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Strategiegespräch mit dem Vorstand der Continentale „Vom Pflege-Bahr halten wir nichts“

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Planen Sie denn eine Produktantwort auf das Niedrigzinsniveau?

Wir beobachten den Markt und die Wettbewerber aufmerksam. Wenn sich hier ein Bedarf entwickelt, werden wir uns dem nicht verschließen. Aber das werden wir im Verlauf des kommenden Jahres entscheiden. Im Moment nicht. Außerdem stehen wir ganz klar zur klassischen Lebensversicherung und zu klassischen Garantien.

Es gibt in Deutschland ein Bedürfnis nach Sicherheit. Und aus meiner Sicht erfüllt die Lebensversicherung dieses Bedürfnis mit ihrer Todesfallabsicherung und lebenslangen Rentengarantie am besten.

Sie stehen auch zur klassischen LV bei einer Senkung des Rechnungszinses auf 1,25 Prozent, wie jetzt von der Bundesregierung beschlossen?
Ja.

Halten Sie die Garantiezinssenkung für gerechtfertigt?

Die Berechnung, die die Aktuare anwenden, um die Höhe des Garantiezinses zu prüfen, gab wohl keinen Anlass, den Garantiezins zu senken. Ich glaube, das ist eher politisch getrieben, um die Situation der Lebensversicherer zu stabilisieren. Wir werden aber mit der neuen Situation genauso gut zurechtkommen wie mit der jetzigen.

Um den Garantiezins geht es doch eigentlich gar nicht. Es geht darum, was wir insgesamt ausschütten. Und da liegen wir mit einer Gesamtverzinsung von rund 4,3 Prozent deutlich über dem Garantiezins. Wissen Sie, man muss grundsätzlich zu seinen Produkten stehen und kann nicht immer nur das machen, was der Markt gerade verlangt.

Sie wollen dieses Jahr noch ein neues Pflegeprodukt starten. Das Thema Pflege ist am Markt aber doch auch gerade in aller Munde. Zumindest bringt gefühlt jede Versicherungsgesellschaft derzeit eine neue Pflegeversicherung auf den Markt.

Pflege ist ein großes Thema. Und ehrlich gesagt hätten wir das Produkt schon längst auf dem Markt, wenn wir geschafft hätten, es zu produzieren. Aber durch die Umstellung auf die Unisex-Welt einerseits und die Integration der Mannheimer andererseits waren alle Ressourcen gebunden. Da haben wir es einfach nicht geschafft, das Pflegeprodukt zu entwickeln.

Wie soll das neue Pflegeprodukt aussehen?

Wir wollen im Herbst eine ungeförderte Pflegetagegeldversicherung starten. Sie wird sich an unseren Tarifen orientieren, die wir in der Bisex-Welt angeboten haben. Aber wir machen die Versicherung noch ein wenig flexibler und statten sie mit einigen Optionsmöglichkeiten aus.

Wird es auch ein gefördertes Produkt, also einen Pflege-Bahr von der Continentale geben?

Nein, davon halten wir nichts.

Warum?

Ein Produkt, bei dem es von Gesetzes wegen keine Gesundheitsprüfung geben darf, kommt einfach nicht infrage. Sehen Sie, uns liegt sehr viel daran, unseren Bestand zu schützen. Aus diesem Grund haben wir in der Krankenversicherung zum Beispiel auch den Garantiezins unter die 3,5-Prozent-Marke gesenkt. Im Schnitt liegt der Rechnungszins in unserem Krankenversicherungsbestand jetzt zwischen 3,2 und 3,5 Prozent, je nach Tarif. Das war ein wichtiger Schritt zur Beitragssicherung.

Im neuen Lebensversicherungsreformgesetz, kurz LVRG, ist neben der Garantiezinssenkung vorgesehen, dass die Ausschüttung von Bewertungsreserven auf festverzinsliche Wertpapiere an Kunden ausgesetzt werden kann, wenn sich der Versicherer in einer Klemme befindet.

Richtig, aber uns betrifft das nicht. Wir werden keine Bewertungsreserven einbehalten müssen. Unsere Kapitalanlagen sind 2013 um 13,4 Prozent auf 18,5 Milliarden Euro gestiegen, und auch ohne Einbeziehung der Mannheimer gab es ein deutliches Plus. Die Erträge haben sich um 4,5 Prozent auf 759 Millionen Euro erhöht. Unsere Kapitalanlagepolitik ist konservativ ausgerichtet. Wenn wir zum Beispiel in Aktien investieren, dann nur über abgesicherte Strategien oder Mischfonds, um die Volatilität auszugleichen.

Im LVRG steht auch, dass die Bafin es Versicherungs-AGs untersagen kann, Dividenden auszuschütten, wenn andere Leistungen gefährdet sind. Ist man als Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit, wie es die Continentale ist, da ein bisschen schadenfroh?


Es geht ja darum, immer wieder die Balance zwischen den wirtschaftlichen Bedürfnissen des Unternehmens auf der einen Seite, also Ertrag und Gewinn, und den Bedürfnissen der Mitarbeiter, Vertriebspartner und Kunden auf der anderen Seite zu finden. Und da tun wir uns als VVaG leichter als eine Aktiengesellschaft. Wir müssen keine Gewinne abführen, und es gibt keine Erwartungshaltung von Aktionären, wie viel Gewinn wir machen müssen, wobei wir selbstverständlich für unsere Versicherten Überschüsse erwirtschaften wollen. Aber die Sorge, dass es so einen Schritt überhaupt braucht, ist viel größer als eine mögliche Schadenfreude. Denn er macht deutlich, dass einzelne Gesellschaften möglicherweise wirklich schon Probleme haben, sonst bräuchte es diese Maßnahme ja nicht. Und darüber kann ich mich nicht freuen.

Helmut Posch, Jahrgang 1956, ist Vorstandsvorsitzender im Continentale Versicherungsverbund. Der Österreicher ist seit 30 Jahren in der Versicherungsbranche tätig. Nach seiner Ausbildung zum Versicherungskaufmann übernahm er schnell Führungsverantwortung bei verschiedenen österreichischen Versicherern, wobei er berufsbegleitend den Lehrgang für Internationales Management in St. Gallen absolvierte.

2002 wurde Posch Vorstand der österreichischen Uniqa Versicherungen, 2004 wechselte er als stellvertretender Vorstandsvorsitzender zu den Mannheimer Versicherungen. 2006 wurde er deren Vorstandsvorsitzender. Zum Continentale Versicherungsverbund kam Posch im September 2011, zunächst als stellvertretender Vorstandsvorsitzender. Seit Juli 2012 ist er Vorstandsvorsitzender im Verbund.

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