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Studie des Flossbach von Storch Research Institute German Angst: Wie Verlustangst die Vermögensbildung behindert

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Das deutsche Trauma

Durch die Hyperinflation in den 1920er Jahren hat sich die Gefahr plötzlicher Vernichtung von Geldvermögen durch Finanzkrisen nachhaltig im Bewusstsein deutscher Sparer festgesetzt. Die in der Inflation immer weiter anschwellenden Geldströme spülten nicht nur Vermögenswerte weg. Sie erschütterten auch das Vertrauen einer ganzen Generation in ökonomische Gesetzmäßigkeiten und tradierte Verhaltensregeln. Das gesellschaftliche Trauma der Inflationszeit wirkt generationenübergreifend bis heute.

Die Mitte als sensibles Zentrum der heutigen Gesellschaft

Seit Jahrzehnten stagnieren die Reallöhne, durch atypische Beschäftigungsverhältnisse schrumpft die mittlere Einkommensgruppe auf dem Arbeitsmarkt. Zugleich werden die Einkommen in immer stärkerem Maße durch den korrigierenden Sozialstaat zu Gunsten der Unterschicht ausgeglichen. In der Mittelschicht ist daher die Steuern- und Abgabenlast besonders hoch. In Deutschland wird mehr umverteilt als in fast allen anderen Ländern.

Die schrumpfenden Realeinkommen, die der Mittelschicht bleiben, finden in der öffentlichen Debatte allerdings deutlich weniger Beachtung als die Themen Migration, Bildung und Arbeitsmarkt. Die Deutschen arbeiten besonders hart für ihr Geld, titelte die „FAZ“ im vergangenen Jahr, um dann ernüchtert festzustellen, dass das Geld nicht für die Deutschen arbeitet. Derweil steht die Mitte unter Anlagedruck, um einen möglichen Abstieg zu vermeiden. Die institutionellen Rahmenbedingungen setzen die Erwerbstätigen unter Zugzwang – aber Angst lähmt sie.

Wohlstand mit Unternehmensbeteiligungen sichern

Die deutschen Sparer machen sich zu Recht Sorgen um ihre finanzielle Absicherung im Alter. Ängste verhindern, dass sie die richtigen Konsequenzen ziehen. Zwar spiegelt die hohe Affinität der Deutschen zu Gold und Bankeinlagen das große Sicherheitsbedürfnis in Geldfragen wider. Beide Anlagen sind jedoch für die Vermögensbildung ungeeignet, da sie keine regelmäßigen Erträge erwirtschaften. Während Gold aufgrund seiner Geschichte als stabile Währung wenigstens einen Versicherungsschutz gegen Geldentwertung bietet, ist ein Bankkonto für die Vermögensbildung völlig ungeeignet.

Die Vermögenspreise sind in den vergangenen zehn Jahren absolut um etwa 10 Prozent gestiegen. Daraus ergibt sich eine annualisierte Inflationsrate von 3,3 Prozent. Ein Tagesgeld-Bankkonto wurde in diesem Zeitraum durchschnittlich mit 0,5 Prozent verzinst. Auch die Verbraucherpreisinflation lag darüber: Anleger, die 10.000 Euro für zehn Jahre auf ein Girokonto legen, müssen mit erheblichem Kaufkraftverlust rechnen. In der Vergangenheit hätte dieser Verlust knapp 2.800 Euro betragen.

Obwohl die Verlustaversion eine wichtige Funktion für individuelles wirtschaftliches Verhalten darstellt, zeigen moderne Gesellschaften Tendenzen, die förderlich für eine Zunahme von Angst sind. Hierzulande wirken geschichtliche Erfahrungen und insbesondere die Zeit der Hyperinflation mit ihren fatalen Folgen für die privaten Vermögen und das gesellschaftliche Klima bis heute nach.

Zwischen 2005 und 2014 hat sich das Sorgenniveau in Deutschland, gemessen an der Sorge vor Arbeitsplatzverlust, deutlich verringert. Wie die Umfrage des Flossbach von Storch Research Institute zeigt, machen sich die Menschen, vor allem in der Mittelschicht, jedoch sehr wohl Gedanken um die Zukunft und insbesondere um ihre Altersvorsorge. Eine breitenwirksame Aktienkultur, mit der die Zukunft besser gemeistert werden könnte, bleibt in Deutschland aufgrund mangelnder Aufklärung unterentwickelt.

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