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Streitfrage: Muss der Kunde wissen, wenn die Bank von zwei Seiten bezahlt wird?

Udo Brinkmöller, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht und Partner von BMS Rechtsanwälte in Düsseldorf
Udo Brinkmöller, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht und Partner von BMS Rechtsanwälte in Düsseldorf
Der Fall: Ein Anleger erwarb ein Zertifikat für 280.000 Euro. Seine beratende Bank, die auch sein Wertpapierdepot führt, berechnete ihm für das Kommissionsgeschäft eine Provision von 0,7 Prozent des Kurswerts. Zudem erhielt sie von der Zertifikat-Emittentin eine Vertriebsvergütung von 3 Prozent, worüber der Berater den Kunden nicht aufklärte.

Das meint der Experte:

Mit diesem Urteil beantwortet der Bundesgerichtshof (BGH) die Frage, ob bei der Vereinbarung eines Kommissionsgeschäfts mit dem Kunden eine Aufklärungspflicht über eine vom Emittenten des Wertpapiers erhaltene Provision besteht, wenn der Kunde seinerseits eine (Order-)Provision an die Bank bezahlt. Dies ist laut Bundesgerichtshof der Fall. Zwar begründet allein das generelle Gewinnerzielungsinteresse der Bank noch keine Aufklärungspflicht.

Die Pflicht entsteht aber, wenn Umstände so schwer wiegen, dass sie dem Anleger zu offenbaren sind. Einen solch schwerwiegenden Interessenkonflikt hat der Bundesgerichtshof hier bejaht. Der Anleger dürfe davon ausgehen, dass das legitime Gewinnerzielungsinteresse der Bank durch das geleistete Entgelt für den Kommissionskauf umfassend und abschließend befriedigt wird.

Auch dürfe er annehmen, dass die Bank allein seine Interessen wahrnimmt und sich der Berater bei seinen Ratschlägen ausschließlich von sachlichen Gesichtspunkten leiten lässt. Dem Kunden sei der schwerwiegende Interessenkonflikt durch die doppelte Vergütung nicht bekannt. Er könne nicht beurteilen, ob seine Bank ein Papier nur deswegen empfiehlt, weil sie selbst von dritter Seite dafür vergütet wird.

Es bestünde die konkrete Gefahr, dass die Bank Anlageempfehlungen nicht allein im Kundeninteresse abgibt, sondern zumindest auch in ihrem eigenen Provisionsinteresse, was nach den Grundsätzen der anleger- und objektgerechten Beratung nicht zulässig wäre.

Der Bundesgerichtshof stellt fest, dass die Bank die von ihr hervorgerufene Fehlvorstellung über die Neutralität ihrer Beratungsleistung nur dadurch auflösen könne, indem sie ihre Doppelrolle dem Kunden unmissverständlich offenbart und ihn über Erhalt und Höhe der (zusätzlichen Vertriebs-)Provision vorab aufklärt.

Der Anspruch sei auch nicht verjährt, da die übliche Verjährungsfrist bei Wertpapiergeschäften nicht greift, wenn wie hier eine vorsätzliche Beratungspflichtverletzung vorliegt. Nur die Frage, ob die unterlassene Aufklärung tatsächlich auch Ursache für die Anlageentscheidung war, muss die Vorinstanz noch einmal prüfen.

Wieder einmal hat der Bundesgerichtshof seine strenge Provisionsrechtsprechung weiter konkretisiert. Wie zu erwarten hält er an seiner Grundaussage fest, wonach eine beratende Bank vorrangig im Interesse des Kunden tätig werden muss oder ihm vorab offenbaren muss, dass sie von anderen, in der Regel eigenen Interessen geleitet wird.

Das Urteil: Der Bundesgerichtshof verurteilte die Bank, dem Kunden den Differenzschaden zwischen Kauf- und Verkaufspreis von rund 160.000 Euro zu ersetzen (Urteil vom 24.9.2013, Aktenzeichen XI ZR 204/12). Die Bank hätte vor Geschäftsabschluss ausdrücklich über die weitere Vertriebsprovision der Emittentin aufklären müssen.

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