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Aktualisiert am 15.09.2016 - 10:02 UhrLesedauer: 4 Minuten

Jason Singer: „Traditionellen Rentenstrategien bleiben die meisten Renditequellen verschlossen“

Jason Singer, Portfoliomanager des Goldman Sachs Global Strategic Income Bond Portfolio
Jason Singer, Portfoliomanager des Goldman Sachs Global Strategic Income Bond Portfolio


DAS INVESTMENT: Goldman Sachs hat im Frühjahr 2013 eine nachhaltige Zinswende prognostiziert. Bleiben Sie bei dieser Einschätzung, nachdem die US-Notenbank ihr „Tapering“ überraschend aufgeschoben hat?

Jason Singer: Ja, wir denken, dass die Zinssätze in den USA längerfristig steigen werden. Der holprige Beginn dieses langfristigen Trends überrascht uns nicht. Vermutlich hat die US-Notenbank die Drosselung ihrer Anleihekäufe verschoben, weil die Zinsen bereits nach der ersten entsprechenden Andeutung von Fed-Chef Ben Bernanke deutlich gestiegen waren. Die Fed will, dass die Zinssätze allmählich steigen – und sich in einem Zeitraum von mehreren Jahren normalisieren. Was sie jedoch nicht will, ist ein rascher Zinsanstieg, der die konjunkturelle Erholung bremsen könnte.

DAS INVESTMENT: Die Anleihemärkte stehen weltweit tendenziell unter Druck, und das bei wenig attraktiven Renditen. Wie wirkt sich das auf die Anlagestrategie im Rentenmarkt aus?

Singer: Das Stichwort lautet hier Flexibilität. Wer heute im Rentenmarkt agiert, muss in der Lage sein, neben den traditionellen Renditequellen weitere Ertragsbringer an den globalen Anleihemärkten aufzuspüren. Das ist auch notwendig, denn den traditionellen Ansätzen stehen naturgemäß nur wenige Renditequellen zur Verfügung. Unsere „Kernstrategien” konzentrieren sich auf Staatsanleihen. Hier steht die Steuerung von Zinsänderungsrisiken im Vordergrund. Hinzu kommen sogenannte „Kern-Plus-Strategien”, die in eine Kombination aus Staats- und Unternehmensanleihen investieren. Hier hat die Steuerung von Kreditrisiken Priorität.

DAS INVESTMENT: Welche Renditenquellen stehen Investoren nach Ihrer Ansicht überhaupt noch zur Verfügung, wenn die Zinsen auf breiter Front steigen?

Singer: Eine Möglichkeit besteht im Übergang zu einer negativen Position in Bezug auf das Durationsrisiko. Wir erwarten, mit einer solchen negativen Durationsposition von einem Zinsanstieg zu profitieren. Dies ist allerdings nur ein Beispiel für unseren Rentenmarkt-Ansatz, der keinerlei Beschränkungen unterliegt. Wir verfolgen insgesamt acht verschiedene Renditestrategien und gewichten diese völlig individuell – je nachdem, welche Chancen sich gerade bieten.

DAS INVESTMENT: Können Sie weitere Beispiele für diese Strategien nennen?

Singer: Wie beim Durationsmanagement spielen auch bei unserer Währungs- und Länderstrategie makroökonomische Aspekte eine wichtige Rolle. Wir setzen darauf, dass sich bestimmte Märkte in eine bestimmte Richtung bewegen. Hinzu kommen marktneutrale Strategien – chancenreiche Einzeltitel werden selektiert, das allgemeine Marktrisiko wird hingegen abgesichert.

DAS INVESTMENT: An den üblichen Benchmarks orientieren Sie sich nicht?

Singer: Wir kennen die Benchmarks, verwenden diese allerdings nicht als Maßstab für unsere eigene Performance. Entscheidend ist für uns vielmehr, ob wir positive absolute Renditen erzielen. Gleichzeitig streben wir an, überhöhte Risiken zu vermeiden, wie sie beispielsweise bei Aktieninvestments auftreten. Unser Ziel ist es, dauerhaft positive anleihetypische Renditen unter Eingehung anleihetypischer Risiken zu erzielen.

DAS INVESTMENT: Das erinnert an Total-Return-Ansätze. Inwiefern heben Sie sich von diesen ab?

Singer: Da gibt es doch einige Unterschiede. Erstens halten traditionelle Total-Return-Strategien im Grundsatz stets Long-Positionen in Bezug auf das Zinsänderungsrisiko. Wir können wie bereits erwähnt auch zu entsprechenden Short-Positionen wechseln. Zweitens verfügen die meisten Total-Return-Ansätze nur über eine begrenzte Flexibilität, jenseits ihrer traditionellen Marktsegmente anzulegen. Wir hingegen können uns in- und ausländische Sektoren des Rentenmarkts ansehen. Das gilt sowohl für Industrie- als auch für Schwellenländer, um dort Anleihen mit einem aussichtsreichen risikobereinigten Renditepotenzial ausfindig zu machen.

DAS INVESTMENT: Welche Bondsegmente sehen Sie sich momentan genauer an?

Singer: Wir sehen Wertpotenzial an den Rentenmärkten einiger europäischer Länder und auch einiger Schwellenländer. Wegen des Zinsanstiegs in den USA haben viele Anleger ihre Engagements in Bezug auf das Zinsänderungsrisiko zurückgefahren. Das hat in vielen Märkten zu höheren Zinssätzen geführt hat. Manche Länder weisen jedoch völlig andere Fundamentaldaten als die USA auf, und wir halten höhere Zinssätze in einigen dieser Fälle nicht für gerechtfertigt.

DAS INVESTMENT: In den USA eskaliert der Haushaltsstreit  – eine Belastung für die Bondmärkte?

Singer: Die ernsthafte Gefahr einer Zahlungsunfähigkeit der USA sehen wir nicht. Tatsächlich könnte sich der Streit eher positiv als negativ auf den Rentenmarkt auswirken. Haushaltsauseinandersetzungen führen in der Regel dazu, dass die Anleger vorsichtiger werden und Anleihen den Vorzug vor Aktien geben.

DAS INVESTMENT: Welche Perspektiven bietet der Rentenmarkt Anlegern?

Singer: Nach unserer Überzeugung bieten die globalen Anleihemärkte gegenwärtig reichlich Anlagechancen. Mit unserem strategischen Ansatz haben wir in den vergangenen Jahren Gesamtrenditen von 5,5 bis 6 Prozent bei einer Volatilität von weniger als 4 Prozent erzielt. Selbstverständlich stellt die bisherige Performance keine Garantie für zukünftige Renditen dar, die Schwankungen unterliegen können.

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