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Aktualisiert am 10.02.2020 - 17:34 Uhrin FondsLesedauer: 9 Minuten

Trauma, Fink und Aladdin Wie Blackrock die Risiken der Märkte bändigen will

Zwischen Kühlschrank und Kaffeemaschine steht das Startgerät für das größte Portfoliomanagementsystem der Welt. Es ist ein kleiner Computer von Sun Microsystems, 1988 vom jungen Tüftler Bennett Golub gekauft und in einem Einraum-Büro im New Yorker Stadtteil Manhattan aufgestellt. Was damals kein Besucher ahnt: Der Rechner steht in der Keimzelle des heute größten Vermögensverwalters der Welt, Blackrock.

1. Das Trauma


Um die Bedeutung des genannten Computers für die Finanzwelt zu verstehen, muss man noch etwas weiter zurückgehen, in die Mitte des Jahrzehnts. Damals hat der noch nicht einmal 30 Jahre alte Investmentbanker Larry Fink eine Technik mit erfunden, mit der sich Hypothekenkredite bündeln und als Wertpapier in den Börsenhandel bringen lassen. Die hypothekenbesicherte Anleihe (Mortgage Backed Security) ist geboren. Von da an gilt Fink als Star der Branche.

Doch dann macht er einen Fehler. Im zweiten Quartal 1986 verliert seine Abteilung 100 Millionen Dollar. „Wir hatten nicht so viel Ahnung, wie wir dachten, dass wir hätten“, schreibt Fink rückblickend in einem Artikel und gesteht ein: „Wir haben nicht nur eine schlechte Wette auf die zukünftigen Zinsen abgeschlossen.

Wir haben auch die eigene Überheblichkeit unterschätzt, die uns glauben ließ, alles über den Markt zu wissen.“ Manchmal sind es solche traumatischen Erlebnisse, die das Leben in eine ganz andere Richtung lenken. In diesem Fall wird aus dem forschen Fink ein umsichtiger Investor, zwar nicht minder ehrgeizig, dafür aber voller Demut vor den Märkten.

Zwei Jahre später gründet er mit Kollegen die Vermögensverwaltung Blackrock. Nicht ohne vorher folgenden Grundsatz verinnerlicht zu haben: „Wenn wir ein Portfolio managen, sagen wir niemals mehr ‚Wir wissen genau, wie es läuft‘. Denn man weiß einfach niemals genau, wie es läuft.“


Quelle: Bloomberg

Heute, nur 26 Jahre später, managt Blackrock 4,6 Billionen Dollar direkt, für weitere rund 14 Billionen Dollar stellt es die Managementsysteme. Wer zeitig dabei war, konnte mit der 1999 an die Börse gebrachten Blackrock-Aktie reich werden (siehe Chart).

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Fotos: Getty Images/ Blooomberg

Regierungen, Banken, Industrieunternehmen rufen Larry Fink an und fragen nach Rat. Während der Finanzkrise 2009 gilt er als heißer Kandidat, um eine Bailout Bank, eine Banken-Rettungsbank, zu leiten oder sogar Finanzminister zu werden. Ein von Blackrock entwickeltes Betriebssystem namens Aladdin ist zum Verkaufsschlager geworden. Die Welt will Portfolios managen können wie Blackrock. Die Welt bewundert Blackrock – und blickt gleichzeitig argwöhnisch auf seine Größe.

2. Die ersten Schritte


Als Grundlage für den Blitzaufstieg und Blackrocks besondere Eigenschaften gelten Finks damaliger Fehltritt und die Lehren daraus. Es ist eine Mischung aus Demut vor den Märkten, Abneigung gegen Risiken und dem Eingeständnis der eigenen Unvollkommenheit. Fink nennt sich und seine Mitarbeiter gern „Studenten der Märkte“.

Weggefährten bezeichnen ihn als jemanden, der ständig in Angst lebt, die Kontrolle zu verlieren. Man kann Finks Einstellung getrost auf das ganze Unternehmen übertragen. Blackrock ist ein Student der Märkte und des Risikos.

Eine treibende Kraft neben Larry Fink ist jener Bennett „Ben“ Golub, der anno 88 den Sun-Microsystems-Computer kaufte. Fink hatte den technisch versierten First-Boston-Kollegen extra dazugeholt, damit er seine Vision von Risikokontrolle umsetzt. Golub habe das Unternehmen daraufhin zur technologischen Übermacht gemacht, stellt das „Fortune Magazine“ 26 Jahre später beinahe ehrfürchtig fest.

Von Beginn an erstellte Blackrock von allen Portfolios täglich Risikoberichte, was für ein Unternehmen dieser Art eher ungewöhnlich war. Risikoanalysten lieferten die auf grünem Papier gedruckten Auswertungen an die Portfoliomanager.

Offenbar weckte Blackrock damit einen Bedarf im Markt, denn schon bald fragten Kunden nach ebensolchen Risikoberichten. Seit 1994 gibt es folgerichtig den kostenpflichtigen Service „The Green Package“. Heute verkauft Blackrock in jedem Monat 54 Millionen grüne Pakete an seine Kunden.

Was Blackrock außerdem einige Ehre einbrachte, war die Kunst, selbst komplizierte Anleihen zu verstehen. Papiere, die mit Tausenden von Krediten unterlegt waren, konnten die Blackrock-Manager zerlegen und auf ihre Substanz prüfen. 1994 etablierte sich Blackrock auf einen Schlag als Spezialist für die besonders kniffligen Fälle.

Die Tochterbank Kidder Peabody von Technik-Gigant General Electric hatte jahrelang ihre Gewinne geschönt und stand nun vor dem Ruin. Blackrock sollte das äußerst vertrackte, 7 Milliarden Dollar schwere Anleiheportfolio prüfen. „Das war ein echter Test, ob unser System wirklich funktioniert“, sagte Blackrock-Mitgründer Robert Kapito einmal darüber. Und Blackrock bestand den Test. Von da an ging es rasant bergauf.

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