsanteile im Jahr 2005 entschlossen sich die beiden, die DFV zu gründen.

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