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Thorsten Polleit zu Gold „Goldpreisanstieg ist kein Strohfeuer“

Chefvolkswirt bei Degussa Goldhandel: Thorsten Polleit
Chefvolkswirt bei Degussa Goldhandel: Thorsten Polleit
DAS INVESTMENT: Der Goldpreis wie auch der Wert von Goldminenaktien steigen seit sieben Wochen wieder. Welche Gründe gibt es für den Anstieg?

Thorsten Polleit: Vermutlich ist es vor allem die Einschätzung, dass die Zinsen nicht steigen werden, nicht in den USA, nicht im Euroraum, nicht in Japan. Die immensen Schuldenlasten lassen das nicht mehr zu. Die Zentralbanken haben vielmehr begonnen, die Schulden zu monetisieren. Dabei manipulieren sie die Zinsen in Richtung der Nulllinie. Es scheint mir sogar sehr wahrscheinlich zu sein, dass festverzinsliche Anlagen sogar auch mit einem Negativzins entwertet werden sollen.

Ist das die Trendwende für das Edelmetall oder nur ein Strohfeuer?

Polleit: Gemessen an einem Korb aller wichtigen Währungen der Welt, steigt der Goldpreis bereits seit Anfang 2014. So gesehen scheint der jüngste Anstieg des Goldpreises in US-Dollar und Euro kein Strohfeuer zu sein. Der Goldpreis wird – wie viele andere Güterpreise auch – langfristig stark durch die Weltgeldmenge beeinflusst. Und weil die Weltgeldmenge wohl weiter steigen wird, sollte auch die langfristige Preisentwicklung gerade beim Gold weiter nach oben gerichtet sein.

Ich gehöre nicht zu denen, die eine Deflation befürchten. Ich kann zwar die Besorgnisse nachvollziehen. In der Tat würde das Fiat-Geldsystem zusammensacken, und es gäbe eine Deflation, wenn die Zentralbanken die Kredit- und Geldmengen nicht immer weiter ausweiten würden. Aber genau das wird ja bereits praktiziert, und es wird immer ungehemmter dabei zugehen. Ich rechne damit, dass beispielsweise die Europäische Zentralbank (EZB) ihre Anleihekäufe auf mindestens fünf Billionen Euro ausweitet.

In einem Fiat-Geldsystem kann Inflation, wenn sie politisch gewünscht wird, sprichwörtlich per Knopfdruck geschaffen werden. Und das der Knopf immer heftiger gedrückt werden wird, liegt auf der Hand. Ist eine Volkswirtschaft erst einmal überschuldet, sind vor allem politisch machtvolle Gruppen wie der Staat und der Bankenapparat erst einmal überschuldet, wird in der Inflation die Politik des vergleichsweise kleinsten Übels erblickt.

Wo sehen Sie den Goldpreis innerhalb der nächsten sechs Monate?

Polleit: Ich zögere, eine Preismarke zu nennen. Das kurzfristige Auf und Ab der Marktpreise lässt sich nicht verlässlich vorhersagen. Man sollte sich vielmehr stets die Frage stellen: Wie wird sich die Anlage in fünf, in zehn Jahren entwickelt haben? Aus dieser Perspektive betrachtet, bin ich zuversichtlich, dass das Gold eine größere Kaufkraft haben wird als viele Fiat-Währungen. Das gilt insbesondere mit Blick auf den Euro.

Was sollten Anleger jetzt tun?


Polleit: Als Antwort auf diese Frage würde ich gern drei Überlegungen vorbringen. Erstens: Das Halten von festverzinslichen Schuldpapieren lohnt sich nicht mehr. Zweitens: Investieren sie in „gute“ Unternehmen, in Unternehmen, die etwas können, was andere nicht können, und die auch in Zeiten von Inflation erfolgreich wirtschaften können. Solche inflations-resistenten Unternehmen werden eine positive Realverzinsung auf das eingesetzte Kapital erzielen können. Und das ist es, was Anleger brauchen, um das Vermögen zu mehren.
 
Drittens: Erinnern sie sich daran, dass Gold das ultimative Zahlungsmittel ist. Wer Kasse hält – beispielsweise in Form von US-Dollar oder Schweizer Franken –, der sollte erwägen, auch Gold zu halten. In Zeiten wie diesen, in denen das Halten von kurzlaufenden Bankeinlagen und Schuldpapiere zum Verlustgeschäft wird, sollten Anleger zudem überlegen, Teile ihrer nicht mehr verzinsten Termin- und Spareinlagen oder auch Geldmarktfonds-Anteile in Gold einzutauschen.
 
 
Betrifft der Preisanstieg nur Gold oder sind auch andere Rohstoffe vom Aufwärtstrend betroffen?

Polleit: Im Rohstoffboom zu Beginn des 21. Jahrhunderts haben sich viele Produzenten – wie sich rückblickend gezeigt hat – zu hoch verschuldet, haben Überkapazitäten aufgebaut. Die Korrektur des Überschwangs ist noch nicht abgeschlossen. Die CDS auf eine Reihe von Minenunternehmen signalisieren nach wie vor erhöhte Ausfallsorgen. Es gibt nach wie vor einen Angebotsüberhang bei vielen Rohstoffen, der die Preise drückt. Die konjunkturelle Lage spricht nicht für ein unmittelbares Ansteigen der Rohstoffpreise auf breiter Front. Zudem ist ein wichtiger Preistreiber eingeschläfert: die Inflationssorgen.
 
Letzteres ist natürlich ein Vorteil für alle, die sich langfristig in Rohstoffen engagieren wollen. Man sollte dabei jedoch etwas Grundsätzliches anfügen: Rohstoffe lassen sich – anders als zum Beispiel Aktien – nur schwer bewerten. Es ist schwierig herauszufinden, ob sie gerade „billig“ oder „teuer“ sind. Beim Investieren in Rohstoffe begibt man sich in ein „Greater-Fools-Game“: Rohstoffe erbringen aus sich heraus keinen produktiven Mehrwert. Man kauft sie heute, weil man meint, jemand anderes wird künftig mehr für sie zahlen. So gesehen sind Rohstoffanlagen sicherlich nicht allen Anlegern zu empfehlen.

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