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Streitfrage: Haftet eine AG für fehlende Angaben im Emissionsprospekt?

Michael Rainer, Rechtsanwalt und geschäftsführender Partner der Kanzlei GRP Rainer
Michael Rainer, Rechtsanwalt und geschäftsführender Partner der Kanzlei GRP Rainer
Der Fall

Ein Anleger zeichnete 2005 eine Anleihe einer Aktiengesellschaft (AG), die zwischen 1999 und 2006 insgesamt 25 Inhaberschuldverschreibungen ausgab. In der Folgezeit meldete die AG Insolvenz an. Der Beklagte war mit über 70 Prozent Mehrheitsaktionär und herrschender Unternehmer der AG. Die vom Kläger gezeichnete Anleihe wurde mit „ausgewogenen Konditionen“ beworben. Der Beklagte erlangte aufgrund diverser Einzelweisungen hohe Zahlungen von der Aktiengesellschaft. Der Kläger forderte eine Rückabwicklung des Vertrags.

Das Urteil

Der Bundesgerichtshof (BGH) gab dem Kläger recht (Aktenzeichen: XI ZR 344/11). Als Begründung führte das Gericht an, dass der mit „ausgewogene Konditionen“ beschriebene Prospekt unvollständig sei, da er die eigentlichen Einflussverhältnisse nicht richtig darstelle. Insbesondere würden hier die Einflussmöglichkeiten des Beklagten fehlen. Hiermit einher ginge das erhöhte Risiko der Anleger, ihre Anlagesumme zu verlieren. Dies gelte im vorliegenden Fall, da sich die Inhaberschuldverschreibung ohne Börsenzulassung insbesondere an ein unerfahrenes Publikum ohne Spezialkenntnisse richte. Die Anforderungen an Inhalt und Umfang des Emissionsprospekts müssten sich an dem Horizont des Publikums orientieren.

Das meint der Experte

Die Entscheidung des BGH zeichnet eine erfreuliche Entwicklung in der Rechtsprechung zugunsten der Anleger. Das Urteil könnte durchaus wegweisenden Charakter für viele ähnlich gelagerte Fälle haben. Interessant ist, dass der Bundesgerichtshof sich hier ausdrücklich zugunsten privater Anleger positioniert. Die Kernaussage ist, dass Emissionsprospekte, die ihrer Art und Bewerbung nach an private Kleinanleger gerichtet sind, auch deren Fähigkeiten entsprechend formuliert sein müssen. Dies gilt natürlich – wie im vorliegenden Fall – in besonderem Maß für die entsprechenden Hinweise auf Risiken, die die Kapitalanlage birgt. Nur so kann gewährleistet werden, dass auch Laien durch die gründliche Lektüre des Emissionsprospekts den erforderlichen Kenntnisstand erreichen können, um die Anlage ihres Kapitals wohlüberlegt entscheiden zu können.

Das Gericht hat damit einen großen und wichtigen Schritt zugunsten des Anlegerschutzes gemacht. Insbesondere für private Anleger sind die umfangreichen Emissionsprospekte meist schwer zu durchdringen. Auf mangelnde Kenntnis gestützte Schadenersatzklagen waren nur auf Basis der Prospekte bislang jedenfalls sehr schwer zu begründen. Ob die Entscheidung künftig Auswirkungen auf die Erstellung der Emissionsprospekte haben wird, bleibt noch abzuwarten. Schon heute dürfte sie jedoch die derzeitigen Verfahren vor anderen Gerichten beeinflussen.

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